Gibt es eigentlich irgendeinen Basketball-Experten, der ernsthaft James vor Jordan sieht?
Es gibt zumindest Leute, die die Berechtigung für eine Debatte sehen. Bei den meisten Experten (auf die ich was gebe) heißt es immer 1a und 1b. Mal ist es Jordan, mal übernimmt LeBron die 1a. Andere sehen Kareem vorne. Bei Zach Lowe und Howard Beck ist das z.B. so. Ben Taylor, der eine wahnsinnig detaillierte und umfangreiche
Liste der 40 besten Karrieren aller Zeiten erstellt hat, hat Kareem auf der Eins, Jordan auf Platz 2 und LeBron auf 3. Er argumentiert aber auch in Richtung James, wenn er nur im Ansatz den aktuellen Output aufrechterhalten kann. Generell eine wahnsinnig spannende Liste und sehr lesenswert
Unendlich viele Spielausschnitte mit Analysen, eigenen Grafiken und allem anderen, was man sich vorstellen kann. Da wird wirklich jeder Spieler bis aufs letzte Detail auseinander genommen inkl. Ära, Teammates und Gegnern.
Zu James vs. Jordan sagt er das (Stand: April 2018):
In total, Jordan is the only comparable perimeter peak in history, although James’s defense was slightly more impressive at its apex. Eight of LeBron’s last nine seasons are all-time level campaigns, pairing either good or great defense with transcendent offense. He’s logged enough mileage to challenge Jordan; this will be his 14th season on the All-NBA team, whereas MJ only made 11. Like the other great megastars who excel in non-scoring phases of the game, I do wonder if I’m undervaluing LeBron, given the unique shape of his offense.
In a few weeks, he will likely move to No. 2 on this list. If I had fewer reservations about his ball-dominance scaling (and his lack of spot-up shooting), he’d be a spot higher already, and I do think he has an outside argument as the highest-peak player in NBA history. And, barring injury or premature retirement, James will likely retire with the most valuable career ever. For now, he’s etched on the Mt. Rushmore of the sport at No. 3.
Vor ein paar Wochen haben Ben Golliver, von dem ich sehr viel halte, und Armand Emamdjomeh in der Washington Post einen
Artikel zu James vs. Jordan verfasst. Neben Statistiken und netten Spielereien, werden mehrere aktive und ehemalige Spieler zu der GOAT-Debatte befragt. Daneben gibt es ein nettes Tool, mit dem man sehen kann, wie viel ein Spieler scoren muss (bei gewählter verbleibender Spielanzahl), um die All-Time-Scoringliste zu erklimmen. Da kommt bspw. raus, dass James, wenn er noch drei Saisons spielt (so viele wie Karl Malone) und jeweils 65 Spiele spielt und dabei auf 20 PPG abfällt, auf Platz 3 der All-Time Scoring-Liste landen würde:
If James plays for three more seasons, and stays moderately healthy, while his output drops off, he would retire at 37, having scored 36.515 points in his career. He would pass Kobe Bryant by 2.872 points for third-highest NBA point total of all time, and would be 413 points behind the second-highest scorer Karl Malone.
Im Grunde sind das alles nur Spielereien (ein Ergebnis wird und kann es nicht geben), aber es gibt sicherlich namhafte Experten, die bei James vs. Jordan durchaus eine Daseinsberechtigung für eine Debatte sehen.
Ich hatte zwar sämtliche Seiten der Diskussion (inkl. der Ausfälle von Bender
) gelesen, kann mich aber natürlich nicht mehr an alle Argumente erinnern. Daher die Frage an die Experten (wenigstens im Vergleich zu mir): wie war die Defense von Jordan ab Alter 31-32 (inkl. der Wizardszeit) im Vergleich zu der von LBJ? Da letzterer schon seit geraumer Zeit für seinen bisweilen (höflich ausgedrückt) laxen Gegenpart kritisiert wird, wäre ein Rückblick auf Jordan zumindest für mich sehr interessant.
Ich bin zwar kein Experte, aber ich habe immerhin bestimmt über 200 Jordan-Spiele gesehen (danke, Pontel
) und gute 80% der Spiele von LeBron.
James defensiver Peak war imo mit 30 zu Ende. Dafür war er zwischen 2009 und 2013 wohl einer der besten Verteidiger (positionsübergreifend), die ich je gesehen habe. Sowohl als Individual- als auch Teamverteidiger. Die Mischung aus Positionsspiel, Antizipation, körperlichen Attributen und generellem Basketball-IQ war einfach unglaublich.
