man kann ja WK kacke finden, aber das seine gegner handverlesen gewesen seien, ist natürlich absoluter blödsinn. wird natürlich noch lustiger, wenn man bedenkt das ein Fury Fan das rausgehauen hat
Zum Teil kann man diese "Handverlesen"-Beurteilung nachvollziehen, inhaltlich ist sie aber insgesamt eher falsch. Richtig ist, dass der Aufbau beider Klitschkos eher vorsichtig erfolgte, dass heißt, es gab viele Kämpfe gegen handverlesene Aufbaugegner - man stelle sich mal vor 24 Kämpfe in 2 Jahren bei W. Klitschko. Joshua hat am Anfang seiner Karriere 10 Kämpfe weniger im Aufbau, Fury 11 Kämpfe weniger, das neue "Supertalent" Itauma liegt noch etwas darunter, Usyk hat in den ersten 2 Jahren seiner Profi-Karriere sogar nur 8 Kämpfe bestritten. Kurzum: Klitschko fehlt schon im Aufbau die Intensität.
Unter den Boxerfans hat das kurzrundige Wegklatschen von böse guckenden Gegner Eindruck gemacht, bei Boxkennern gab es schon damals die Vermutung, dass der erste echte Prüfstein ("zäher Hund") die bereits erkennbaren Schwächen von W. Klitschko schonungslos offen legen würden. Der Prüfstein war dann Ross Puritty. Nicht das Puritty boxerisch etwas entgegen setzen konnte, aber er konnte viel nehmen und so Klitschkos unökonomische Boxweise offenlegen.
In der Folge gab es einen Wiederaufbau der ähnlich vorsichtig erfolgte bis zum EM-Kampf gegen Schulz, von dem von vorne herein klar war, dass er Klitschko liegen würde. Der WM-Kampf gegen Chris Byrd war völlig legitim, aber wurde als stinkend empfunden, weil es nicht zum Rückkampf gegen Puritty kam (Puritty hatte ein Angebot von Don Kohl abgelehnt) und Byrd, mit dem viele große Boxer Schwierigkeiten hatten, lag Klitschko und wurde deshalb als mau angesehen. Die krachende - nie ausgebügelte - Niederlage gegen Sanders und die spektakuläre Fehlleistung von Steward im Kampf gegen Lamon Brewster haben ein Übriges dazu beigetragen, dass Klitschko als Roboter, Mumienklatscher und Schönwetterboxer verspottet wurde.
Auf dem Weg zu Titelkämpfen und als Titelverteidigungen hat Klitschko die damals typischen Leute geboxt. Das damalige Schwergewicht war bereits im Nachklang der zweiten goldenen Ära mit Lewis, Holyfield, Bowe und Tyson. Es gab in der Breite relativ viele Boxer - auch noch aus den USA - aber die Spitze wurde von Lewis gebildet, der seinen Karriere-Höhepunkt später als Tyson, Bowe und Holyfield hatte. Man darf auch nicht vergessen, dass es keine Riyadh Season gab - früher wurden die Boxer der ersten Reihe und ein Unterbau von Contendern und Gatekeepern in einem Boxstall zusammengeführt und die Frage von Titelkämpfen ergab sich aus den Schmiergeldbeziehungen, die ein Promoter zu den Boxverbänden unterhielt (berüchtigt: Don King) und es gab keine übergeordnete Instanz, die alle mit ungeheuerlichen Geldsummen zugesch... hat und so Kämpfe bestimmen konnte. Die Größen der damaligen Szene sind sich eher aus dem Weg gegangen, das Risiko bei einer Niederlage erst mal weg vom Fenster zu sein, war einfach zu groß.
Was auch immer wieder durcheinander geworfen wird: freiwillige Verteidigungen und Pflichtverteidigungen. Schwache Contender kamen über Promotergeld für die Verbände an Titelkämpfe, in denen sie nichts zu suchen hatten. Ersatzgegner mussten einspringen, wenn verabredete Titelkämpfe platzten (Haye!).
Die wichtigsten Faktoren für die negative Beurteilung der Karriere und der geboxten Gegner hat Klitschko natürlich selbst gesetzt:
1. Der Weg in die Selbstperversion zur KO-Vermeidung nach der Brewster-Niederlage - leider wird der Klitschko bis zum Sanders-Kampf in den gleichen Topf geworfen oder dieser Karriereteil fällt unter den Tisch
2. Das unbeholfene öffentliche Auftreten und fehlende Charisma von Klitschko
3. Das Fehlen großer Namen im Kampfrekord in einer Nach-Ära (wofür Klitschko aber nichts kann)
4. Die üblen Tricks von Don Kohl bis zur Trennung wurden Klitschko zugerechnet
5. Die üblen Tricks von K2-Promotions und bloß nichts dem Zufall zu überlassen inkl. massiven Outmatching der ohnehin schon substanziell unterlegenen Gegner
Es gibt viel berechtigte Kritik an Klitschko, die Qualität der Gegner gehört in Anbetracht des Möglichen und der Art der Karriere (relativ viele Kämpfe) eher nicht dazu.