Natürlich war, wie ich geschrieben habe, die Entwicklung der Spieler und das Coaching großartig. Man braucht jetzt aber nicht so zu tun, als wären das ein paar fußlahme untalentierte und sonst gescheiterte Pfeifen gewesen, was der Begriff "Resterampe" suggeriert. Die genannten Spieler waren alle hervorragende Talente als Klopp ihr Training übernommen hat. Den jungen Götze habe ich sogar noch vergessen.
Man muss Klopp und seine Zeit beim BVB jetzt nicht durch absurde Übertreibungen (gilt nicht für dich) überhöhen. V.a. ist das gar nicht notwendig. Seine tatsächliche Leistung damals war glorreich genug.
Stellvertretend gehe ich hier auch auf
@Hans Meyer und
@VvJ-Ente ein. Da bin ich schon bei der Ente. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Aber 2009/10 und 2010/11 konnte noch keiner in die Zukunft blicken. Aus der damaligen Perspektive sah das Team halt so aus.
Hummels = Bayern-Leihgabe, die fest verpflichtet werden konnte, da er im Gegensatz zu Leuten wie Badstuber, Ottl und Lell damals nicht als gut genug für die 1. Mannschaft gesehen wurde
Lewandowski = kam aus Bum-Liga Polen
Kagawa = den grössten Teil seiner Karriere in der 2. japanischen (!) Liga verbracht, kein Dutzend Erstligaspiele in Japan
Götze = junger Spieler aus eigener U19
Piszcek = solider BuLi-Spieler, vorher aber halt auch nur bei Hertha
Grosskreutz = ablösefreier Rückkehrer aus Ahlen
Barrios = zuvor in Chile gespielt, auch ein Mann aus einer Bum-Liga
Subotic = Klopps Mitbringsel aus Mainz
Schmelzer = Mann aus eigener Jugend
Klar ist das alles sehr provokativ geschrieben (mit Ausnahme von Grosskreutz. Ohne Klopp könnte der sich am Arsch Weltmeister nennen. Klopp hat auch die allerletzten Prozent aus dem geholt). Aber damals hätte man anhand der bisherigen Vita der Spieler nie davon ausgehen können, dass das so ein Bombenteam wird. Klar gab es da auch andere Spieler im Team wie Weidenfeller und klar gab es auch Neuzugänge wie Feulner, die nicht so eingeschlagen haben, aber trotzdem musste da verdammt viel stimmen, dass diese Mannschaft so schnell gleich auf Volltouren läuft.
Erfunden war falsch, okay, aber so wie Barcelona gespielt hat, war es mehr als nur eine Weiterentwicklung von Totalvoetball und vielleicht die Vervollkommnung dieser Position.
Ansonsten habe ich das Gefühl, dass du absichtlich Dinge falsch verstehen willst und in Bezug auf das Budget bei Barca hat Guardiola afaik mit Ibrahimovic eine sehr kostspielige Fehlinvestition geleistet (Real hat definitiv mehr ausgegeben mit weniger Erfolg), sie aber hervorragend korrigiert, mit Villa und Pedro.
Die beiden waren dann auch der Grund, weshalb ich die Falsche Neun durchaus als revolutionär sehe, denn sie haben mit viel Zug zum Tor gespielt und waren die Abnehmer für Messi, der eine ständige Triple Threat war. Auf außen dann sehr hohe AVs, wie z.B. Alves, der auch als Winger spielen durfte.
Alles in allem, waren das sensationelle Jahre, und waren meiner Meinung nach die Basis für die Philosophie, eine maximale Anzahl Mittelfeldspieler, die auch kicken können, auf den Platz zu bringen (defensives Beispiel: Mascherano, oder auch Busquets als eine Art Libero im Clasico), und dabei trotzdem Angriffsfußball zu spielen (anders als die Nationalmannschaft in 2010 und besonders 2012).
Entzaubert wurde er trotzdem hier und da sicherlich. Passiert den Besten.
Zunächst mal würde ich hier die spanische NM und Barca ganz klar trennen. Das sind IMO verschiedene paar Schuhe und so wie ich das bei dir vorher gelesen habe, trennst du es auch. Es wird aber hier im Thread zuviel vermischt. Es eignet sich aber vielleicht gut, um aufzuzeigen, wie ich den spanischen Fussball und Peps Fussball im Vergleich sehe.
