Was bei der Boston-Betrachtung auffällt, ist ein typisches Problem: Es wird von einer geradlinig-steilen Entwicklung ausgegangen. Man sieht sich das Team an und denkt: "Geile Talente und haben schon Playoff-Erfahrung". Man kennt aber nicht das Ceiling dieser Entwicklung/der Truppe. Wie gut können Brown, Tatum und Co. werden? Sie könnten auch auf dem Niveau stagnieren, etwas was überhaupt nicht in Betracht gezogen wird.
Vorher wissen wir, dass das nicht das Ende der Entwicklung sein könnte? Nur das Alter ist kein Faktor, es gibt Spieler, die waren mit 20 quasi auf Allstar-Niveau und sind dann auch in etwa da geblieben, das könnte auch hier der Fall sein. Fakt ist, dass die Talente mit der Rückkehr von Hayward und Irving weniger Spielzeit sehen und damit in ihrer Entwicklung gehemmt werden, denn junge Spieler brauchen vor Allem das: Minuten. Diese Denkweise: "Ach na ja, einfach Hayward und Irving dazu und schon ist man 6-8 Jahre Contender" ist eine Milchmädchenrechnung. Das ist unseriös, weil niemand solche Zeiträume abschätzen kann und mehr noch, gibt es keine Gedanken daran, ob Brown, Tatum und Co. nicht vielleicht dann auch mal ihr eigenes Team oder größere Rollen wollen und einfach weggehen - so viele junge Teams mit Potenzial sind daran zerbrochen.
Ich möchte auch mal den Stevens-Faktor in den Raum werfen: Was er aus Crowder und Thomas rausgeholt hat, war phänomenal. Was wäre, wenn er in 2 Jahren weg ist und einen anderen Job annimmt? Wie gut sind die Spieler dann noch?
Und dann frage ich mich auch, was aus Irving und auch aus Hayward gemacht wird, die werden ja fast schon auf MVP-Niveau geschrieben. Hayward ist gut, aber kein Superstar (kann noch werden) und ich mag Kyrie und werde das immer tun, aber er ist injury-prone wie es im Buche steht und das wird nicht verschwinden oder gar besser werden, denn wer mit 25 schon solche Probleme hat, der wird sie noch mehr im Alter haben. Er hat auch noch Schwächen in seinem Spiel und profitiert in der Betrachtung von starken Finals 2016. Er ist gut, aber nicht so gut wie er gemacht wird und er hat auch in Boston nicht nochmal ein Level zugelegt - er war exakt der gleiche Spieler, nur in einem anderen System mit Anpassungen. Zumal Irving auch ein Unsicherheitsfaktor ist: Den Gesprächen zur vorzeitigen Vertragsverlängerung hat er einen Korb gegeben, nicht gerade das maximale Vertrauen. Zumal Irving auch das Ring-Chasing nicht nötig hat und somit locker fröhlich einfach in New York unterschreiben könnte.
Bei Boston und bei vielen anderen jungen Teams ist es nur theoretisch und spekulativ wie gut sie werden. Was man aber garantieren kann, wenn man LeBron James holen würde, ist dass man sofort Topcontender neben GS ist. Nicht vielleicht, nicht irgendwann, sondern jetzt. Und nicht nur 1-2 Jahre, sondern eher 4-5. Wer glaubt, dass ein 38-Jähriger LeBron nicht noch eine unglaublich gute 2. Option sein könnte, der sollte sich mal die Entwicklung von Superstars anschauen, die auch so alt waren und bei weitem nicht den Fitnessstand eines LeBron und dessen Körper hatten. Hayward und Irving sind deutlich jünger und hatten beide in einer Saison Verletzungspausen, die James in seinen 15 Jahren noch nie hatte. Noch nie.
Und dazu kommt, dass man das Team für ihn eben nicht sprengen müsste - möglicherweise würden Hayward und ein Talent + Filler reichen.
Win-Now ist in unserer Zeit unterschätzt, weil Potenzial viel zu hoch bewertet wird, denn es birgt auch Risiken, die meist überhaupt nicht gesehen werden. Die gibt es bei James nicht. Er ist einer der zwei besten Spieler aller Zeiten und selbst Irving schließt eine Reunion nicht mehr aus.
Und wer von Distractions und Druck redet, die mit einem James kommen, dem muss klar sein, dass das bei jedem Contender so ist (außer vielleicht San Antonio).