Ach was, nein. Bezüglich der Bewertung eines Boxers herrscht eben nicht so viel Uneinigkeit wie hier gerne mal behauptet wird.
Kommt darauf an. Bei einzelnen Kriterien herrscht ein erheblicher Dissenz.
Der Aufbruch in Psychowissenschaftliche Gefilde is überhaupt nicht nötig. Es ist alles viel unkomplizierter als es manche versuchen zu machen denn
nicht alles was man im Ring sieht und bewertet, unterliegt einer absolut subjektiven Grundhaltung (gerade nach Wlad-Fights tauchen diese "Erklärungsversuche" auffällig oft auf).
Ich wiederhole meine Vorwürfe: Mit solchen Behauptungen (schlecht = subjektiv und gut = fair) diskreditiert man jegliche Meinungen und Kompentenzen. Das sind für mich die klassischen KO-Argumente.
Da muss man m.E. die einzelnen Punkte differenzieren. Messbare Kriterien für eine Bewertung sind zweifelsfrei für sich genommen nicht subjektiv. Subjektiv ist oftmals die Auswahl dieser Kriterien und erst recht subjektiv sind die Schlüsse die man aus der Analyse der Ergebnisse zieht. Da ist für sich genommen nicht nach dem Schema schlecht = subjektiv und gut = fair zu bewerten. In Diskussionen wird aber oftmals eine Mischung aus vagen Behauptungen und subjektiver Bewertung nach persönlichen Definitionen durchaus objektiv messbarer Kriterien vorgenommen. Beispiel:
Was sind Nehmerfähigkeiten - was ist ein Granitkinn/was ein Glaskinn? Eine Umfrage hier im Forum mit der Bitte um eine Definition wurde eben kein einheitliches Bild abgeben. Selbst wenn man sich auf die Definition noch einigen könnte, gäbe es spätestens bei der Sachverhaltszuordnung erhebliche Unterschiede. Nimmt man Wladimir und seine Nehmerfähigkeiten und versucht diese anhand seiner bisherigen Karriere zu bewerten, dann müsste man zunächst einmal definieren, was darunter allgemeingültig zu verstehen ist oder wenigstens die eigene Definition mitliefern, damit die Aussage und die Definition bewertet werden können.
M.E. kann eine Analyse nicht zu brauchbaren Ergebnissen führen, die objektiv messbare Kritereien außer Acht lässt und rein mit subjektiven Eindrücken, oben drein auch noch ohne wirklichen Belegversuch operiert. Wenn ich mich also Wladimirs behaupteten Glaskinn nähere, dann sollte ich mich nach der Definition des Begriffs an die Suche nach objektiv überprüfbaren Kriterien begeben. Ein möglicher Ansatz wäre es die Zahl seiner Wackler und Bodenbesuche, die Zahl seiner erlittenen KOs in ein Verhältnis zur Gesamtzahl seiner Kämpfe, noch besser in ein Verhältnis zur Gesamtzahl der Kämpfe, in denen er Treffer am Kopf oder anderen KO-Zonen erhalten hat.
Genau eine solche Analyse erfolgt aber bei einigen Betrachtern nicht. Stattdessen gibt es den Analogie-Versuch "Er ist gegen Puritty durch den Ring geeiert, gegen Sanders ist er gekrabbelt, gegen Brewster nochmal und gegen Peter im ersten Kampf auch, u.a. gegen Wach hat er in einer Szene gewackelt = Glaskinn". Die Kämpfe, in denen er Treffer kassiert hat, ohne mit der Wimper zu zucken zählen nicht. Gegen Wach hat er nach dem Treffer in der Rundenpause anders aus der Wäsche geschaut, als bei Kampfbeginn = Panik. Wenn man sich durch Blickvergleiche zu Analysen des jeweiligen Gemütszustandes befähigt fühlt, wie erklärt man sich dann Corrie Sanders Leistung im Kampf gegen Wladimir, obwohl er zu Beginn des Kampfes Wladimir angeschaut hat wie das Kaninchen die Schlange, während Wladimir seinen üblichen "bösen Blick" drauf hatte? Es lassen sich letztlich einige Beispiele finden, dass solche subjektiven Blickanalysen in der Regel für die Tonne sind.
Insofern herrscht wenigstens in Teilen schon erhebliche Uneinigkeit.
Es geht auch nicht um die (immer unterstellte) suche nach dem Haar in der Suppe. Vielmehr ist es die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, wenn es darum geht, stärken zu finden, die die Behauptung rechtfertigen, dass Wladimir boxerisch zu all den Elitenboxern früherer Jahrzehnte gezählt werden kann.
Je nach dem, ob und was jemand auf seiner Agenda hat, sind m.E. beide Suchen zu entdecken.
Man einigt sich über stärken eines Boxers und schaut dann, wie er diese stärken bei maximaler Auslastung einsetzen kann. Für mich ist und bleibt das der beste weg, um einen Boxer zu bewerten.
Das subjektive und aussageschwache "Behauptungsgebäude" zeichnet sich mMn dadurch aus, dass man den tatsächlichen Fakten, willkürlich definierte bedeutungen beimisst, indem man bspw versucht, einen gemeinsamen Nenner zwischen Wladimir und Bowe zu finden, mit der Begründung, dass Wlad im Gegensatz zu Bowe sehr viel mehr gemieden hat und weniger getroffen wurde.
Wie gesagt, bevor man sich auf Stärken oder Schwächen eines Boxers einigen kann, muss man erst einmal Beides definieren. Wir unterhalten uns oftmals über Dinge, unter denen unterschiedliche Leute völlig unterschiedliche Dinge verstehen.
Und bei allem Respekt und aller gutmütigkeit........ Wach ist definitiv der falsche Mann, um den Wlad-Kritikern jetzt wieder
Uneinsichtigkeit vorzuwerfen.....
Ob man Wladimir-Kritikern nun Uneinsichtigkeit vorwirft oder Wladimir-Befürwortern kritiklose Lobhudelei - wichtig ist, dass eine Behauptung argumentativ belegt wird und diese Argumente sich nach Möglichkeit auf objektiv nachprüfbare Kriterien stützen, die man benennt. Wenn Uneinsichtigkeit vorgeworfen wird, dann ist die Frage zu stellen, worin die Uneinsichtigkeit bestehen soll und ob es Anhaltspunkte gibt, die diese Uneinsichtigkeit belegen oder ob nur bloße Behauptungen in den Raum gestellt werden. Möglicherweise sind diese objektiven Kriterien durchaus auch anhand eines Kampfes gegen Wach überprüfbar.
Davon völlig unabhängig ist das natürlich zulässige persönliche Empfinden eines Kampfes, was niemanden genommen werden kann und sollte. Problematisch wird es erst, wenn dieses subjektive Empfinden als einzige Wahrheit verkauft wird.