Spanien wurde 2008 zum ersten Mal Europameister. Zu dem Zeitpunkt war Pep noch nicht Trainer der A-Mannschaft von Barca. Im Kader der Spanier standen ganze drei Leute von Barca (Xavi, Iniesta, Puyol). Klar gab es auch andere Spieler, die La Masia durchlaufen haben. Und der Fussball der Spanier war schon dem von Barca später ähnlich. Aber eben, nur ähnlich. Es gab auch andere Teams, die auf technisch starken Fussball gesetzt haben und dementsprechende Spieler bevorzugt haben. Arsenal mit dem One Touch unter Wenger als Beispiel. Es war kein Zufall, dass Fabregas so gut in Arsenals Team gepasst hat, oder später ein Santi Cazorla.
Aragones liess aber mit Ausnahme des 3. Gruppenspiels gegen Griechenland, wo Spanien eh durch war und eine B-Elf gespielt hat, und dem Finale, wo Villa verletzt ausfiel, ein klassisches 4-4-2 spielen. Schnelles Passspiel, viel Ballbesitz, aber noch weit von allem entfernt was noch kommen sollte.
Del Bosque hat 2010 variiert zwischen einem 4-4-2, allerdings mit Raute, und einem 4-3-3 ohne False 9. Das geht schon mehr in Richtung Totalvoetball. Cruyff selbst hat gesagt, dass er mit einem Weltklassestürmer im Kader nie ein 4-4-2 mit Raute bzw. ein 4-3-3 mit False 9 spielen würde.
Und in den Anfängen hat Pep das ähnlich gehandhabt, da er IMO sogar einen noch besseren Stürmer als Torres in der Pipe hatte mit Eto'o. Beispielsweise im Finale der CL 2009.
Erst als Eto'o für Ibra getauscht wurde und das Ibra-Experiment gescheitert ist, hat Guardiola auf die False 9 umgestellt. Hier zum Vergleich die Aufstellung des Teams im CL-Finale 2011.
Spanien hat bei der EM 2012 etwas Vergleichbares probiert, das aus meiner Sicht deutlich schlechter geklappt hat, Titel hin oder her. Die False 9 übernahm damals Fabregas. Villa fiel für das Turnier verletzt aus. Ich erinnere mich, dass ich zwar lange mit Heiko diskutiert habe, aber wir im Endeffekt die gleichen Probleme bei Spanien sahen. Zu Iniesta, Xavi und Busquets kamen noch Fabregas sowie Xabi Alonso und David Silva dazu. Es waren schlicht zuviele ZM im Team bzw. auf einem Haufen. Del Bosque hatte keinen der Spieler so verpackt wie z.B. Pep einen Mascherano. Die sechs ZM der Spanier standen sich zu stark auf den Füssen herum und Heiko und ich waren nur in einem Punkt anderer Meinung. Er wollte den ZM-Klumpen in die Breite auflockern mit Jesus Navas, ich in die Länge mit Torres. Jedenfalls sahen die Spanier im ersten Duell gegen Italien, gegen Kroatien und auch gegen Portugal nicht besonders gut aus. Zum Titel hat es trotzdem gereicht. Was Barca damals gezeigt hat, war allerdings besser.
Das hat IMO auch mit dem Spielermaterial zu tun. Pedro ist ein Winger, Villa ein MS mit Winger-Qualitäten und Messi einfach ein brutaler Allrounder, der ZM, Flügel, hängende Spitze, MS etc. alles spielen kann. Dazu der Kniff mit Mascherano in der IV. Pep hatte das passendere Spielermaterial für seine Spielweise und hat es aber auch sehr intelligent eingesetzt.
Nun zu meiner Kritik: Pep selbst hat mal gesagt, dass Cruyff die Kathedrale erbaut hat, und er und seine Vorgänger/Nachfolger sie nur erhalten. Und wir wissen ja, wie Spanier ihre Kathedralen erhalten.
Spass beiseite. Ich bin halt ein kleiner Cruyff-Fan. Er hat seinen Ajax-Fussball in der La Masia implementiert und der wurde über Jahrzehnte so weitergeführt. Pep hat sein halbes Leben bei Barca verbracht. Spieler in La Masia, Spieler in der 1. Mannschaft, Trainer des B-Teams, Trainer des A-Teams...er hat diesen Fussball aufgesaugt.
Kniffe wie den ZM in der IV und einen offensiven Mittelfeldmann als False 9 brachte schon Cruyff mit Ronald Koeman und Michael Laudrup. Guardiolas Vorgänger haben ziemlich den klassischen Cruyff-Fussball spielen lassen. Die meisten halt ohne False 9. Van Gaal hat ja z.B. lange mit Kluivert als 9 gespielt. Rijkaard z.B. mit Eto'o. Hier zum Veranschaulichen noch die Elf vom CL-Finale 2006.
