Interessanter Kampf mit verdientem Sieger.
Ich hatte es am Ende 116:111 für Fury ... mit leichter Tendenz zu einem 117:110. Von daher war Klitschko mit dem Urteil eigentlich schon gut bedient.
Aufgrund der Verzögerung mit dem Tapen hab ich von der RTL-Übertragung eigentlich mehr mitbekommen, als ich eigentlich wollte ... sofern ich denn hingeguckt hab. Dazu die übliche Beweihräucherung, Klitschko sei besser als je zuvor, macht keine Fehler mehr und überhaupt. Nett, dass man den Brewster-Kampf zeigte ... aber nichts von Sanders, gerade als es auch um das Unterschätzen eines Gegners ging.
Wie auch immer. Nach dem Kampf dann die große Analyse ... "wie konnte das nur passieren?"
Huck meinte, dass Fury nicht den Kampf gewonnen hätte, sondern Klitschko hätte ihn verloren.
Das wird der Leistung von Fury nicht gerecht und ist eigentlich eine Ignoranz dessen, was Klitschko auf den Punkt gebracht die letzten Jahre so gezeigt hat.
Was hat Klitschko denn so ausgemacht? Er hatte nen starken Jab, zog dann und wann seine rechte nach und wenn er sich sicher fühlte und eine Lücke sah, dann brachte er den linken Haken. Gegen Austin und Pulev kam der recht bald ... bei Fury war er sich total unschlüssig und brachte den linken Haken erst gegen Ende häufiger und da schon fast aus Verzweiflung.
De facto hat Klitschko so geboxt wie immer. Er hat seinen Stiefel runtergeboxt. Er hat wie ein Roboter (als den Fury ihn beleidigt hat) seinen üblichen Plan verfolgt. Das Problem war einfach, dass das überhaupt nicht funktioniert hat.
Er hat wie der größere Mann geboxt, das Problem war, dass er nicht der größere Mann war.
Fury hat das, was Klitschko ausmachte, gegen sich selbst wenden lassen und ihn gleichzeitig mit den eigenen Waffen geschlagen.
Klitschko hat jahrelang die Distanz kontrolliert und ggf. den größtmöglichen Ring aufstellen lassen. Den Großteil seiner Kämpfe hat Klitschko gewonnen, weil er die überlegene Beinarbeit hatte und viele Gegner hier einfach nicht hinterherkamen. Diesmal gibt der Gegner 12 Runden lang Tempo und Distanz vor und Klitschko trottet ideenlos hinterher.
Ehrlich, der Kampf hat mich irgendwie an Klitschko-Povetkin erinnert ... ein Kampf bei dem der kleinere Mann 12 Runden lang ideenlos hinterher trottet, versucht sein übliches Schema zu boxen und damit überhaupt keinen Erfolg hat.
Wirklich große Boxer zeichnet eine gewisse Adaptionsfähigkeit aus ... dass sie sich innerhalb eines Kampfes auf den Gegner einstellen oder anpassen können. Mayweather-Judah oder Calzaghe-Kessler waren die ersten Runden auch ausgeglichener, bevor der letztlich siegende Mann innerhalb des Kampfes sich etwas angepasst hat.
Klitschko hat durchaus Kämpfe in seiner Karriere, in denen er sich in den ersten Runden schwerer tat, bevor er dann die Kontrolle übernahm. Gegen Brock hatte er in den ersten 4 Runden so seine Probleme, bevor er dann die Zügel in die Hand nahm.
Gegen Thompson wurde Klitschko ab Runde 7 aggresiver und übernahm die Kontrolle.
Aber es gab auch schon andere Kämpfe, wo Klitschko nicht so recht wusste, was er machen soll. Der Rahman-Kampf ist das beste Beispiel. Klitschko hatte vor dem alten Hasbeen gehörig Respekt und Schiss vor einem Konter. Vielleicht hatte er sich zu oft Rahman-Sanders angeguckt. Tatsächlich war Rahman einfach nur durch und versuchte so lang wie möglich zu "überleben".
Der Kampf mit Fury war nun die Creme de la Creme aus dem Kapitel "Klitschkos mangelnde Adaptionsfähigkeit".
Es gibt Gameplan A und das wars. Klitschko macht seit Jahren das gleiche ... immer das gleiche Trainingslager, immer das gleiche Programm.
Ich habe, wie gesagt, die RTL-Übertragung gesehen und daher keine Ahnung, was Banks so von sich gegeben hat. Aber irgendwie habe ich den Eindruck, dass er mehr oder weniger nur Klitschkos Wasserträger ist. Klitschko trainiert sich selbst und Banks hält die Mitts. Steward war einer, zu dem Klitschko aufschaute, von dem er dachte, dass er etwas lernte. Banks ist vermutlich nur der Sekundant, der Klitschko dabei helfen soll, das übliche Programm möglichst Steward-mäßig fortzuführen.
Eine gezielte Vorbereitung auf Fury war zu keinem Zeitpunkt im Kampf zu erkennen. Null komma garnix. Nichtmal ansatzweise war irgendwie zu sehen, dass Klitschko im Training an irgendetwas gearbeitet hätte, dass Fury anders zu boxen wäre als ein Pianeta.
Die ersten Runden ist Klitschko einfach mal völlig ratlos was er machen soll und völlig passiv. Er kriegt den Jab nicht etabliert und folglich bringt er die Rechte so gut wie garnicht. Schläge zum Körper sind Klitschko ohnehin fremd. Und wenn es nicht läuft und Klitschko verunsichert ist, dann kommt der linke Haken schon garnicht.
