@pojo: Jau, so siehts aus.
1.) Die Wertungen gestern waren schon dreist - gleichwenn der Kampf am Ende verdient bei Vitali gelandet ist, konnte Chisora wenigstens drei, vier, fünf Runden gewinnen. Natürlich scored man im Boxen von Durchgang zu Durchgang, aber das jetzige Ergebnis suggeriert, dass der Kampf ähnlich einseitig verlaufen ist wie Klitschko vs. Briggs. Der gestrige Kampf war aber niemals klar und niemals einseitig. Man hatte seit Ewigkeiten einmal das Gefühl, dass hier ein Herausforderer die Sensation schaffen kann. Der Mann war hervorragend eingestellt, hat sehr beherzt geboxt, genug klare Treffer gelandet und stellenweise sogar den Kampf geführt: Es musste jedenfalls sehr frustrierend sein, in den Rundenpausen die abenteuerlich hohen Punktrückstände zu erfahren.
2.) Zudem sind auch die Klitschkos keine Saubermänner, auch wenn sie gerne mit diesem Image spielen. In erster Linie sind sie selber ganz schlechte Verlierer; und der ein oder andere Boxer musste sich von Vitali im Ring auch schon bepöbeln lassen. Zuletzt war's der schwer verletzte Solis. Aber für solche Fälle erfindet man dann gerne Ausreden, um dieses ungebührliche Verhalten zu verteidigen.
3.) Über Chisora müssen wir in der Hinsicht nicht reden. Der ist wie ein enfant terrible aufgetreten. Mit Sportsgeist hatte das im Vorfeld und im Nachgang absolut nichts zu tun. Möglicherweise ist es jedoch das, was dem Schwergewicht gefehlt hat - der Mann hat kräftig einen an der Klatsche, aber er bringt die Leute dazu, wieder über die Szene zu reden. Dieser gesamte Event hob sich vom üblichen Klitschko-Einheitsbrei, tja, ich würde fast sagen: wohltuend! ab, und das lag definitiv nicht an den Brüdern.
Seh ich im Grunde genauso. Man sollte die Klitschkos aber nicht zu kritisch sehen. Denn sie sind ja nicht schlimmer als andere, sie sind eben nur auch nicht besser! (naja, vielleicht schon besser als Haye, Chisora und Co...) Sie machen halt mit, sie greifen das System, in dem sie sich bewegen, nicht an, sondern nutzen dessen kleine Möglichkeiten. Sollte ein Klitschko einmal - objektiv - nach Punkten verlieren, wird sich zeigen, ob sie auch dessen große Möglichkeiten nutzen.
Ich habe weniger ein Problem damit, dass die Klitschkos keine Saubermänner sind, sondern eher damit, dass sie - mit Äußerlichkeiten wie Manieren, Höflichkeit und Auftreten - genau diesen Eindruck erwecken wollen. Da wird dann ein abgefeimtes Schwarz-Weiss Bild gezeichnet, auf dem die Klitschkos immer die Edlen, die Guten, die Helden sind - natürlich auf Kosten der Herausforderer, die den bösen Part spielen müssen. Deswegen glaub ich, dass den Klitschkos solche Ärsche wie Haye und Chisora eigentlich ganz gut in den Kram passen. Solch ein elementarer Kampf zwischen Gut und Böse ist für die johlende Meute, die den Kopf des Monsters fordert, einfach viel interessanter, als "nur" das sportliche Gefecht zweier Berufssportler.
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