5.74Sekunden fehlten „Lutti“ nach 25 beinharten Zeitfahrkilometern
geändert am 28.06.2004 von Jürgen Pauritsch
26.06.2004 - 21:56 Bei der österreichischen Meisterschaft im Einzelzeitfahren gewann Peter die Silbermedaille, verlor aber um nur wenige Sekündchen gegen den Gerolsteiner Kapitän für die Tour de France, Georg Totschnig.
links - Peter mit "Verehrer" Franz Malli - rechts - Lutti umgeben von seinen Fans
Das Rennen von Kleinreifling nach Maria Neustift wurde zum Duell der ewigen Konkurrenten Georg Totschnig und Peter Luttenberger. Der gute Rest der österreichischen Rad-Elite ist zwar vom Niveau her um einiges stärker geworden als in den letzten Jahren, jedoch gegen die beiden Aushängeschilder ist kein Kraut gewachsen.
„Lutti“ und „Totsch“ fahren in einer eigenen Kategorie. Der einzige Unterschied der beiden Kletterer ist, dass der Tiroler als Kapitän in seiner Mineralwassertruppe für die große Tour nominiert ist, und Peter von Bjarne Rijs nicht aufgestellt wurde. Vielleicht denkt der CSC-Teamboss aber noch um in den nächsten Stunden oder Tagen. Bis zum Tour de France Start ist ja noch mehr als eine Woche Zeit.
Totschnig wird als Anwärter auf einen Gesamtrang unter den besten Zehn gehandelt, und kam zudem mit einem Tour de Suisse Etappensieg nach Österreich zur Meisterschaft. Die läppischen 5.74 Sekunden Rückstand von Peter, mit seiner immer noch leicht schmerzhaften Rückenblessur von der Schweizer Rundfahrt, sind da umso mehr ein Ausrufezeichen für seine gute Form. Die Leistungskurve in Richtung Tour stimmt eigentlich genau!
Wo hat Peter das Zeitfahren verloren?
Ich selbst bin ja nicht nur „Schreiber“, am Freitag hatte ich die „Ehre“ meinen Freund beim Zeitfahren zu betreuen. Im Nachhinein denke ich mir gibt’s viele Punkte, wo man ansetzen könnte, um sechs Sekunden schneller zu sein.
Bei mir selbst vielleicht, denn ich hatte die Anreise von unseren „Stützpunkt“ in Bad Hall unterschätzt. Wir haben bei einem „Verehrer“ von „Lutti“ übernachtet. Franz Malli war mit der Firma Peter Quelle langjähriger Sponsor von etlichen Radteams, und jetzt Ehrenmitglied im oberösterreichischen Radsportverband. Außerdem ein guter Verwandter von mir. Die Mallis boten optimalen „Unterschlupf“ für uns Zwei.
Als wir (endlich) am Start eingetroffen waren drängte bereits die Zeit. Dann kam der Platzregen hinzu der die Aufwärmphase, sowie die Vorbereitungen nicht gerade einfacher machte. Rasch war alles aufgebaut und Peter konnte sich auf der Rolle relativ gut warm fahren.
Ob es lange genug war?
Wir hatten nämlich ein kleines Problem, Minuten vor dem Start, was fatal Enden hätte können. „Lutti“ musste zum „Pinkeln“ in die Wiese, und stieg mit den Radschuhen einwenig in den Sand. Als er wieder auf der Walze saß, rasteten die Schuhe nicht mehr ins kleine Speedplay-Pedal ein. Der Sand verschmutzte die Schuhplatten zu sehr. Peter sattelte auf die Ersatzschuhe um. Dann ging’s ab zum Start.
Ich packte alles ins Auto ein, und richtete die Ersatzmaschine in Peters Chevrolet so her, dass ich das Rad bei einem Defekt schnell hätte herausbekommen. Die Ersatzlaufräder kamen auf den Beifahrersitz. Als ich ins Auto einstieg suchte ich die Zündschlüssel. In der Hektik fand ich die Schlüssel aber nirgends! Mir stieg ziemlich heiß auf. In Sekunden Bruchteilen kam mir aber ein Geistesblitz. Ich wechselte kurz zuvor meine Kleidung, denn ich war ja patschnass vom Regen, da hab ich den Zündschlüssel im Rucksack „versteckt“. Endlich konnte ich los fahren, nur Peter war bereits von der Startrampe geradelt.
In der ersten Phase des Rennens berichtete „Lutti“ im Anschluss lief es nicht so gut. Ich dachte mir nur, bei mir auch nicht so wirklich! Wenn er gewusst hätte, dass ich fast nicht hinterher gekommen wäre! Die Benzinnadel des Chevis stand übrigens auch auf null, der Nervenkitzel nahm einfach kein Ende.
Ich konnte (in der Anfangsphase des Zeitfahrens)aus dem Auto beobachten, dass die Kette, bei leicht abfallendem Terrain, „nur“ am 14 oder 15er Ritzel lag. Wohlgemerkt 54-14,15! Das bestätigte seine Analyse nach dem Rennen zusätzlich.
Die dünnen austrainierten Beinchen drehten aber im Anschluss immer besser, fast im „Lance Armstrong-Rhythmus“. Nach fünf Kilometer war Peter richtig in Schuss gekommen. Etwas später begann er die vor ihm gestarteten Konkurrenten einzuholen. Er lies sie teilweise wie Hobbyradler erblassen.
In der Abfahrt von Großramming ging Peter kein Risiko ein, auch dort wären vielleicht einige Sekunden drinnen gewesen. Mit den Karbonrädern war es aber zu gefährlich bei nasser Fahrbahn. Den langen ansteigenden Graben fuhr „Lutti“ wie die berüchtigte Feuerwehr, die Tachonadel hatte die 50km/h Marke ständig inne.
Vier Kilometer vor dem Ziel lief alles auf einen Luttenberger-Sieg hinaus. 14 Sekunden Vorsprung auf Totschnig hieß es in einer Zeitmessung von Bundestrainer Franz Hartl. Am zwei Kilometer langen Schlussanstieg gab Peter noch einmal alles, aber seine Cervelo-Zeitfahrmaschine kam nicht schnell genug hinauf ins kleine Örtchen Maria Neustift.
Totschnig hatte einen Vorteil im Finale, ein sehr leichtes Karbonrad! Was Schluss endlich, vielleicht den Ausschlag über Sieg oder Niederlage gegeben hat.
Peter ist zufrieden mit seiner Leistung, er hadert nur etwas mit dem knappen Rückstand, und dass er immer vor seinem ewigen Konkurrenten ins Rennen gehen muss. „Lutti“ startete vier Minuten vor „Totsch“.
Beim Einzel-Straßenrennen, morgen Sonntag, gibt’s nur ein Motto. Mit einer gut ausgeklügelten Renntaktik zum weißen Meistertrikot stürmen!
Beitrag von Jürgen Pauritsch