Hoeness vs. Daum


El Capitano

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Es kann weitergehen. Bayern-Uli kann es nicht lassen und hat erneut eine Schlammschlacht mit Christoph Daum eröffnet. Daum mag die Fronten gewechselt haben, meine Symphatien genießt er aber unumschränkt. Hoeness sollte sich wirklich langsam mal ernsthaft überlegen was er sagt. Die ständigen Spitzen gegen Daum sollte er eigentlich nicht nötig haben. Aber er lässt sich weiterhin von seinen Emotionen treiben. So kennt man ihn zwar, aber professionell ist das nicht. Professionel finde ich es auch nicht, wenn ein Gerhard Delling den Spielball aufnimmt und Daum auf das Übelste provoziert. Daum hat zwar keine Pressehausmacht wie Hoeness, aber er hat zumindest viel gelernt. Statt sich provozieren zu lassen hat er souverän geantwortet und den beruflichen Erfolg von Uli in höchsten Tönen gelobt. Gerne erinnere ich mich in diesen Tagen wieder an ein Smalltalk mit Christoph Daum, den ich Ende der 90er Jahre vor der BayArena hatte. Dort sagte er bereits:" Bevor ich nach München gehe, höre ich lieber auf oder gehe ins Ausland." Charakter hat der Daum! Ich fürchte er wird es sportlich ohnehin alle zeigen und dann wird im ganz Deutschland zu Füßen liegen. Das die Kölner ihn auf Händen tragen und zu ihrem persönlichen Messias auserkoren haben ist lustig und doch traurig. Denn auch die tollen Kölner hätten Christoph Daum, doch während seiner LEV-Zeit am liebsten ans Kreuz genagelt.
"Christoph Daum, der beste Mann der Welt!"

:crazy:
 

spatz

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Also ich hatte bisher einen gehörigen Respekt vor Daum, weil ich ihn für einen der besten Trainer der Welt halte und mich wenig mit dem Menschen Daum beschäftigt hatte. Bevor Hoeneß sein Interview gab, hatte ich in der Printausgabe vom Spiegel ein Interview mit Daum gelesen (ich denke, das meint der Uli). Ich war regelrecht schockiert, was ich da las. Leider habe ich es im Netz noch nicht gefunden, sonst könnte sich hier jeder neutrale Leser ein eigenes Urteil bilden. Vielleicht weiß ja jemand, wo man es bekommt. Ist höchst interessant.
 

theGegen

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El Capitano schrieb:
Es kann weitergehen..... Professionel finde ich es auch nicht, wenn ein Gerhard Delling den Spielball aufnimmt und Daum auf das Übelste provoziert.......Statt sich provozieren zu lassen hat er souverän geantwortet und den beruflichen Erfolg von Uli in höchsten Tönen gelobt. .... Charakter hat der Daum! Ich fürchte er wird es sportlich ohnehin alle zeigen und dann wird im ganz Deutschland zu Füßen liegen. Das die Kölner ihn auf Händen tragen und zu ihrem persönlichen Messias auserkoren haben ist lustig und doch traurig. Denn auch die tollen Kölner hätten Christoph Daum, doch während seiner LEV-Zeit am liebsten ans Kreuz genagelt.
"Christoph Daum, der beste Mann der Welt!"

:crazy:

:crazy: stimmt. Früh am Morgen die Gedanken noch nicht sortiert? Souverän geantwortet? Sich nicht provozieren lassen? Sportlich zeigen? Mit FC Grasshoppers Köln? Lustig und traurig? Ja was nun?
 

Jünter

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spatz schrieb:
...Bevor Hoeneß sein Interview gab, hatte ich in der Printausgabe vom Spiegel ein Interview mit Daum gelesen (ich denke, das meint der Uli). Ich war regelrecht schockiert, was ich da las...

SPIEGEL: Herr Daum, Sie haben mal den Trainerberuf mit dem eines Elektrikers
verglichen.


Daum: Ich weiß, das war in Leverkusen.

SPIEGEL: Ein Trainer müsse wie ein Elektriker nach dem Wackelkontakt suchen, die
richtigen Stecker zusammenfügen und schon stehe alles unter Hochspannung. Sie
sind seit zwei Wochen Trainer in Köln. Haben Sie die Stecker schon gefunden?


Daum: Nein. Das ging auch in Leverkusen nicht so schnell. Das Problem ist, dass
hier beim 1. FC Köln alles viel, viel schneller passieren muss.

SPIEGEL: Sie haben vergangenen Montag Ihr erstes Spiel so niederschmetternd
verloren, dass man sich fragt, ob da überhaupt Leitungen sind, die man
miteinander verbinden kann.


