Am Ende wird die Geschichte durch die Sportler geschrieben, von ihnen alleine und von niemand anderem,
Schön wär's. Zwei Spieler mit komplett gleicher sportlicher Leistung können später einen völlig unterschiedlichen Stellenwert in der Geschichte einnehmen. Erst einmal sind sie sehr abhängig davon, für welches Team sie mit welchen Mitspielern unter welchem Coach spielen. Jeder weiß, wie sehr der sportliche Erfolg, den ein einzelner Spieler im Teamsport schlichtweg nicht alleine bewerkstelligen kann, die öffentliche Wahrnehmung beeinflusst.
Und da hört es ja leider immer noch nicht auf: Vielleicht ist der eine Sportler ein Strahlemann und kommt sympathisch in der Öffentlichkeit rüber (Magic Johnson...), während der andere sich in der Öffentlichkeit einfach nicht wohlfühlt und deswegen vielleicht ab und zu seltsam und gar abweisend wirkt (Kareem Abdul-Jabbar...). Vielleicht ist auch der eine weiß und der andere schwarz? Der eine ein Amerikaner, der andere ein Kanadier? Das spielt durchaus auch eine Rolle, bewusst und unbewusst.
Die Geschichte wird zu einem großen Teil von den Fans, den Medien und sogar der NBA als Wirtschaftsunternehmen selbst geschrieben, und das hat der Sportler kaum in der Hand. Gerade in der heutigen Zeit, in der jeder kleine Furz gleich in den Social Media zum chemischen Vollangriff auf die Gesellschaft hochstilisiert wird, wird also von ihm verlangt, auch noch ein 100%iger Medienprofi zu sein und in jeder Sekunde sogar seine Mimik unter Kontrolle zu haben (um auf das LeBron-Bild zurückzukommen). Ganz zu schweigen davon, dass gewisse Posen vielleicht im einen Kulturkreis völlig normal sind, im anderen aber aus prollig gelten - ich nehme mich da nicht aus, denn auch ich lasse mich davon in der Bewertung von Spielern beeinflussen, deren Gehabe mir nicht gefällt. Bei gleicher Leistung kommt nunmal das subjektive Empfinden von Sympathie ins Spiel... Hat das auch nur entfernt mit dem Sport zu tun? Nö.
Das Zahlenspiel mag manchmal sehr ernüchternd und trocken sein, aber es ist wenigstens der Versuch, auf der Basis des reinen Sports zu argumentieren. Ohne den Charakter selbst zu beurteilen, ohne (Über-)Bewertungen von spektakulären Aktionen auf dem Platz, aber dafür so gut es geht sogar den Impact abseits des Balls einzuschätzen, was viele Fans einfach nicht mitkriegen, weil der Sport zu schnell ist und man beim Betrachten des ballführenden Spielers nicht auch noch genau bewerten kann, was eigentlich die anderen vier Spieler gerade machen, was den Spielzug erfolgreich mitgestaltet oder eben nicht.
Dass es natürlich bei den Statistiken einige gibt, die offensichtlich aussagekräftig sind, während andere von Anfang an große Schwächen haben, versteht sich von selbst: Nicht halten muss man vor allem vom Aufrechnen der Anzahlen von Scorertiteln, MVP-Titeln, MVP-Shares und All-Star-Nominierungen, denn jede Saison hat andere Voraussetzungen, und jede NBA-Generation erst recht. Am liebsten sind mir dann umso mehr noch zum Beispiel bei RealGM und woanders die Volltrottel, die nicht mal EFG% und TS% kapieren und zum Beispiel einen Spieler wie Billups wegen seiner Feldwurfquote für einen Komplettversager über seine ganze Karriere hinweg halten.
Also, wenn euch die Stats-Diskussionen nerven, lest drüber hinweg. Oft sind sie aber ein durchaus guter Punkt, um so manchen Fehleinschätzungen, die von Fans und Medien über Jahre hinweg gepflegt und weiterverbreitet werden, auf den Zahn zu fühlen und einer "Wahrheit" etwas näher zu kommen.