Kawhi ist einfach der Wahnsinn. Es macht unfassbar Spaß, ihm beim Basketball spielen zuzusehen. Er spielt ein bisschen so wie Kobe, nur in gut
Neben den ganzen Fadeaways und Turnarounds mit Hand im Gesicht, ist es aber vor allem seine Gelassenheit, die mich extrem beeindruckt. Irgendwie scheint die Uhr anzuhalten, wenn er den Ball in den Händen hält. Da ist nie etwas überhastet, erzwungen oder unkontrolliert. Er nutzt genau die Winkel, die er braucht. Immer schätzt er richtig ein, ob ein Wurf, Floater oder Korbleger das richtige Mittel für die gegebene Situation ist. Selbst wenn nur noch wenige Sekunden auf der Uhr sind, nutzt er Fakes, Finten oder verändert das Tempo, um an seine gewünschte Position auf dem Feld zu gelangen. Andere Spieler forcieren in solchen Situationen irgendwelche Harakiri-Würfe oder verlieren den Ball.
Und sowieso: Eigentlich bräuchte Kawhi all das gar nicht, denn sein Shot Making ist nicht von dieser Welt. Das erste Mal, dass ich dachte, er erinnert mich an Jordan/Kobe, war in den Playoffs 2017. Da hat er eine Serie an Würfen in Game 4 gegen die Grizzlies verwandelt, bei denen mir einfach nur die Kinnlade nach unten gefallen ist. Die Leistungen in der laufenden Postseason sind die logische Folge.
Leonard ist einer dieser Spieler, bei denen alles so einfach aussieht. Ihm scheint komplett egal, in was für einem Spiel er sich befindet, wer der Gegner ist, welches Team führt oder was für einer Art Defense er sich gegenüber sieht. Er lässt sich nie aus dem Konzept bringen und seziert die gegnerische Verteidigung nach Belieben.
Dazu kommt seine Defense. Die ist zwar nicht mehr auf dem Level von "ne, du dribbelst jetzt nicht mehr, weil ich dir einfach den Ball aus der Hand nehme", aber immer noch auf einem hohen Niveau. Erst recht, wenn man sich seinen offensiven Workload anschaut. Er steht in dieser Serie zwar oft bei dem passiven (ich bin heute nett) Ben Simmons, kann dadurch aber massiven Einfluss als Help Defender ausüben. Sowieso seine größte Stärke. Er ist stark im 1on1, aber in der Help zeigt er zuweilen historisch gutes Niveau. Das ist wirklich Scottie Pippen 2.0. Trotzdem kann er auch, so wie gestern im vierten Viertel, Spieler wie Jimmy Butler massiv einschränken.
Seine einzige Schwäche ist nach wie vor wohl sein Playmaking. Die 76ers nutzen das imo nicht konsequent genug aus. Das liegt zum einen daran, dass Leonard auch ein Doppeln regelmäßig bestraft, indem er rechtzeitig antizipiert und seine Aktionen frühzeitig startet und generell crafty genug ist, um auch aus dem Doppel heraus Abschlüsse zu erarbeiten. Ich wäre an der Stelle von Philadelphia trotzdem aggressiver, was das betrifft.
Leonard ist kein LeBron oder Jokic, die konsequent den freien Mann bedienen und Schützen auf der Weakside mit Pickpocket-Pässen versorgen, sobald der zweite Verteidiger kommt. Ebenso wenig ist er ein Damian Lillard oder Prime-Wade, die konsequent das Double Team mit Finesse und Dribblings splitten.
Diese Schwäche fällt bei Kawhi aber bisher auch kaum ins Gewicht, wenn er weiterhin 110% seiner Würfe trifft. Die Raptors werden nur so weit gehen, wie Kawhi sie trägt. Es gibt für mich bisher vier Playoff-MVPs. Durant, Jokic, Lillard und eben Leonard. Durant und Leonard sind allerdings noch mal einen Ticken höher zu ranken. Ob jetzt Durant oder Leonard der beste Spieler in dieser Postseason ist, ist eigentlich auch egal. Für Leonard sprechen die schlechteren Mitspieler, für Durant das noch bessere Komplettpaket seiner Leistungen. Beide haben mindestens einen Gang höher geschaltet und sind ohne wenn und aber im "Playoff-Mode". Da trennt sich dann eben auch die Spreu vom Weizen.
Die beiden MVPs der RS haben bisweilen so ihre Probleme oder performen zumindest nicht konstant auf hohem Level. Bei Leonard und Durant sieht das genau andersrum aus. Beide legen während der RS entspannt ihre effizienten 27 Punkte auf und ruhen sich ab und zu in der Defensive aus, nur um dann in den Playoffs zu explodieren. Harden und Giannis haben bisher noch nicht ganz ihr Niveau der RS erreichen können.
Wie gerne hätte ich LeBron in dieser Postseason gesehen. Solange er nicht in den Playoffs abfällt und seine Leistungen aus der vergangenen Postseason nicht bestätigen kann, bekommt er von mir den Benefit of the Doubt. Seine Leistungen gegen die Raptors und Game 1 der Finals waren ohne wenn und aber noch "Bester Spieler der Liga" würdig. Gerade bei Game 1 sollte man nicht die Mitspieler und vor allem den Gegner außer Acht lassen. Er war klar der beste Spieler auf dem Platz und das, obwohl da noch Leute wie Durant und Curry rumgelaufen sind.
Egal, ob man ihn mag oder nicht. Je mehr Talent in den Playoffs, desto besser und da dürfte mir eigentlich auch kein Basketball-Fan widersprechen