Fury nutzt Klitschkos Eigenarten perfekt aus. 12 Runden lang ist er aktiv. Sein Jab muss garnicht treffen ... er arbeitet nur. Fury hält die Distanz und Klitschko fehlt eine gewisse "Aggresivität".
Klitschko braucht eine mittlere oder kurze Distanz ... "let his hands go" hätte es für ihn da heißen müssen ... aktiv werden, arbeiten. Aber das ist nicht Teil von Schema A und Schema B gibt es nicht. Klitschko hatte so manche Möglichkeiten mal den linken Haken mindestens zu versuchen, wenn er rangekommen war ... aber stattdessen kuschelt er lieber und legt den linken Arm dem Fury um den Hals.
Der freut sich und nimmt jeden Clinch an. Wie Pulev ist er hier noch aktiv und hat den physischen Vorteil. Klitschko findet in kürzerer Distanz nicht statt, weil er den Clinch sucht und Fury ihn bereitwillig annimmt ... und auf langer Distanz hält Fury seinen Gegner 12 Runden lang im Schach.
Fury hat Klitschko mit dessen eigenen Waffen geschlagen ... und alles was bei den RTL-Kommentaren (da wurde in der Rundenpause auch Emanuel Steward widerbelebt) nocht gemault wurde, dass Fury zwar erfolgreich aber nicht attraktiv geboxt hätte, vergisst, was Klitschkos Stil in essentieller Hinsicht doch ausgemacht hat.
Ob Klitschko Angst hatte? Ich weiß es nicht.
Gewiss, er hat sich nicht sowas getraut wie Cunningham gegen Fury ... der dann aber auch erdrückt wurde.
Sanders hätte Fury vielleicht den linken Haken reingezimmert. Aber Sanders hatte Eier und Kinn ... und Sanders war zuweilen leichtsinnig (um nochmal Sandes-Rahman zu erwähnen).
Vielleicht war Klitschko weniger ängstlich, sondern einfach nur verunsichert. Der Gameplan funktioniert nicht, das übliche Muster lässt sich nicht anwenden und ein alternatives existiert nicht.
Klitschko wirkte so eindimensional wie Abraham gegen Froch.
Ich war vor dem Kampf skeptisch, ob Fury gute Chancen gegen Klitschko hat. Beide hatten noch nicht so einen Gegner vor den Fäusten. Wann stand denn Fury mal einem Mann mit Klitschkos physischen Parametern gegenüber? Gegen McDermott?
Unterm Strich kam es darauf an, wer sich auf den spezifischen Gegner vorbereitet hat. Fury hat dies gemacht.
Aber Klitschko hat sich nicht auf Fury vorbereitet. Entweder weil er es nicht kann, oder weil man dies bei ihm und seinem Trainerstab verpennt hat.
Und nun?
Viel anderes als Rücktritt oder Rückkampf bleibt Klitschko eigentlich nicht.
Was soll er machen? Ein Jahr Aufbaukämpfe? Das bringt ihm mit 39 nicht mehr viel.
Wenn er den Rückkampf angeht, dann kann er sich revanchieren oder muss einsehen, dass Fury ihn geknackt hat. Bei letzterem könnte er dann immernoch zurück treten.
Vielleicht gelingt es Klitschko für einen eventuellen Rückkampf mit Fury sich besser auf diesen vorzubereiten. Der gestrige Kampf bietet ihm genug Anschauungsmaterial, was er alles falsch gemacht hat. Er bietet ihm zahlreiche Zeitpunkte, wo er einen Schlag hätte bringen können, aber lieber einen Clinch initiierte. Er zeigt ihm deutlich, dass er Fury völlig falsch angegangen ist.
Allerdings braucht Klitschko auch einen passenden Trainer, der ihm vermittelt was zu tun ist. Alleine kann er dies nicht, sonst hätte er sich innerhalb des Kampfes einigermaßen anpassen können.
Ob Banks dazu der richtige ist, wage ich zu bezweifeln. Ob Klitschko bereit wäre Banks abzusägen, wage ich jedoch auch zu bezweifeln.
Klar ... Klitschko müsste in einem Rückkampf aggresiver vorgehen. Er müsste mehr schlagen, mehr riskieren. Die 12te Runde hat er so gegen Fury gewonnen.
Aber in der 11ten Runde hat er sich beispielsweise gut was eingefangen.
Waldemar kam nun schon seit Jahren ist sein Wohnzimmer, machte das Licht an, setzte sich auf's Sofa und genoss den Film. Heute kam er in's Wohnzimmer, wollte das Licht anmachen, aber jemand hatte den Lichtschalter versetzt. Statt mal nach links und rechts nach der neuen Position des Lichtschalters zu schauen, drückte Waldemar immer und immer wieder auf die ehemalige Stelle des Schalters und wunderte sich, dass das Licht nicht anging.
Viel besser kann man den Kampf eigentlich garnicht zusammen fassen.
Wieso gibt es angeblich eine Rückkampfklausel?
War doch eine Pflichtverteidigung.
Wäre der Kampf versteigert worden, hätte es so eine Klausel nicht gegeben. Allerdings hat man sich auf dies und jenes vertraglich geeinigt, bevor die WBO den Kampf "verlangt" hatte.
Hab 1000€ auf fury gesetzt der hatte vor der letzten runde eine 4 quote
Bitte bitte lass es einmal fair zugehen
Glückwunsch ... hätte nicht gedacht, dass irgendein Bookie bei dem Kampf Klitschko nach 11 Runden noch als Favorit auf den Sieg gesehen hätte.
Fury brauchte das Ding ja nurnoch über die Zeit schaukeln.
Klitschko war 11 Runden lang derart einfallslos, dass sein Sieg weitaus unwahrscheinlicher wirkte, als Andrade gegen Bute.