Daum: Da bin ich noch auf der Suche, das stimmt. Ich habe nach dem Spiel zum
ersten Mal seit zehn Jahren nicht geschlafen.

SPIEGEL: Warum nicht?

Daum: Weil ich mir Vorwürfe gemacht habe, dass ich nicht mehr bewegen konnte.
Weil ich Fehler gemacht habe und meine Änderungen während des Spiels nicht
funktioniert haben. Wir haben mal mit Fenerbahçe Istanbul das Pokalfinale gegen
Galatasaray Istanbul mit 1:5 verloren, was eine Hinrichtung war. Nach dem Spiel
kam ich in einen Besprechungsraum und 14 Leute aus dem Vorstand schimpften auf
Türkisch, Deutsch und Englisch mit mir. "Was haben Sie uns angetan? Sie haben
Schande über den Verein gebracht! Es geht um unsere Ehre!" Ich saß da ganz
ruhig, weil ich wusste, in zwei Tagen hat sich das wieder gelegt. Ich bin nach
Hause gegangen und habe gut geschlafen. Nach dem Spiel gegen Duisburg ging das
nicht.

SPIEGEL: Ist Köln ein aussichtsloser Fall?

Daum: Nein, denn Fußball ist irrational. Hauen wir denen ein abgefälschtes Ding
rein, wächst auf einmal das Selbstvertrauen, und ein Spiel geht anders aus. Es
gibt den schönen Spruch von mir: "Je mehr mir die Irrationalität des Fußballs
bewusst wird, umso realer sehe ich ihn."

SPIEGEL: Was haben Sie nach durchwachter Nacht gesehen?


Daum: Um halb acht morgens bin ich spazieren gegangen, um kurz vor zehn zur
Arbeit gefahren. Da habe ich mir vorgenommen, es etwas ruhiger angehen zu lassen
und nicht mit diesem Über-Engagement. Wir müssen jetzt einfach arbeiten,
arbeiten, arbeiten.

SPIEGEL: Sie wurden in Köln wie der Messias empfangen. Eine Zeitung schrieb:
"Wir sind Daum". Das wirkt wie die Sehnsucht nach jemandem, der die Hand
auflegt, und alles wird gut. Von Arbeit will in Köln niemand etwas hören.


Daum: Dann muss man das eben wiederholen, wiederholen, wiederholen. Lernen heißt
wiederholen. Bei einem Verein wie dem 1. FC Köln kann man nur mit knallharter
Arbeit etwas verändern. Aber Fußball hat heute nicht nur hier Event-Charakter,
das Spiel hat sich von seinen Ursprüngen gelöst.

SPIEGEL: Sie könnten versuchen, sich dagegenzustemmen.

Daum: Keine Chance, vergiss es. Das wäre eine Aufgabe für Don Quichotte. Man
kann nur versuchen, die wichtigen Dinge in den Vordergrund zu rücken: das Spiel
und die Arbeit. Andererseits lebt das Großereignis Fußball zu einem großen Teil
von dieser Emotionalität. Nun könnte man da eine Käseglocke drüberstülpen, aber
dann würde man der Sache eine ihrer Grundsäulen nehmen, die Fußball zu so einer
unvergleichlichen Erlebniswelt gemacht hat.

SPIEGEL: Sie haben in Ihrer Karriere diese Erlebniswelt oft bedient.

Daum: Das ist der größte Unsinn, der mir immer wieder vorgeworfen wird. Wer war
eigentlich zuerst da? Ich oder die Medien? Es heißt: Daum inszeniert sich
selbst, weil es Ihnen gut gefällt, mich als einen Selbstdarsteller zu
bezeichnen. Aber im Prinzip ist die Presse oft der Provokateur.

SPIEGEL: Herr Daum, Sie haben 1989 live im Fernsehen Jupp Heynckes und Uli
Hoeneß beleidigt. Sie haben Geldscheine an die Kabinentür genagelt, um die
Spieler heißzumachen. Sie haben während Ihrer Kokainaffäre die Öffentlichkeit
belogen, und später nach Ihrer Rückkehr aus den USA wurde Ihre
Entschuldigungspressekonferenz zur Comedy-Show. Dann war der Trainer Christoph
Daum ein paar Jahre weg aus Deutschland, und wo gibt er seine erste
Pressekonferenz, um Auskunft über ein mögliches Engagement beim 1. FC Köln zu
geben? Im Krankenhaus.


Daum: Wissen Sie was? Behalten Sie doch Ihr Vorurteil.