Pep hat die False 9 zurückgebracht und SEINEN Stil perfektioniert. Es waren allerdings nicht alles seine Ideen. Dani Alves als Winger, teilweise sogar Spielmacher, das gab es schon bei Sevilla. Auf der Gegenseite das Gleiche mit Adriano. Dementsprechend hat Guardiola auch die Spieler verpflichtet. Er hat es geschafft viele intelligente Elemente zu einem Gesamtbild zu vereinen. Diese analytischen Fähigkeiten, dieses Zusammenfügen von Elementen und der Riesenaufwand mit viel Kreativität, den er betreibt, um seinen Fussball zu perfektionieren, das sind die grössten Stärken von Guardiola.
Allerdings hat die Perfektion in diesem Stil auch eine Schattenseite. Ich finde, dass er ziemlich unflexibel ist. Ibra wurde geholt, damit man einen körperlich starken Spieler als Brecher vorne drin hat, um eine Alternative mit hohen Bällen zu haben. Ihm ist es nur halbwegs gelungen ihn einzubauen. Als Messi darum geben hat zentraler zu spielen, ging es dann gar nicht mehr. Ibra vor Messi hat er ums Verrecken nicht geschafft. Was z.B. dazu geführt hat, dass Barca 2011 gegen Mourinhos Inter ziemlich ideenlos war und am Ende sogar Piqué versucht hat den Brecher zu spielen, weil es sonst auf dem Feld nicht geklappt hat.
Das Gleiche bei City. Er hat früh alle AV rausgeschmissen. Immerhin waren das Sagna, Clichy, Kolarov und Zabaleta. Welcher Trainer hat den Luxus, solche Spieler einfach mal so ersetzen zu können. Zumal Sagna und Clichy unter Wenger durchaus gezeigt haben, dass sie mit Ballbesitzspiel gut umgehen können. Sie können bloss nicht Dani Alves-like Druck erzeugen. Es scheint für mich wirklich, als hätte er seinen einen Stil, der zwar extrem gut ist, aber wenn das nicht klappt, existiert kein Plan B. Das gehört für mich zu einem guten Trainer dazu. Genauso wie die Arbeit mit vorhandenem Material. Klopp hat aus ziemlicher *******e Gold gemacht. Grosskreutz, Schmelzer, Durm, Jojic, Milner, Henderson, Origi, Shaqiri...er lässt viele Leute eher überperformen.
Dazu scheint Menschenführung keine grosse Stärke von Pep zu sein. Ibra ist das beste Beispiel. Klar, man kann sagen "ist halt Ibra". Aber der Kerl ist vielleicht frech in Interviews, aber definitiv kein Teamcancer. Der konnte mit Capello, mit Ancelotti, mit Allegri, mit Mourinho, nur Pep hat es nicht gebacken bekommen. Eto'o spricht ähnlich schlecht über Guardiola wie Ibra, es gibt Aufnahmen, wie Pep Alexis Sanchez ziemlich primitiv beschimpft und von den elf Dantes und dem Super Super Shaqiri halte ich auch nichts. Wenn du mit Spielern nichts anfangen kannst, tu nicht so in den Medien als wären sie der nächste Weltfussballer.
Kurz: Pep hat den Voetbal Totaal von Cruyff in eine eigene Variante abgewandelt, die er mit viel Arbeit und Analyse wirklich perfektioniert hat und die vermutlich stärker ist, als der Fussball unter Cruyff. Ich würde aber nicht behaupten, dass er den Fussball dadurch revolutioniert hat. Seine Ideen hatten auch andere. Nur er war allerdings in der Lage viele gute Ansätze zusammenzuführen und auf ein so hohes Level zu kommen. Dafür lässt er einige andere Dinge vermissen, die einen Weltklasse-Trainer wirklich ausmachen. Für Teams wie Barca, Bayern oder City, die einen Feinschliff brauchen und bei denen finanzielle Mittel vorhanden sind, um aus einem sehr guten Team ein Weltklasse-Team zu machen, sehe ich ihn als DEN MANN an. Klopp hingegen traue ich zu sowohl Liverpool wie auch Paderborn trainieren zu können. Er wird aus beiden das Beste rausholen. Bei den einen ist es halt die Meisterschaft nach 30 Jahren und der CL-Sieg. Bei den anderen wäre es vermutlich Rang 12 oder so. Besser ist keines von beidem. Es ist einfach anders.