Hallo... ich finds schade das hier keiner mehr den Kampf Valuev vs. Attila Lewin auf dem Schirm hat und sich hier auch keiner mit der echt speziellen Treffer-Physiologie bei einem ca. 2,15m Boxer beschäftigen will. Attila Lewin hat gegen Valuev einen hervorragenden Kampf gemacht, bis er durch den Kopfstoss von Valuev(der nicht geahndet und im TV als solcher nicht kommentiert wurde) eine Trümmerfraktur des Nasenbeins erlitt. Bis dahin hat er den Kampfverlauf technisch und taktisch hervorragend beherrscht und gezeigt, wie Valuev mit cleverer Distanzüberbrückung und fortgesetztem 2. und 3. Angriff an die Grenze seiner Reaktions/ Koordinationsfähigkeiten zu bringen ist. Und vor allem, wie man Valuev boxt, um überhaupt Treffer zum Kopf anzubringen, die als Cross oder Gerade nicht von unten nach oben einschlagen, sondern wie bei halbwegs gleich großen und gleich schweren Boxern in einer Parabel/"Bogenlampe" zum Kinnwinkel erst echte Wirkung erzielen. Die harten Wirkungstreffer, die zu einem nachhaltigen Knockdown führen, sind eben die, bei der der Kopf seitlich getroffen eine Rotationsbewegung verbunden mit einem Einknicken an der Trefferstelle vollführt.
Wer Valuev stoppen will, muss hart treffen können und sich im Kampf die Situationen erarbeiten. Das geht nur über eine clevere Taktik, um Valuev nach unten zu ziehen auf "Normalgröße" um dann wirklich treffen zu können... Und Valuev ist ein kluger Boxer, bewegt sich für seine Größe und sein Gewicht hervorragend gut, bringt jede Menge Wettkampferfahrung(über 50 Kämpfe) mit und kann taktische Konzepte seines Trainers gut umsetzen. Gegen ihn spricht, dass er bei der Explosivität und Wirkung seiner Schläge klare Nachteile hat, im Kampfrekord und bei den im TV übertragenen Kämpfen sind die meisten Gegner nicht durch K.O. untergegangen sondern durch RSC oder TKO, einfach zermürbt durch die Wucht der Schläge und den Druck von 140 Kilo auf 2,15 m, aber nicht durch krasse explosive Wirkungstreffer. Der passende Vergleich wäre hier ein einfahrender Güterzug mit einem anrasenden Expresszug.
Fazit: Valuev muss clever auf Distanz boxen, in unangenehmen Situationen stabil, geschlossen und groß bleiben und ansonsten seine Kräftevorteile nutzen und den technisch und taktisch agilen und schnelleren Rechtsausleger bei seinen Angriffsaktionen empfindlich stören um selbst den Kampf zu übernehmen und klare Aktionen zu bringen.
Chagaev muss die Distanz überbrücken und über den 2. und 3. Angriff seinen Gegner aus dem Rhythmus bringen um dann erst harte Treffer setzen zu können.
Beide Boxer sind in der Lage ihre Kampfkonzeption gut aufeinander einzustellen und beide haben eine Siegchance. Sollte ich allerdings beim Aufwärmen sehen, dass Chagaev von Michael Timm und nicht von einem mindestens 2,10 Meter Mann an die Pratzen genommen wird, täte ich keinen Cent auf Chagaev setzen. Für so einen krassen Kampf muss der Trainer schon bei der Erwärmung vor dem Wettkampf seinem Sportler klar machen, dass gleich Ausnahmezustand herrscht – angesichts eines Minimum 40 Kilo und 30 Zentimeter Unterschiedes.