SPIEGEL: Wir sind hier, um zu erfahren, warum Sie tun, was Sie tun. Es geht
nicht um Vorurteile.


Daum: Ich bin bei Ihnen in der Schublade drin. Wissen Sie, ich will Sie doch gar
nicht verunsichern und aus Ihrer Komfortzone herausholen, weil ich Sie damit
vielleicht überfordere. Es gibt ein paar Leute, die kennen mich, und das reicht
mir.

SPIEGEL: Wie haben Sie denen die Pressekonferenz im Krankenhaus erklärt?

Daum: Mir wurden im Krankenhaus ein Abszess entfernt und die Mandeln. Das
Skalpell war noch nicht trocken, die Schläuche waren noch drin, und schon kam
keine 24 Stunden später die erste Nachricht: Daum hat Krebs. Noch mal 24 Stunden
später waren ungefähr 30 Journalisten im Krankenhaus, blockierten die Gänge zum
Operationstrakt, und der Krankenhausleiter sagte zu mir: "Die Journalisten
wollen ein Statement von Ihnen, dass Sie keinen Krebs haben." Ich habe ihm
gesagt: "Hören Sie, ich bin am Tropf, ich erzähle jetzt überhaupt keinem etwas."
Er hat wieder mit den Journalisten verhandelt, dann hieß es: Wenn Daum kein
Statement abgibt, schreiben sie, dass er Krebs hat. Schließlich hat das
Krankenhaus den Journalisten angeboten, am Tag meiner Entlassung eine
Pressekonferenz durchzuführen, damit sie wieder gehen. Wir haben versucht, die
Medienseele zu beruhigen.

SPIEGEL: Aber bei der Pressekonferenz ging es doch längst um die Frage, ob Sie
Trainer beim 1. FC Köln werden.


Daum: Das stimmt, aber das hat sich erst entwickelt, als wir schon diesen Termin
ausgemacht hatten.

SPIEGEL: Auf das Angebot des 1. FC Köln haben Sie zuerst mit Jein, dann mit Nein
und schließlich mit Ja geantwortet. Warum dieses Hin und Her über mehr als eine
Woche?


Daum: Ich habe beim 1. FC Köln als Amateur gespielt, als Jugendtrainer
gearbeitet und schließlich die Profis trainiert. Ich habe dem Verein viel zu
verdanken, ich habe mich auch in dieser Stadt wohl gefühlt. Dann kam das
Angebot, das auch ein Hilferuf war. Ich hatte zwar keinen Verein, aber eine
andere Zielsetzung. Ich wollte als Trainer mit der Perspektive Champions League
arbeiten und nicht in der Zweiten Liga. Es gab viele Gründe zu sagen: Das lässt
du sein. Vielleicht ist das wie bei einer Liebe, wenn man sich überlegt, ob man
zusammenzieht. Da gibt es sachliche Gründe, die dagegen sprechen, und dann gibt
es das Herz. Dazu kam die gesundheitliche Situation, dass der Abszess auf der
Aorta gesessen hatte und die Haut dort noch so dünn wie Frischhaltefolie war.
Ich durfte nichts heben, ich durfte nicht schreien und war eigentlich bis Anfang
Dezember krankgeschrieben. Die Absage hatte also sachliche Gründe, bei der
Zusage sprach mein Herz.

SPIEGEL: Was für ein Theater.

Daum: Mir war klar, dass ich dafür angegriffen werde. Es gehört aber mehr Mut
dazu, sich zu revidieren, als stur zu bleiben.

SPIEGEL: Kaum waren Sie da, gab es die große Daum-Show bei Ihrem ersten
Training. Fast 10 000 Zuschauer, die Leute reichten Ihnen Babys über den Zaun.


Daum: Ich habe an einen Sektenführer gedacht, der die Kinder seiner Anhänger
segnet. Abends habe ich dann zu meiner Frau gesagt: Ich glaube, ich muss hier
weg, das kann hier kein Mensch erfüllen, aber das ging natürlich nicht. Es gibt,
glaube ich, kaum eine Stadt in dieser Fußballwelt, die mit so viel Herzblut bei
der Sache ist. An diesem Tag habe ich etwas bei mir entdeckt: Ich habe ein
Restpotential an Bescheidenheit.

SPIEGEL: Sie hätten es noch weiter ausschöpfen können, indem Sie einfach nur in
der Platzmitte geblieben wären und gewinkt hätten.