Ab 2015 haben nachlassende Athletik und vor allem schwächelndes Commitment während der RS sich dann doch schon stark gezeigt. Sein IQ und seine Spannweite und Masse haben zwar gelegentlich immer noch für Highlights gesorgt, aber über längere Abschnitte war das dann doch weit von seiner Prime entfernt. Oftmals hat er seinem Team in der Phase sicherlich geschadet in der Defense. Da aber vor allem aufgrund von fehlenden Closeouts, vernachlässigter Help und weniger durch schlechte 1-on-1-Defense. Dafür war er dann 2016 (mit 31) in den Playoffs (21 Spiele) nochmal absolut dominant in der Verteidigung. Ich glaube zwar nicht, dass er sein 2013er Niveau nochmal erreichen könnte, aber für kurze Stretches in den Playoffs kann er imo noch immer dominieren.
Bei Jordan sieht das ein bisschen anders aus. In den Spielen, die ich vom Beginn seiner Karriere gesehen habe, ist er mir eher als "Gambler", denn als dominanter Verteidiger aufgefallen. Das hat sich dann aber extrem geändert. Als Verteidiger am Ball eine Pest und in den Passwegen einfach nur gruselig gefährlich. Allerdings hat man ihm dann nach seiner Pause, kurz vor dem zweiten Threepeat, dann auch die nachlassende Athletik angemerkt. Im Post hatte er wegen seiner Statur öfters Probleme gegen größere und schwerer Spieler und hat sich da dann auch gerne mal auf den Steal verlassen. Hier mal als Beispiel gegen Magic Johnson:
Grundsätzlich hat Jordans laterale Geschwindigkeit zwar nachgelassen, aber ich habe auch Mitte der 90er noch viele Possessions gesehen, in denen er nicht vom Mann zu trennen war. Bei ihm waren in späteren Jahren aber auch immer noch seine riesigen Hände und vor allem seine gigantische Spielintelligenz vorhanden, um komplette Angriffe zu zerstören. Von Wizards-Jordan habe ich nicht viel gesehen, aber da war er defensiv nie auffällig und körperlich auch einfach durch. Generell hat man sowohl Jordan als auch James angemerkt, dass sie in den 30ern nicht mehr dauerhaft in der Lage waren, die Defensive zu tragen, wenn sie offensiv eine derartige Last schultern mussten.
Insgesamt sehe ich Jordan nicht auf Pippens oder James defensivem Peak-Niveau. Nicht, weil er ein schlechterer Individual-Verteidiger war, sondern weil er schlicht aufgrund seiner Statur nicht so einen Einfluss ausüben konnte und vor allem bei körperlich überlegenen Spielern und als Raumverteidiger und in der Rim-Protection schlicht limitierter war. Im 1-on1 am Perimeter sieht das dann wieder anders aus.
Kaum spielt LeBron im Westen schafft er es nicht in die Playoffs! :censored:
Stimmt, sieht ganz danach aus. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass James in diesem Jahr so viele Spiele verpasst hat (18) wie noch nie. Man weiß es nicht, aber ich könnte mir schon vorstellen, dass die Lakers auf einem Playoff-Platz stehen würden, wenn James alle Spiele bestritten hätte. Vor seiner Verletzung war man vierter. Ja, der Schedule war vor seiner Verletzung auch deutlich einfacher, aber ich glaube trotzdem, dass die Lakers aktuell acht oder mehr Siege auf dem Konto hätten, wenn James sich nicht verletzt hätte.
4 Jahre Pause in der Defense müssten doch MJs 18 Monate Auszeit vom kompletten Spiel mehr als ausgleichen.
Naja. Ich weiß nicht, wer hier wirklich ernsthaft diskutieren möchte, aber es ist nun auch nicht so, als würde James sich seit 2014 die ganze Saison zurücklehnen und defensiv tatenlos rumstehen. Er hatte immer Phasen, in denen er kaum existent war, ja. Vor allem zu Beginn der Saisons war das schon eine Menge Gecruise. Es ist aber auch falsch zu behaupten, James wäre permanent eine Slalomstange. Er ist selbst in dieser Saison keine Vollkatastrophe in der Verteidigung. Jaja, ich kenne die Clips, aber die Problematik entsteht bei ihm eher weniger durch katastrophale 1-on-1-Defense, sondern eher durch nicht vorhandene Help, fehlenden Closeouts und verpassten Rotationen. Dazu natürlich die negative Körpersprache und das Zurücktrotten in die Defense. Seine direkten Gegenspieler treffen selbst in dieser Saison schlechter (mehr als 4%), wenn James sie verteidigt. Auch abseits davon war er nach einem sehr schwachen Saisonbeginn mindestens solide in der Defense, bis er sich dann verletzt hat. Aber ja, nicht nur in dieser RS sieht seine Teamverteidigung oft wirklich sehr schlecht aus. Mir ist nur wichtig, dass man da zwischen Team- und Individual-Defense unterscheidet und die RS und die Playoffs trennt. Die Playoffs 2016 waren defensiv dominant, 2017 streckenweise auch und letztes Jahr zumindest solide.
Man bekommt es halt jetzt bei James so schön mit, aber man braucht nicht so tun, als ob Jordan in jedem RS-Spiel defensiv Vollgas gegeben hat oder sich nie einen Aussetzer in der Defensive gegönnt hat.