Und auch die nächsten Kämpfe Vitalis hätten wohl in den USA stattgefunden, wenn er nicht aus Verletzungsgründen zurückgetreten wäre.
Um ein richtiger Superstar in den USA zu werden, hätte es vermutlich in dieser Zeit an guten (amerikanischen) Gegnern gemangelt.
In "dieser Zeit" sah es eigentlich garnicht schlecht aus.
Vor gut 10 Jahren, als Vitali den Höhepunkt seiner Karriere hatte (Kämpfe gegen Lewis, Kirk Johnson, Williams und Sanders) ... und als Wladimir seinen Tiefpunkt hatte, da gab es mehrere US-Boys, welche sich für einen ordentlichen Schwergewichtskampf anboten.
Von den erfolgreicheren US-Schwergewichten der letzten ca. 5 Jahre (Thompson, Chambers, Arreola) bekam nur Arreola große Aufmerksamkeit bei den großen US-Networks.
Vor 10 Jahren ... da gab es gute (amerikanische) Gegner. Abgesehen von den Klitschkos fanden fast alle nennenswerten Schwergewichtskämpfe in den USA statt.
In Europa war damals wenig los. Krasniqi, Sam und Valuev waren bestenfalls im weit erweiterten Blickfeld. In Großbrittanien gab damals Audley Harrison den Ton an ... und der versuchte auch in den USA Fuß zu fassen.
Nein nein ... vor 10 Jahren hätten die Klitschkos gewiss gute Chancen gehabt weiter in den USA zu boxen und sich hier einen Namen zu machen.
Allerdings standen dem natürlich mehrere Punkte im Weg.
1. Wladimirs Niederlagen
Nachdem Wladimir nicht nur von Sanders, sondern dann auch noch von Brewster umgehauen wurden, war er quasi am Boden zerstört. Ende 2004 war er nichtmal mehr Top15-Mann.
2. Vitalis Verletztungen
Vitali hatte natürlich so oder so die bessere Ausgangsposition. Seine Niederlage gegen Byrd war vergessen. Der Image-Schaden von damals war mit dem Kampf gegen Lewis weggefegt. Er war in den USA ursplötzlich eine große Nummer.
2004 war Rahman noch im Dunstkreis seiner früheren Kämpfe gegen Lewis, Holyfield und Ruiz ... er galt damals noch was.
2004, als Vitali seine letzten Kämpfe vor der Verletzungsserie bestritt, bestand fast das ganze WBC-Top15-Rating aus Schwergewichts-Boxern, welche in den USA tätig waren. Es gab nur wenige Ausnahmen (Valuev, Wladimir Klitschko, Akinwande, Sam, Krasniqi, Hoffmann). Ansonsten boten sich hier diverse Mannen für weitere US-Kämpfe an. Das US-Fernsehen war auch dabei und es gab somit durchaus Kämpfe zwischen den US-Boxern ... so dass sich potentielle Herausforderer selbst für freiwillige Titelverteidigungen herauskristallisieren konnten (wie z.B. Kirk Johnson).
Heutzutage gibt's in den USA deutlich weniger Schwergewichts-Kämpfe zwischen 2 Boxern mit ordentlichem Kaliber ... auch weil sich HBO und Showtime weniger dahinter klemmen. Manch Boxer gehen sich lange aus dem Weg und hoffen einfach darauf, dass ihnen irgendwann der Payday gegen einen Klitschko in den Schoß fällt.
3. Die Abneigung der Klitschkos gegen Don King
Vor 10 Jahren, da war Don King noch ein großer Name im Boxsport.
Seine Promotion-Firma hatte damals noch deutlich mehr Shows auf die Beine gestellt und war nicht nur an ein paar Events pro Jahr
beteiligt.
Besonders im Schwergewicht war King noch ein Name. Wer dort etwas reißen wollte, der musste sich oftmals wohl oder übel mit King gut stellen, wenn er gute Kämpfe haben wollte ... viele Boxer taten dies.
Ein Don-King-Highlight vor 10 Jahren war z.B. der HBO-PPV im November 2004. Byrd vs McCline, Ruiz vs Golota, Rahman vs Meehan, Holyfield vs Donald, McCall vs Williamson ... das waren durchaus bekannte Namen damals.