Daum: Ja, aber ich bin auch einer aus dem Fußvolk. Ich bin über den Zaun
geklettert, um beim MSV Duisburg mit großen Kinderaugen Helmut Rahn, Werner
Krämer oder Lulu Nolden, den Elfmeterkönig, zu sehen. Das waren Idole, die mein
Leben begleitet haben. Wenn die zu mir gekommen wären, meine Liebe verstanden
und erwidert hätten, hätte mich das glücklich gemacht. Jetzt stehe ich auf dem
Platz, verstehe diese Liebe und erwidere sie.

SPIEGEL: Das Spiel am vergangenen Montag war das erste von Ihnen als Trainer
eines deutschen Clubs seit der Affäre. Hatte es für Sie eine besondere
Bedeutung?


Daum: Diesen Arbeitstag hätte ich schon eher haben können.

SPIEGEL: Aber Sie hatten ihn nicht.

Daum: Weil ich nicht wollte oder es vorher nie gepasst hat.

SPIEGEL: Haben Sie das Gefühl, unter besonderer Beobachtung zu stehen?
DFB-Präsident Theo Zwanziger sagte nach der Pressekonferenz im Krankenhaus über
Sie: "Eine zweite Chance muss man sich mit Glaubwürdigkeit erarbeiten. Das macht
er im Augenblick nicht so ganz."


Daum: Sprechen Sie darüber lieber mit Herrn Doktor Zwanziger. Ich habe so viel
Lebenserfahrung sammeln können, dass ich weiß, wann ich zu schweigen habe.

SPIEGEL: Sind Sie im Laufe Ihrer Karriere nicht immer wieder in eine Art
Beweisnot gekommen? Zu Beginn mussten Sie beweisen, dass Sie Profitrainer sein
können, obwohl Sie kein Profispieler waren, sondern immer gesagt haben: Ich war
ein Klopper.


Daum: Heute würde ich sagen: Ich war ein Abwehrspezialist.

SPIEGEL: Später mussten Sie beweisen, dass Sie nicht nur ein Motivator sind. Und
vor zwei Jahren haben Sie gesagt: "Ich habe das Gefühl, dass ich allen zeigen
muss, dass ich gar kein schlechter Kerl bin."


Daum: Sie vermischen Sport und Persönliches.

SPIEGEL: Aber während Ihrer Affäre hat es diese Vermischung auch gegeben.

Daum: Darüber will ich einfach nicht mehr reden. Das war eine Episode in meinem
Leben, die ich gerne missen möchte, aber nicht ausradieren kann. Es war eine
Zäsur und hat mir die Möglichkeit gegeben, mich auf einige Dinge für die Zukunft
zu besinnen. Wissen Sie, für mein Leben ist nicht das Wichtigste, was Sie von
mir halten, sondern was ich von mir halte. Ich bin aus der Sache gestärkt
hervorgegangen, ich habe das alles mit meiner Familie und meinen Kindern, die
mir die nächsten Menschen sind, aufgearbeitet. Ich bin im Reinen mit mir und auf
alle Leute zugegangen, von denen ich meinte, da müsste es ein klärendes Gespräch
geben. Ich habe Briefe geschrieben und alles Menschenmögliche getan, um die
Sache auszuräumen, die nicht mehr rückgängig zu machen war. Niemand ist
fehlerfrei, das kann, glaube ich, keiner von sich behaupten.

SPIEGEL: Haben Sie auch das Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein?


Daum: Das ist kein Gefühl, das ist belegbar. Das stand sogar im SPIEGEL.

SPIEGEL: Sie sprechen von Ihrem Prozess in Koblenz. Sie wurden damals
freigesprochen, die Anklage war in sich zusammengefallen, sogar die
ursprüngliche Analyse der Haarprobe ließ sich nicht halten. Nur wegen
Kokainbesitzes in zwölf Fällen mussten Sie 10 000 Euro Bußgeld zahlen.


Daum: Ich habe Ihrer Reporterin Gisela Friedrichsen nach dem Urteil einen Brief
geschickt und mich für ihre Aufrichtigkeit und Fairness in der Berichterstattung
bedankt.

SPIEGEL: Sind Sie noch wütend?

Daum: Das bringt mich nicht weiter. Ich schade mir nur selbst. Es kommt darauf
an, die Lehren daraus zu ziehen.

SPIEGEL: Welche Lehren?

Daum: Ich habe immer gesagt: Das höchste Ziel für mich persönlich im Leben ist
Integrität.

SPIEGEL: Hm.

Daum: Da können Sie sagen, dass ich dagegen verstoßen habe. Das ist richtig.
Dafür wurde ich auch sehr schnell bestraft. So ist das Leben. Es hat mir
gezeigt, dass du gegen solche obersten Lebensprinzipien nicht verstoßen darfst.


