Gestern spielte die Französische Band Dätcha Mandala in Hamburg.
Location war der Club Stellwerk im Harburger Bahnhof, zwischen Gleis 3 und 4. Da die Band etwas später kam und noch Soundcheck machen musste, wurde der Einlass ein wenig verschoben, wodurch die Zuschauer Gelegenheit hatten, im zugigen Bahnhof abzuhängen. Nach zwanzig Minuten wurde dann aber doch aufgemacht und ich betrat als erster Besucher den Club.
"Ah, du bist das Eventim Ticket!" kommentierte der Kassierer, während er meine Karte entwertete und mich abstempelte, wie eine Briefmarke. Dann wanderte ich in den hinteren Bereich des Saals, welchen man unterteilt hatte. Nach und nach trudelten ca. 35 Besucher ein. Nein, Moment, es waren nur 32. Irgendwann schlenderte Jemand zu zwei Männern und klopfte ihnen auf die Schulter. Daraufhin stellten sie ihr Bier beiseite und schlurften auf die Bühne. Das war die Vorband
"A Life in a Minute". Von denen war im Vorfeld kaum etwas im Internet zu finden, nicht einmal Hörbeispiele. Ihr Banner hing falsch herum an der Wand, aber die Jungs bemühten sich trotzdem, das Publikum anzuheizen. Musikalisch waren sie durchaus gut, aber das Publikum brauchte eine Weile, um in Gang zu kommen. Zwei hübsche Mädchen nahe der Bühne nickten im Takt, als hätten sie einen Specht im Stammbaum und zuweilen wackelte Jemand mit den Hüften. Nach jedem Lied klatschten wir uns erst einmal wieder wach. Erst nach 5 Liedern traute sich ein langhaariger Herr, mal ein bisschen die Fäuste in Richtung Bühne zu Schwingen und seine langen Haare kreisen zu lassen. Die Band wirkte derweil symphatisch, wenn auch ein wenig verplant. Mal wusste man nicht, welches Lied drankam, mal wurde unterbrochen, weil der Gitarrist die falsche Gitarre hatte und die Tonart dementsprechend den Bassisten störte. Dann stöpselte sich die Gitarre auch kurz vor Ende des Liedes aus. Aber egal, musikalisch war das schwer in Ordnung.
Dann kamen
Dätcha Mandala und dekorierten erst einmal höchstselbst die Bühne mit orientalischem Dekokram. Zwei abgewetzte Möchtegern-Perserteppiche lagen auf der Bühne ausgebreitet, um die Verschmelzung von Bluesrock und Indischen Einflüssen zu Symbolisieren. Irgendwann fing das Konzert dann an und es wurde sofort deutlich, dass diese Band mehr Publikum verdient gehabt hätte. Aber während in Frankreich einige Hundert kommen, tingelt man in Deutschland halt durch kleine Spelunken. Am Vortag waren sie an einem Ort Namens Hafenschänke in Dortmund gewesen. Der Schlagzeuger dominierte, weil er halt auch am lautesten war, Bassist und Sänger Josem war ebenfalls in Topform und vermittelte viel Energie. Der Gitarrist mühte sich, aber der Toningenieur hatte die Gitarre generell ein wenig leiser eingestellt, sodass die Solos nicht so wirklich ankamen. Gespielt wurden die Songs des Albums "Rokh", aber auch neue Lieder vom kommenden Album. Meine Favoriten "Mojoy" und "Misery" waren beide dabei. Das Publikum kam nun mehr aus sich raus und Josem rief dazu auf, doch ein wenig näher an die Bühne heranzutreten, zu der bisher alle ca. 3 Meter Abstand gehalten hatten. Möglicherweise hatte er Bedenken, dass seine nackten Käsefüße, mit denen er über die ausgetretenen Teppiche stolzierte, der Grund waren. Anschließend versuchte das Publikum, der Band den Begriff "Kopf in Nacken" zu erläutern und man trank erstmal einen Schluck. Dann coverten sie "Kashmir" von Led Zeppelin und legten damit ihre Einflüsse offen. Die Stimmung wurde immer besser, es tanzten nun immerhin ca. 7 Leute. Ich beschränkte mich auf ein wenig mit Hintern und Kopf wackeln, war aber noch in den Top10. Am Ende applaudierte das Publikum dann auch ausreichend, damit die Band noch zwei Zugaben spielte.
Im Anschluss an das Konzert erstand ich noch ein T-Shirt der Band, die CD besaß ich ja bereits. Anschließend zog ich dem Schlagzeuger noch aus der Nase, wann das neue Album erscheint und wie es heißt, ehe ich mich dann auch trollte, um die letzte Bahn auf dem Gleis nebenan zu erwischen. Schade, ich hätte mich gerne noch mit der Band unterhalten. Meine Ohren Klingeln derweil immer noch, die Aufforderung näher zu treten hatte mich dann auch direkt neben die Boxen gebracht.