Die Klitschkos (bzw. Löffler und Bönte von K2) setzten sich jedoch ungerne mit Don King an einen Tisch. Don-King-Boxer wurden, wenn überhaupt, nicht freiwillig geboxt, sondern wenn es die Ranglisten-Position bestimmte (Pflichtverteidigung oder Kampf um vakanten Titel). So der geplante Vitali-Rahman-Kampf, Wladimir vs Byrd, Brewster und Austin.
Bei späteren Kämpfen gegen bestimmte Boxer waren diese schon nicht mehr bei King unter Vertrag (Vitali vs Maskaev, Wladimir vs Brewster II, Wladimir vs Rahman).
Vor 10 Jahren jedoch war der Großteil des US-amerikanischen Schwergewichts in "Don Kings Hand".
Byrd, Ruiz, Rahman, Brewster, Lyakhovich, Meehan, Oquendo, Beck, Golota, McCline, Barrett, Maskaev, Donald, Holyfield
Vor 10 Jahren gab es natürlich noch andere Schwergewichte in den USA, welche nicht unter Don Kings Fuchtel standen.
Toney, Mesi, Tua, Tyson ... beispielsweise.
Nachdem Vitali verletzt war und Wladimir sich wieder nach oben boxte, kamen Kämpfe gegen diese Mannen aus verschiedenen Gründen nicht zustande.
Toney, weil er erst gegen Ruiz dopte und dann den WBC-Weg ging und sich dort nicht durchsetzte.
Mesi, weil er sich von dem Kampf gegen Jirov nie mehr erholte
Tua, weil er nach dem Kampf gegen Rahman (aufgrund Management-Problemen) vor sich hindümpelte. Die IBF rankte ihn nicht und die WBO fand ihn lange auch nicht so toll (weil er nicht um den vakanten WBO-Titel boxte, als Sanders den Titel niederlegte)
Tyson, weil er nach dem McBride-Kampf lieber aufhörte.
Die Don-King-Boxer gingen dann nach und nach unter. Andere Promoter feierten Erfolge ... auch hier in Europa, z.B. mit Valuev, Povetkin und Chagaev.
5 Jahre später war die Zahl der Schwergewichte in den Top15, die vornehmlich in den USA aktiv waren, schon deutlich geschrumpft.
Da die Klitschkos (bzw. K2) dann aber von der ARD zu RTL wechselten, kamen Kämpfe gegen damalige Top15-Boxer, die in der ARD oder dem ZDF auftraten auch nur schwerlich zustande (Dimitrenko, Gomez, Krasniqi, Boytsov, Valuev, Povetkin). Der Klitschko-Chagaev-Kampf bildet da schon eine Ausnahme.
Freilich gab es in den späteren Jahren in den USA noch einige Schwergewichtler, welche dort aktiv waren und nicht an Don King gebunden waren.
Allerdings erreichten sie nicht den Bekanntheitsgrad wie Byrd/Ruiz/Rahman/Holyfield etc. vor 10 Jahren.
Thompson, Chambers, Peter, Ibragimov, Brock, Arreola, Adamek ... das wären so die Namen die mir einfallen. Die Klitschkos haben sie geboxt, teilweise auch in den USA.
Fazit:
Die Klitschkos sahen vor gut 10 Jahren ihre Karriere in den USA. Nachhaltig hat dies nicht geklappt, was sie nicht groß stören muss. Wladimir kann gegen Mickey Mouse boxen und kriegt damit die SAP-Arena voll.
Dass sie sich nicht in den USA etablieren konnten hat verschiedene Gründe.
Wladimirs Niederlagen, Vitalis Verletzungen, die Abneigung gegenüber Don King, später das Aufkommen von in Europa aktiven Boxern, die sinkenden Erfolge us-amerikanischer Schwergewichts-Boxer ... und so weiter.
Klar ... manch öder Kampf (z.B. Klitschko-Ibragimov) spielt eine Rolle. Auch die Tatsache, dass die Klitschkos einen Kuchen ungerne teilen und ihre Cards in Deutschland und den USA (vs Arreola, vs Brock, vs Ibragimov) seltenst einen interessanten zweiten Hauptkampf haben, spielt eine Rolle. Bei einer Card mit 2 Titelkämpfen könnte ja der jeweils andere das Einschalten lohnenswert machen ... falls der Klitschko-Kampf öde ist.
Ich kann Drago aber bei seiner Meinung nicht zustimmen. Wladimirs Geklammere und eine eventuelle Furcht vor einer DQ sind sicherlich nicht die Hauptgründe, warum die Klitschkos nach 2004 nurnoch selten in den USA in den Ring gestiegen sind.