SPIEGEL: Sie haben früher aus Max Frischs "Stiller" zitiert: "Man kann alles
erzählen, nur nicht sein wirkliches Leben."


Daum: Nur, dass ich nicht mehr viel zu verbergen habe. Mein Leben wurde schon
vor der Öffentlichkeit ab- und ausgeräumt. Irgendwann wusste jeder mehr als ich.
Aber ich glaube, dass viele Menschen, sogar Sie, Dinge haben, die Sie nicht so
gerne in der Öffentlichkeit sehen und auch nicht darüber reden wollen.

SPIEGEL: Sie reden von Ihren Dämonen?

Daum: Von denen habe ich nicht mehr als Sie auch. Ich bin doch nicht aus einem
anderen Planetensystem. Ich bin in derselben Gesellschaft aufgewachsen wie Sie
und habe sicherlich einen großen Teil der Werte mitbekommen, mit denen auch Sie
von Ihren Eltern ausgestattet wurden. Ich bin christlich erzogen worden, an den
zehn Geboten entlang, und neun davon habe ich eigentlich immer befolgt. Das
zehnte können Sie sich jetzt aussuchen. Ich bin ein ganz normaler Mensch.

SPIEGEL: Wirklich? "Ich weiß: Ich bin einzigartig, ich bin einmalig, es gibt
kaum Bessere. Es gibt auch andere, die gut sind, aber ich bin einer der Besten.
Ich stelle mich nie in Frage." Das haben Sie 1999 gesagt.


Daum: Das Zitat ist nicht vollständig, eigentlich meinte ich: Wenn du die
Analyse zu weit treibst, wird aus Analyse Paralyse. Jeder ist einzigartig, nur
verstehen Sie Ihre Einzigartigkeit nicht. Es gibt Sie kein zweites Mal, oder
sind Sie geklont?

SPIEGEL: Herr Daum, Sie reden sich raus.


Daum: Nein. Der Unterschied zwischen Ihnen und mir ist nur: Sie sprechen nicht
darüber. Du kannst der Welt nur nutzen, wenn du dich selbst akzeptierst, mit all
deinen Stärken und Schwächen! Das ist nicht schlimm, es ist quasi biblisch. Ihre
Zurückhaltung mir zum Nachteil auszulegen, das ist unfair.

SPIEGEL: Es gibt nicht wenige, die sich durch solche Äußerungen provoziert
fühlen und denken: Daum, der Blödmann.


Daum: Das Risiko nehme ich in Kauf. Das, was ich hier erzähle, steht doch in
jedem Buch von Dale Carnegie oder in anderen Bestsellern oder sogar bei Sigmund
Freud. Wer auf dieser Welt etwas verändern will, wird zuerst belächelt, dann
bekämpft, dann verspottet und schließlich erst bewundert. Als ich den ersten
Mentaltrainer in der Bundesliga eingestellt habe, hieß es: Das brauchen wir
nicht, dafür haben wir ja unseren Trainer. Mit anderen Worten: Der Daum ist kein
guter Trainer. Inzwischen haben alle nachgezogen.

SPIEGEL: Sie lieben es, wenn ein bisschen Pulverdampf aufsteigt?

Daum: Überhaupt nicht. Aber natürlich bin ich nicht total harmoniesüchtig. Ich
glaube, dass Provokationen manchmal ihren Sinn haben. Es gibt ein Recht darauf,
querzudenken.

SPIEGEL: Und Sie lieben das Drama.

Daum: Was Sie als Drama empfinden, ist das normale Leben. Leute verlieren ihren
Job, haben Probleme in der Familie, manchmal wissen sie nicht mehr weiter, weil
sie Mist gebaut haben. Was sich bei mir in der Öffentlichkeit abspielt und mit
geballter Potenz rüberkommt, ist für viele das wirkliche Leben. Ich glaube
schon, dass sich Millionen Leute in diesem Land in meinem Leben wiedererkennen.


SPIEGEL: Ist das ein gutes Gefühl?

Daum: Nein. Aber mir schlägt, wo immer ich bin, Herzlichkeit und Sympathie
entgegen. Vielleicht auch, weil viele verstehen, dass ich mir alles immer wieder
hart erarbeiten musste.

SPIEGEL: Wie ein moderner Sisyphos versuchen Sie immer wieder, den Felsblock den
Berg hochzurollen. Oft waren Sie schon ziemlich weit oben und mussten doch
wieder unten anfangen.


Daum: Und was ist Ihre Interpretation der Geschichte von Sisyphos?

