Das hättest Du wahrscheinlich vor dem Tyson-Fight auch schon gesagt...
Vielleicht gehörst Du ja zu der Fraktion, bei der die Prime von Boxern grundsätzlich 6 Runden lang dauert und die danach völlig shot sind ?
Irgendwie erinnert mich das ganze hier an das legendäre Gespräch zwischen Waldi Hartmann und Rudi Völler, als immer wieder von einem "noch tieferen tieferen Tiefpunkt" der Deutschen Nationalelf geredet wurde, bis "Tante Käthe" schließlich der Kragen platzte...mir geht es genau so, dieses ständige Gerede, ein Boxer sei "shot", oder "total shot", nervt mich nur noch und hat manchmal auch nur begrenzte Gültigkeit. Dann nämlich, wenn der eigtl. "shotte" Boxer auf einmal wieder im Ring steht und wider Erwarten doch noch nicht ganz "hinüber" ist (to be shot heißt wörtlich übersetzt: "hinüber sein").
Um beim Thema zu bleiben: Holyfield wurde (auch hier) sicher schon vor 6-7 Jahren als "shot" oder "völlig shot" bezeichnet (nach den Niederlagen gegen Toney und Donald), danach kam er mit einer ordentlichen Leistung gegen Valuev zurück. Den dicken Botha konnte er immerhin auch noch ausknocken.
Andere aktuelle Beispiele: Monte Barrett galt schon mehrmals als "shot" und nur noch als etwas besserer Aufbaugegner. Nach der peinlichen Niederlage gegen Cliff Couser besiegte er jedoch Tye Fields spektakulär, danach bezog er kurzrundig Prügel gegen Solis und Haye, bevor er gegen David Tua ein Unentschieden holte und diesen dabei sogar am Boden hatte. Am letzten WE boxte er allerdings auf der Undercard von Holyfield - Williams nur Unentschieden gegen einen Journeyman.
Ich selbst würde deshalb für einen Boxer auch nicht den Begriff "shot" benutzen, sondern eher von nachlassenden Fähigkeiten sprechen. Das bedeutet doch aber nicht, dass Boxer "mit nachlassenden Fähigkeiten" nun gar nicht mehr boxen sollten bzw. keine guten Kämpfe mehr liefern könnten. Mir ist es allemal lieber, Boxer aus der 2. oder 3.Reihe zeigen einen guten, sehenswerten Kampf, als wenn diejenigen aus der 1.Reihe häufig nur klar schwächere Leute oder gar nicht mehr boxen, nur labern, am liebsten über die Höhen der Börse, oder überraschend häufig kurzfristig erkranken
. Wer wissen ja wohl alle, wer damit gemeint ist. Es müssen eben nicht "nur" WM-Kämpfe sein, häufig sind die Fights auf der Undercard sogar sehr viel interessanter.
Unter diesem Aspekt betrachtet waren z.B. auch Holyfield - Botha oder Barrett - Fields (mit sehenswerten one-punch-KO) durchaus spannende, sehenswerte Kämpfe mit hohem "Unterhaltungswert".
Wie von mir und The-Real-Deal bereits erwähnt, wären für Holyfiled Kämpfe gegen Leute wie Austin, Mormeck, Tarver, McCall, Harris, Oquendo, Rahman, Guinn, Lawrence, Gavern oder Barrett (Alle Boxrec top 50) absolut in Ordnung, sogar David Tua könnte man noch nennen. Gegen all' diese Gegner sehe ich Holyfield nicht mal von vorherein hinten - und wenn er gegen mindestens 10-12 Leute aus den derzeitigen TOP-50 zumindest noch Chancen hat, dann mögen seine Fähigkeiten nachgelassen haben - "shot" ist er dann aber wohl kaum, oder? Wie schon gesagt, Holy - Tarver wäre doch ein sehr gut vermarkbares Duell zweier ehemaliger CW-WM, beide sind Ü-40 und haben einen grossen Namen. Ein durchaus reizvolles Duell, wie ich finde und Holyfield hätte in diesem Duell IMO ganz gute Chancen.
Allerdings werden sich wohl auch gleich wieder Schlauberger melden, die die oben erwähnten Gegner auch gleich alle als "shot" bezeichnen werden, die nur deshalb noch so weit oben stehen, weil das HW ja soooo schwach ist wie niemals zuvor. Aber diese Diskussion ist auch schon so alt wie dieses Box-Forum selbst.
Das "Problem" bei Holy ist natürlich, wie er vielleicht auch selbst weiss, dass es sportlich nicht mehr für ganz nach oben reichen wird, aber ein Title-Shot natürlich das meiste Geld bringt. Und das scheint er ja dringend zu benötigen. Also redet er zuweilen immer noch von einem WM-Fight...und wenn man sieht, mit wie wenig sportlicher Leistung Shannon Briggs an einen Title-Shot gekommen ist, dann wurde ich das an seiner Stelle auch so machen
Zumindest bei BoxRec ist Holyfield (derzeit Position Nr.20!) viel besser plaziert als Briggs vor seinem WM-Kampf gegen Vitali Klitschko. Und dieser Kampf hat ja tatsächlich auch stattgefunden, womit ich niemals gerechnet hätte. Also wer weiss, was noch kommt..."it ain't over till it's over".