Ich muss ehrlich gestehen, das ich Povetkins körperliche Verfassung, die Schnelligkeit, Explosivität aber ganz besonders die Kondition, vorallem aufgrund der Rahmenbedingungen etwas besser eingeschätzt und erwartet hätte.
Zunächst boxte er gar nicht schlecht mit, konnte Druck machen ohne allzu offen zu sein aber auch nicht wie gewünscht zu treffen. Man merkte jedoch schon in Runde 1, das es Konditionelle Probleme bei ihm geben wird. Klitschkos Fouls verstärkten seine ohnehin schon vorhandenen klaren konditionellen Defizite nochmals.
Hinzu kam das der Referee, Klitschkos klammereien und Drauflehnaktionen tolerierte und nichts dagegen unternahm. Somit war Povetkins einzige Chance dahin.
Ich denke insgesamt war es ein sehr beherzter aber auch ernüchternder Auftritt von Povetkin, von dem ich wie gesagt besonders Konditonell mehr erwartet oder zugegebenermaßen erhofft hätte. Was ihm Definitiv sehr gut gelungen ist, war Klitschkos Cross so gut wie immer vorauszusehen und schnell darunter wegzutauchen. Ab der 4. Runde ist er nur noch durch den Ring getorkelt, war eber dennoch Instinktiv dazu in der Lage, die Schwersten Treffer Klitschkos zu vermeiden. Auch die Knockdowns entstanden nicht durch große Schlagwirkung, sondern waren m.e größtenteils eine Folge von körperlicher Ermüdung.
Er hat auch den ein oder anderen einspringenden Haken gelandet aber ist fast immer mit seinen Schlägen in den Mann gefallen und hat nach den wenigen guten Treffern, nicht mehr nachsetzen können, was allerdings zwingend nötig gewesen wäre. Insgesamt war es einfach zu wenig um Klitschko aus der Komfortzone zu bringen.
MMA Boxer hat es im Vorfeld genau erfasst. Povetkins einzige Chance wäre es gewesen, wenn der Referee die ganzen Regelwidrigkeiten von Beginn an mit Verwarnungen und Punktabzügen bestraft hätte. Dann aber auch nur dann, hätte selbst ein Povetkin in einer wie ich finde unprofessionellen Körperlichen Verfassung, eine große Siegchance gehabt, da ich nach diesem Kampf endgültig davon überzeugt bin, das Wladimir gegen geschickt Druckaufbauende Gegner nicht im Rückwärtsgang Boxen kann und schnell wieder irgendwann Mental verzweifeln würde, wenn er die Lage nicht genauestens unter Kontrolle hat.
Povetkins reinspringen in den Mann mit abgeducktem Kopf ist bis zu einem gewissen Punkt übrigens alles andere als Regelwidrig und ich denke das Povetkin diesen Punkt so gut wie nie überschritten hat. Daher teile ich die Meinungen von den Kollegen nicht, die behaupten das beide gleichermaßen Schuld und mit Punktabzug zu bestrafen wären. Das Klammer nahm Povetkin erst und immer dann Dankend an, wenn er kaum noch stehen konnte und vielleicht sogar von allein gestürzt wäre.
Es ist mir ein absolutes Rätsel wieso bei einem Kampf, der Werbung für den Boxsport auf der ganzen Welt ist, eine solch unsaubere, unwürdige Kampfweise, die Auslegung der Regeln eines Boxers zu seinen Gunsten und eine über weite Strecken totale Verhinderung eines echten Boxekampfes toleriert wird und das insbesondere dann, wenn der benachteiligte Boxer, den Heimvorteil hat und bei solch hohen Summen die für ihn Investiert wurden, all dem Vorfeldgeplänkel und Hoffnungen die auf Russischer Seite in dem Kampf steckten, nicht energisch dagegen vorgegangen wird.
Besonders aufgrund der Tatsache, das Povetkin und seine Ecke sich zu keiner Zeit darüber beschwert haben, denke ich das man sich unter Boxern darüber einig ist, das jeder die Regeln so sehr zu seinen Vorteilen auslegen, erweitern oder sogar brechen darf wie nur möglich und es offensichtlich verpönt ist, so etwas zu reklamieren und das die einhellige unterbewusste Meinung herrscht, das ein Boxer mit jeder Situation im Ring fertig werden muss.
Das kleine Veränderungen im Regelwerk, schon den Verlauf eines gesamten Kampfes komplett auf den Kopf stellen können, scheint ihnen dabei gar nicht bewusst zu sein.
Im Fazit war es ein Kampf bei dem Klitschko seine Unsicherheiten, eindrucksvoll unter Beweis gestellt und m.e endgültig gezeigt hat, wie schnell er aus der Ruhe zu bringen ist. Das er einen nach wenigen Runden im halbtoten Modus käpfenden Gegner nicht vorzeitig schlagen konnte, ist auch nicht gerade ein Positives Qualitätsmerkmal.
Der Kampf hat auch gezeigt, wie weit das Amateur und Profiboxen voneinander entfernt sind. Povetkin war ein sehr guter Amateur aber um ein sehr guter Profi zu sein, braucht es eben nochmal andere gewisse Körperliche Vorraussetzungen, die er nunmal nicht hat.
Auch wenn er Mental unglaublich stark ist und sich nicht von Klitschko hat brechen lassen, kann er damit die Körperlichen Schwächen nicht ausgleichen.
Ich denke der Kampf hat dem Ansehen des Boxsports auf der ganzen Welt, massiv geschadet und vorallem den ohnehin schon nicht so wahnsinnig hohen Stellenwert den das Boxen hat, zumindest in den Augen der wahren Boxkenner nochmals drastisch gesenkt und möglicherweise dafür gesorgt, das sich sehr viele vom Boxsport in nächster Zeit distanzieren werden, da die Grauzone des Regelwerks riesengroß und ausschlaggebend ist.