SPIEGEL: Der Mythos erzählt von einem, der die Götter erzürnt hat und sich an
einer unlösbaren Aufgabe abplagen muss. Es ist die Geschichte einer Strafe. Wie
sehen Sie das?

Daum: Sisyphos gibt nie auf, er ist glücklich bei seiner Arbeit und sieht sie
nicht als Strafe.

SPIEGEL: Sie waren schon designierter Bundestrainer, dann kam die Affäre, und
der Felsblock rollte von ganz oben herunter.


Daum: Sie schreiben doch auch weiter, wenn Sie für den Pulitzer-Preis
vorgeschlagen sind und ihn dann nicht bekommen. Allein schon die Ernennung zum
Bundestrainer war eine Wertschätzung meiner Arbeit. Ich weiß, wie schön dieses
Amt ist und wie schwierig und dass ich es hätte machen können. Das reicht mir.

SPIEGEL: Zumindest ist Ihr Felsblock nicht so weit heruntergerollt, dass Sie
verarmt sind.

Daum: Wenn man viel Geld verdient, zieht man die falschen Leute an wie das Licht
die Mücken. Ich habe mal einem guten Freund viel Geld für sein marodes
Unternehmen gegeben. Wir sind praktisch einmal in der Woche in die Sauna oder
zum Billard, er war bei fast jedem Spiel in Leverkusen auf der Tribüne. Dann hat
er einen betrügerischen Bankrott gemacht. Als ich das mitbekam, sagte ich zu
ihm: "Das kann nicht wahr sein. Ich habe dir und deinem Familienunternehmen
geholfen. Wir sind Freunde!" Er sagte: Ach, das tut dir nicht weh, und du wirst
mich auch schon nicht ins Gefängnis bringen.

SPIEGEL: Fehlt es Ihnen an Menschenkenntnis?

Daum: In dem Bereich, ja. Ich kann Fußballer beurteilen, aber ich habe viel Geld
durch falsches Investment verloren. Ich konnte nicht Nein sagen, wenn ich um
Hilfe gebeten wurde.

SPIEGEL: Haben Sie es gelernt?

Daum: Ich habe mir einen neuen Bekanntenkreis aufgebaut, der sehr schön ist:
handverlesen. Und manchmal gebe ich auch etwas und sage: Wenn du kannst, gibst
du es mir zurück. Aber das sind überschaubare Summen. Ich stehe auf der
glücklichen Seite des Lebens, ich gebe gerne dem Nächsten und auch in größerem
Rahmen für karitative Zwecke, das brauche ich, um vor mir selbst bestehen zu
können. Wenn ich sehe, wofür so manch einer malocht und was wir verdienen, ist
das verrückt.

SPIEGEL: Sind Sie ruhiger geworden?

Daum: Manchmal versuche ich, bei einer Pressekonferenz so ruhig wie ein Pastor
zu reden, aber das funktioniert nicht, ich bin da oft emotional und impulsiv.
Als ich am Montagabend nach dem Spiel nach Hause kam, war ich völlig überdreht.
Meine Frau hat mich erst mal für eine Viertelstunde in die Sauna geschickt. Ich
versuche auch oft, in einem Gespräch den anderen zu überzeugen, als sei ich
stets im Recht. Das ist eines der größten Probleme des Menschen, dass er immer
Recht haben will.

SPIEGEL: Warum versuchen Sie es denn?

Daum: Leider bin ich mit vielen unsinnigen Sprüchen aufgewachsen: Du musst
bereit sein, für den Erfolg über Leichen zu gehen. So ein Wahnsinn! Was hast du
davon, wenn du zurückblickst auf ein Leichenfeld? Das sind so Dinge aus dem
Leben, wo du herkommst: Ellenbogen einsetzen und durch. Dinge, die jeder in
seinem genetischen Grundmuster hat, bei dem einen brechen gewisse Neigungen
durch, beim anderen nicht. Das ist wahrscheinlich nichts Außergewöhnliches. Ob
man dafür Verständnis haben muss, ist eine andere Frage.

SPIEGEL: Fällt es Ihnen schwer, sich zu beherrschen?

Daum: Das hängt von der Situation ab. Wenn ich merke, dass ich angegriffen
werde, will ich mich auch verteidigen.

SPIEGEL: Vor allem, wenn es um Ihre dunklen Seiten geht?


Daum: Wissen Sie, meine Spieler kritisiere ich wegen ihrer Fehler, aber ich
stelle niemals die Person in Frage. Das nehme ich auch für mich in Anspruch.
Meine Leistung können wir diskutieren, mein Verhalten können wir diskutieren,
aber nicht die Person. Die Person ist einzigartig. Davon rücke ich keinen
Millimeter ab.

