Klar, die jeweiligen Ligaumstände müssen natürlich auch berücksichtigt werden. Das war ja immer mein Hauptargument bezüglich des Finals-Einzugs der Sixers 2001, der die Legacy von Iverson für viele begründete. Obwohl der Osten damals extrem schwach war, die Sixers überhaupt nur mit Glück (Carters Fehlwurf) weiterkamen, und man zwar den Lakers die einzige Niederlage in den damaligen Playoffs zufügen konnte, aber dies mindestens ebensoviel mit Kobes Chucking und Shaqs furchtbarem Versagen an der Freiwurflinie zu tun hatte. Viele Faktoren, die nur leicht verändert schnell eine völlig andere Geschichte erzählt hätten (was wäre Iversons Punkteausbeute heute wert, wenn Shaq nicht alleine 5 seiner 6 Freiwürfe im 4. Viertel vergeigt hätte und es so wahrscheinlich nicht zu einer Overtime gekommen wäre?).
Mein Gegenargument ist da immer, dass es dann doch komisch ist, dass ein recht gleichwertiger Iverson in anderen Jahren überhaupt nicht reichte, um "ein Team von Scrubs" zu Erfolgen zu führen. Entweder muss also Iverson in 2001 um einiges besser als in anderen Jahren gewesen sein, oder es war zu mindestens einigen Teilen wie schon erwähnt Glück, oder das Team war doch im Gegensatz zu anderen Jahren um einiges besser als AI-Fans oft behaupten. Ich tendiere da deutlich zu einer Kombination aus den letzten zwei Möglichkeiten.
Beim Teamerfolg sind eben so viele Dinge von den Umständen beeinflusst, dass eine Aussage á la "Spieler X ist besser als Spieler Y, weil er mit 22 schon im Finale war, während Spieler Y in ähnlichem Alter in der erste Runde ausschied" komplett absurd. Dagegen finde ich einen Vergleich auf Basis der tatsächlichen Leistung der Spieler, der dann feststellt, Spieler X war besser als Spieler Y in ähnlichem Alter komplett legitim.
Durchaus. Und dafür eignen sich dann eben viele Advanced Stats, selbst wenn die einzeln nicht die komplette Wahrheit wiedergeben können, ebenso wie manche mit Basketballverstand durchaus auch in der Lage sind, Leistungen - wenn unvoreingenommen - durch das Ansehen der Spiele zu vergleichen und einzuordnen. Aber eben nicht mit den sogenannten "Accolades". Zum Teamerfolg hast du schon das Passende gesagt, aber auch persönliche Titel sind oft so sehr abhängig von den Teamkollegen und auch der Konkurrenz.
Ein Beispiel: Ohne eine Konkurrenz der Marke David Robinson oder Shaq wird LeBron gute Chancen darauf haben, die Liga 10x im PER anzuführen (bisher steht er wie schon von Bender erwähnt bei 6. Jordan hatte im gleichen Alter auch genau die 6 und konnte nur noch einen weiteren Titel des PER-Leaders auflegen, obwohl er zum Beispiel 1995-96 nochmal einen gewaltigen Wert von 29,4 auflegte. Nur war in dem Jahr eben D-Rob ganz knapp in dieser Statistik überlegen...). Was sagen diese "Titel" genau aus, wenn es in den nächsten Jahren sonst niemanden gibt, der - nehmen wir einfach mal diesen Wert - einen 29er PER-Schnitt erreichen kann? Jordan hatte wie gesagt im Herbst seiner Karriere Konkurrenten, die an diesen Wert herankamen und teils gar übertrafen.
So verhält es sich mit allen Auszeichnungen. Nash ist so zweifacher MVP geworden, weil es in den Jahren schlichtweg keine individuell alle anderen überragenden Konkurrenten gab, die zudem noch bei herausragenden Siegerteams spielten. Kobe hatte das "Pech", zu Beginn seiner Prime nunmal nur die #2 im eigenen Team hinter einem noch besseren Spieler zu sein, dann kamen ihm der Umbruch bei den Lakers und ein ruinierter Ruf wegen der Colorado-Geschichte in den Weg, und als er wieder Chancen hatte, gab es LeBron in dessen Prime. Tjo, blöd gelaufen, weil es so nur zu einem MVP-Titel gereicht hat, aber ist er deswegen der schlechtere Spieler über seine ganze Karriere als Nash? Sicher nicht.
Man kann natürlich immer wieder bestimmte Kirschen herauspicken und aufgrund dieser einen Spieler als besser oder schlechter als einen anderen darstellen. Aber meistens greifen diese Vergleiche aufgrund einzelner Faktoren nunmal zu kurz und sind schlichtweg nicht umfassend und objektiv genug. Da sollte man versuchen, faire Maßstäbe anzusetzen, soweit bei unterschiedlichen Voraussetzungen überhaupt möglich, und das Gesamtbild zu betrachten.
Momentan ist LeBron weder der beste Spieler aller Zeiten insgesamt, noch unumstritten der beste bis zum Alter von 28 (wenn man das Argument der MVP-Titel nimmt: Kareem hatte auch mit 28 Jahren bereits 4, und ebenfalls eine Meisterschaft). Er hat, wenn er von Verletzungen verschont bleibt und seine Form behält, gute Chancen, zur absoluten Top-5 dazuzustoßen. Momentan ist er auf dem besten Weg dahin, aber warten wir doch mal ab, ob es wirklich so kommt. Eine peinliche Playoffs-Niederlage als Favorit mit dem derzeitigen Team würde ihn z.B. wieder etwas zurückwerfen, wenn man diese wieder ihm anlasten könnte. Das könnte seiner "Legacy" mehr schaden, als ihm z.B. ein 5. MVP-Titel noch helfen würde. Hier haben Russell und Jordan ziemliche Pfunde vorgelegt, die als Dominanz zum richtigen Zeitpunkt interpretiert werden.