Heute steht das Finale der großen Frühjahrsklassiker an - es geht nach Lüttich zur "La Doyenne", "die Älteste" zur 102.Austragung von Lüttich-Bastogne-Lüttich. Ein wundervolles Rennen, welche alle Zutaten besitzt, um eine besondere Austragung zu gestalten und somit das packende Frühjahr abzuschließen.
Die Strecke wurde für das Finale noch einmal verschärft. Traditionell beginnt die heiße Schlussphase an der Cote de La Redoute 36,5 km vor dem Ziel. Danach folgen die bekannten Cote de la Roche-aux-Faucons und die Cote de Saint-Nicolas, welche 6,5 km vor dem Ziel das endgültige Finale eröffnet. Doch vor der Zielankunft auf der Cote de Ans, hat man nun noch die Cote de la Rue Naniot eingebaut, ein gerade einmal 600 Meter langer Anstieg, welcher aber 10,5% steil ist und über Kopfsteinpflaster führt. Das Finale wird damit nochmals schwieriger, wobei erwartet wird, dass angesichts der Steigerung der Schwierigkeiten am Ende das Rennen zu Beginn vorsichtiger gefahren wird. Das die Favoriten sich wie bei Roubaix schon 100km vorher bekämpfen, ist hier sowieso nicht zu erwarten, spannender als beim Amstel Gold Race wird es aber definitiv werden, dafür ist der Schluss einfach viel zu schwierig.
Und dazu kommt das Wetter. Ende April - da erwartet man eigentlich schon Frühlingswetter, Sonnenschein. Nix da. In den Ardennen ist es heute saukalt, es hat teilweise geschneit. Das wird insbesondere den Sky-Spargeltarzanen nicht schmecken. Tief Stefanie hat Westeuropa im Griff und wird definitiv auch Auswirkungen auf den Ausgang des Rennens haben. Fährt man allgemein vorsichtiger? Oder wird es zu vermehrten Stürzen führen?
Da stellt sich die Frage, welcher der Fahrer die 253 Kilometer als Erster bewältigen kann. Angesichts der letzten Ergebnisse ist Alejandro Valverde der klare Favorit auf den Sieg. Er gewann am Mittwoch den Fleche Wallonne, davor mit zwei Etappensiegen auch noch die Gesamtwertung der Vuelta a Castilla y Leo und ist ebenfalls Titelverteidiger. Dazu kommt ein starkes Team um Moreno, Betancur, Visconti & Co.
Doch dahinter stellt sich eine ganze Armada an Mitfavoriten auf. Etixx kommt mit Julian Alaphilippe und Daniel Martin, welche beim Fleche Wallone hinter Valverde das Podium besetzten. Katusha hat Joaquin Rodriguez an Bord und könnte auch die Karte Ilnur Zakarin ausspielen, der heute auch auf meinen Zettel steht (für den Tippspiel-Neuner hat es aber nicht gereicht). Rui Costa führt das Lampre-Team an und fährt bis dato ein starkes Frühjahr, dazu ist Ulissi auch gut drauf und Meintjes war letztes Jahr 11. in Lüttich.
Tinkoff mit Kreuziger, Majka und den Zweiten vom Amstel Gold Race, Michael Valgren. AG2R schickt mit Bardet und Pozzovivo zwei ganz heiße Eisen ins Rennen, unterstützt von Bakelandts und Peraud. Bei Sky darf man sich von Kwiatkowski überraschen lassen, ob er wieder in Form ist - angesichts seiner Wetterempfindlichkeit beim Amstel Gold Race bezweifle ich aber seine Chancen heute. Dafür steht mit Wouter Poels der 4. vom Fleche Wallonne in den Startlöchern und dazu hat sich auch noch Chris Froome auf die Startliste verirrt. Genau das macht ja auch den Reiz von L-B-L aus - hier treffen die Klassikerspezialisten wie Alaphilippe oder Gerrans auch auf die Rundfahrer wie Froome, Nibali & Co. Eben jener Nibali führt ein bärenstarkes Astana-Team an. Der Hai von Messina war unter der Woche im Trentino nicht so gut in Form und musste die Spitzengruppen fahren lassen. Dennoch ist Nibali, der 2012 Zweiter wurde, ein heißer Tipp, insbesondere bei dem Wetter. Daneben stehen mit Kangert, der zwei Etappen beim Giro del Trentino gewann, Fuglsang (Vorjahres-Neunter und Dritter beim Giro del Trentino), Diego Rosa und Luis Leon Sanchez eine ganze Armee an starken Fahrern am Start.
Simon Gerrans gewann 2014 und nach dem erneuten Kapitänsfiasko beim Amstel Gold Race mit Matthews darf er heute als alleiniger Kapitän für Orica ins Rennen gehen. Neben den beiden Etixx-Fahrern sicherlich der Mitfavorit hinter Valverde. Ebenfalls sehr stark ist Enrico Gasparotto, Sieger beim Amstel Gold Race und 5. beim Fleche Wallonne. Das er auch in Lüttich überzeugen kann, bewies er 2012 mit einem dritten Platz. Lotto schickt wieder das bisher unglückliche Trio Gallopin, Wellens und Vanendert ins Rennen. Während Wellens in der letzten Woche zweimal zu früh attackierte, konnten die beiden Kapitäne nicht ganz vorn eingreifen. Gespannt bin ich auf die beiden Bora-Fahrer, die unter der Woche im Trentino ganz stark fuhren. Der deutsche Meister Buchmann wurde Gesamt-8., der junge Österreicher Patrick Konrad sogar Fünfter. Desweiteren sollten auch der Franzose Warren Barguil, der Niederländer Tom Jelte Slagter und Bauke Mollema beachtet werden. BMC ist ohne Gilbert dabei, aber mit Sammy Sanchez und Dylan Theuns hat man zwei Fahrer, die weit vorn ankommen können und Richie Porte sollte man auch nicht vergessen.
Wie man sieht - ein bockstarkes Feld, das eben gestartet ist. Hoffentlich wird es so großartig, wie erwartet.