SPIEGEL: Herr Daum, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.


Quelle: "Der Spiegel" 50/2006 v. 11.12.2006, Seite 192 ff.
 

Knurrhahn

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Big Shot Rob schrieb:
Was ein Schwätzer! Da hat der Uli mit seiner Aussage die Wahrheit voll getroffen:thumb:

Exakt!!!

Der Uli Hoeness tut wirklich nicht viel dafür das andere ihn immer mögen, aber
wo er Recht hat, hat er Recht. Daum ist wirklich ein absoluter Schwätzer und Selbstdarsteller, seine pseudointellektuelle Art geht mir echt auf'm Senkel.
Aber solche Typen kommen beim boulevardgeilen Volk heutzutage ja gut an.

Ein guter Trainer ist er trotzdem, da muss man ehrlich bleiben, aber das einige schreiben er sei ein Weltklassetrainer ist ja wohl totaler Schwachsinn. Was ist denn für Euch schon Weltklasse :confused:


Der Uli sollte eigentlich seine Klappe halten, er hat es gar nicht nötig sich über den alten Kokskopp aufzuregen.
 

theGegen

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Da stehen ein paar durchaus interessante Sachen drin, in den Aussagen Daums. Allerdings ist er so sprunghaft im Ausdruck. Man kann ihn sich richtig vorstellen, wie er zwischendurch halb ausrastet und beleidigt ist und danach wieder auf Schwafeln umstellt, mit was komplett abgedrehten um die Ecke kommt.
Da fragt man sich allgemein oft, was davon stimmen könnte und welch andere Dinge vielleicht maßlos übertrieben sind.
 

Marces

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kabeljau schrieb:
Exakt!!!

Der Uli Hoeness tut wirklich nicht viel dafür das andere ihn immer mögen, aber
wo er Recht hat, hat er Recht. Daum ist wirklich ein absoluter Schwätzer und Selbstdarsteller, seine pseudointellektuelle Art geht mir echt auf'm Senkel.
Aber solche Typen kommen beim boulevardgeilen Volk heutzutage ja gut an.
so ist es...

da capitano und daum ja auch gewisse ähnlichkeiten haben, mögen wir ihn für das was er über unsere bratwurst gesagt hat verzeihen. er kann´s ja nicht wissen .... :rolleyes:
 

KronosVD

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Größenwahnsinniger Selbstdarsteller? In einigen Punkten, zweifellos.
Pseudointellektueller Schwätzer? Naja... Das trifft schon eher auf Typen, wie Magath zu.

Daum geht halt viele Dinge vom erkenntnistheoretischen Standpunkt an, was dann sehr häufig wenig praktikabel und zugegebenermaßen etwas irre scheint. Mit seiner Sisyphosinterpretation nach Camus hat er dem Reporter jedoch schön den Zahn gezogen, diesen kurzen Abschnitt kann er durchaus als intellektuellen Sieg für sich verbuchen. Am Ende des Interviews wird dann sehr deutlich, dass Daum eine stark subjektivistische Ansicht vertritt, die natürlich leicht als Narzissmus ausgelegt werden kann. Damit macht man es sich meiner Meinung nach, dann aber doch etwas zu leicht.
Ihm steht halt oft sein manisch oppositionelles Verhalten in Interviews im Weg, was er hier ja auch als große Schwäche aufzählt und auch demonstriert.

theGegen schrieb:
Man kann ihn sich richtig vorstellen, wie er zwischendurch halb ausrastet und beleidigt ist und danach wieder auf Schwafeln umstellt, mit was komplett abgedrehten um die Ecke kommt.
Geht mir genauso. Trotzdem habe ich etwas für Daum übrig, weil er in erster Linie ein erstklassiger Trainer ist, und außerdem ein sehr interessanter Charakter, mit vielen, vielen Kanten, aber auch Tiefe.

ps: Den Verweis auf Freud, seinen alten Koksbruder im Geiste, konnte sich Daum scheinbar einfach nicht verkneifen ;)
 

theGegen

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Das Beleidigtsein ist nirgendwo deutlicher als hier:

Ich bin bei Ihnen in der Schublade drin. Wissen Sie, ich will Sie doch gar nicht verunsichern und aus Ihrer Komfortzone herausholen, weil ich Sie damit vielleicht überfordere

Auf ähnliche Weise ist er Delling übers Mundwerk gefahren, als der ihn mit dem Namen Hoeness nervte. Später redet er sich dann in Rage und dreht etwas ab:

Daum: Das Zitat ist nicht vollständig, eigentlich meinte ich: Wenn du die Analyse zu weit treibst, wird aus Analyse Paralyse. Jeder ist einzigartig, nur verstehen Sie Ihre Einzigartigkeit nicht. Es gibt Sie kein zweites Mal, oder
sind Sie geklont?

