Mich stört das Taylor war shot Gerede.
Mich auch. Taylor war nicht shot, sondern eindimensional, was mich bei einem technisch so guten Boxer erstaunt hat. Für mich hat der Kampf entscheidende Aspekte.
1. Team Abraham hat offenkundig wesentlich besser seine Hausaufgaben gemacht, als das Team Taylor. Taylors Taktik: Mit dem Jab durch Abrahams Doppeldeckung um Abrahams Verteidigung zu knacken und zwischendurch Schläge zum Körper um Abraham die Luft zu nehmen. In den ersten Runden, die Abraham wie immer inaktiv gestaltete (nach eigenen Aussagen um den Gegner noch mal genau zu studieren), schien das zu funktionieren. In Wahrheit fuhr der Zug da für Taylor längst in die falsche Richtung. Fast alle Jabs landeten nur auf der Doppeldeckung und die Schläge zum Körper waren oft zu tief angesetzt.
2. Spätestens nach dem Punktabzug und den ersten eingeschlagenen Bomben, wurde für Taylor klar, dass es so nicht klappt, wohl nicht mal nach Punkten. Problem: Obwohl Taylor eigentlich ein variabler Boxer ist, gab es keinen Plan B, schon gar keinen Plan C. Man hat sich Abraham vorher sicherlich genau angeschaut, was einfach ist, weil alle Kämpfe von ihm vom Fernsehen gezeigt wurden. Offenkundig war man sich so sicher, die richtige Taktik gefunden zu haben, dass alle weiteren Überlegungen an der Stelle endeten.
3. Taylors Psyche hat in dem Kampf eine Rolle gespielt. Man konnte ihm während des Kampfes ansehen, dass er zunehmend Respekt vor der Härte von Abrahams Schlägen bekam. Vielleicht hatte er seine bisherigen (T)KO-Niederlagen im Hinterkopf.
4. Abraham hat eigentlich wie immer geboxt. Sein eigener Jab sah besser aus als bisher. Er ist erkennbar in der Lage alleine durch die Härte seiner Schläge seine Gegner zu beindrucken, selbst dann, wenn er damit den Gegner nicht voll trifft oder der Schlag nur auf die Deckung geht.
5. Ich habe vor dem Kampf auf einen deutlichen Punktsieg für Taylor getippt und ich bin noch immer der Meinung, dass man Arthur ausboxen kann. Abraham hat aber deutlich gezeigt, dass er ein sehr effizientes Paket geschnürt hat und man sich besser nicht von seinen zum Teil eher mauen Kämpfen der Vergangenheit leiten lassen sollte. Alleine durch den Druck, den Arthur im Ring aufbaut, gehört er schon zur Weltspitze im SMW. Ich bin mal gespannt, was Abraham und Wegner gegen den unorthodoxen Andre Direll einfällt.
6. Mir war so, als ob Mikkel Kessler von Arthur Abraham sichtlich beeindruckt war. Entweder er ist ein guter Schauspieler oder der "Oh Gott, mit dem muss ich auch noch in den Ring"-Blick war echt.
Zunächstmal muss man natürlich die individuellen Unterschiede in der Definition des Begriffs "shot" berücksichtigen. Bei mir z.B. ist jemand shot, der mental und körperlich einfach nicht mehr an seine bisher gezeigten Höchstleistungen herankommt und dies ist für mich bei Taylor der Fall.
Wenn Du es so definierst, dann ja. Wobei, inwiefern war Taylor körperlich shot? Er ist nicht beim ersten harten Treffer umgefallen, er war m.E. auch nicht lahm, unbeweglich etc. - Mental kann ich schon eher nachvollziehen. Gerade der Kampf gegen Froch wird ihm noch in den Knochen stecken und man konnte wie geschrieben sehen, dass sein Respekt vor Arthurs Schlaghärte sichtlich von Runde zu Runde wuchs, insofern wird die Psyche eine negative Rolle gespielt haben, trotzdem hat er sich nicht eingenässt oder ist beim ersten Wackler mental zusammen gebrochen.
Gegen Froch jedoch erlebte er gleich wieder mehrere Albträume: die Erfahrung von nachlassender Kondition kurz vor dem Ziel und damit verbunden, sehenden Auges in den KO zu rennen.
Trotzdem sah es in diesem Kampf für ihn bis zum Ko meiner Erinnerung nach besser nach Punkten aus, als für Andre Direll vorgestern. War die damals erfolgte KO-Niederlage Ergebnis mangelnder Kondition oder einfach ein taktischer Fehler gegen einen Puncher?
Roberts