SPIEGEL: Herr Daum, Sie reden sich raus.

Daum: Nein. Der Unterschied zwischen Ihnen und mir ist nur: Sie sprechen nicht darüber. Du kannst der Welt nur nutzen, wenn du dich selbst akzeptierst, mit all deinen Stärken und Schwächen! Das ist nicht schlimm, es ist quasi biblisch. Ihre Zurückhaltung mir zum Nachteil auszulegen, das ist unfair.

Und genau dieses Sprunghaft-Manische lässt einen doch stark an Daums geistiger Gesundheit zweifeln.
 

KronosVD

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theGegen schrieb:
Und genau dieses Sprunghaft-Manische lässt einen doch stark an Daums geistiger Gesundheit zweifeln.
Will ich ja überhaupt nicht bestreiten. Doch das macht ihn noch lange nicht zum dummdreisten Schwätzer, als den man ihn gerne hinstellt. Der Typ ist einfach strange, davon mag man gerne halten, was man möchte, und was er sagt und vertritt, ist in der Praxis vielleicht nicht immer nachvollziehbar, doch es hat einen zumeist sehr überlegten Hintergrund.
Christoph Daum ist ergo die fleischgewordene Theoriekrise ;)
 

theGegen

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KronosVD schrieb:
Will ich ja überhaupt nicht bestreiten. Doch das macht ihn noch lange nicht zum dummdreisten Schwätzer, als den man ihn gerne hinstellt. Der Typ ist einfach strange, davon mag man gerne halten, was man möchte, und was er sagt und vertritt, ist in der Praxis vielleicht nicht immer nachvollziehbar, doch es hat einen zumeist sehr überlegten Hintergrund.
Christoph Daum ist ergo die fleischgewordene Theoriekrise ;)

Gut, damit könnte ich auch d'accord gehen. Wobei ich vorab dazu erwähnen muss, dass ich Daum noch nie leiden konnte. Nicht, weil ich ihm irgendwelchen Sachverstand abspreche, sondern weil er darin kein gesundes Maß kennt.
Da gibt es Aussagen und Zitate, die kann man nehmen und sagen "Hut ab!".....



... "und gleich wieder auf" - weil danach kommt er oft mit was komplett grotesken daher.
Die Paarung von Genie und Wahnsinn zusammen mit Köln-Messias-Faktor und rechthaberischer Humorlosigkeit hat meinen Sympathie-Meter nie auch nur ansatzweise ausschlagen lassen.

Da ist mir Hoeness sogar um einiges lieber und sogar sympathischer - wenn man sowas hier ungestraft sagen darf.

Der mag zwar erst recht hochnäsig rüberkommen, aber er hat nunmal meistens recht. Und kann das knapp und schlüssig begründen, mit dem einzigen Problem, dass er sich nicht immer beliebt macht bei der Konkurrenz.

Aber aus seiner Warte ist das 100 % exakt und klar und einwandfrei.
 

Jünter

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Sowohl Hoeness als auch Daum sind 2 der überragenden Figuren der Bundesliga. Sie sind erfolgreich, sie polarisieren, sie produzieren Schlagzeilen, sie lassen einfach keinen Menschen kalt.
So etwas braucht die Bundesliga und keine Klosterschüler a la Michael Meier, der jedes seiner öffentlichen Worte mindestens drei Mal abwägt, um bloß nicht Klartext sprechen zu müssen.
Hoeness und Daum sind mit das Beste, was der Bundesliga in den letzten 2 Jahrzehnten passieren konnte.
 
B

Berbatov

Guest
hoeneß und daum sind zwei clowns des deutschen fussballs, die zu allem und jedem gerne ihren senf geben was nicht immer zu so ganz intelligenten aussagen führt. ohne die beiden wäre die bundesliga um einiges langeweiliger!
 

KGZ49

Von uns geschieden im Jahr 2013
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Hoeneß und Daum sind überhaupt nicht zu vergleichen, denn Daum ist einfach nur (in meinen Augen) ein mieser Typ.

Ein KINDERVERRÄTER :kotz:
 
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Big Shot Rob

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Was Uli Hoeneß von sich gibt, hat fast immer Hand und Fuß und ist so, Daum dagegen ist ein arroganter Dummschwätzer (so würd der Heinz Becker das sagen), der noch fast nichts erreicht hat.
 
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