In Peking sind gestern die Olympischen Winterspiele zu Ende gegangen. Der britische TELEGRAPH fällt ein vernichtendes Urteil: „Tschüss und auf Nimmerwiedersehen den erbärmlichsten Olympischen Spielen von allen. China, die Uiguren, Walijewa und Putin – was ein ruhmreicher Teppich des Wintersports hätte werden sollen, war nur eine Aneinanderreihung von Skandalen.“
XINJING BAO aus Peking spricht dagegen von einem Erfolg auf vielen Ebenen: „In den vergangenen 17 Tagen hat China nicht nur sportlich seine bisherige Bestleistung bei den Winterspielen erzielt. Als Gastgeber hat sich China der Welt als ein Land mit neuen Selbstbewusstsein gezeigt. Gegenüber den Leistungen ist man gelassener geworden. Eine Medaille zu gewinnen ist schön. Doch verdienen nicht die Arbeit und der Fleiß dahinter noch mehr Respekt und Anerkennung? Darüber hinaus war das durchdachte Konzept von Erfolg gekrönt. Der Einsatz der hochmodernen Technologie, der Nachhaltigkeitsaspekt und die Umsetzung der strengen Coronamaßnahmen waren einzigartig. Die Eröffnungs- und Abschlussfeier haben zudem die romantische Seite der Chinesen zur Schau gestellt. Auf all dies kann man nur stolz sein“, heißt es in der chinesischen Zeitung XINJING BAO.
Die norwegische Zeitung VERDENS GANG moniert: „Während der gesamten Olympische Winterspiele in Peking haben wir nichts zum Thema Menschenrechte gehört. Die Journalisten saßen in ihrer Blase, und die Teilnehmer standen unter dem Dauerstress, nach einem positiven Corona-Test in Isolation zu landen. Da war es wenig verlockend, auch noch durch missliebige Äußerungen Reaktionen des Regimes zu riskieren. Folglich wurden die schwierigen Fragen weitgehend ausgeblendet, während die Scheinwerfer angeknipst waren. Leider hat sich das IOC als nützlicher Idiot im Dienste chinesischer Interessen präsentiert.
Hat IOC-Präsident Bach wirklich nicht verstanden, wie sehr er politisch missbraucht worden ist und wie peinlich sein Festhalten an der Behauptung ist, Sport habe nichts mit Politik zu tun?“ fragt VERDENS GANG aus Oslo.
THE AGE aus Australien ergänzt: „Die olympischen Organisatoren müssen lernen: Nichts zu tun ist nicht neutral. Es kommt einer Abdankung gleich. Das Internationale Olympische Komitee hat sich aus der Politik Chinas herausgehalten. Es hat ein Land, das zügelloser Menschenrechtsverletzungen beschuldigt wird, mit dem allerbequemsten Heimvorteil gestärkt: Einer Plattform, auf der man sagen und tun kann, was einem gefällt.“
LE FIGARO aus Paris gesteht der Organisation Erfolge im Gesundheitsschutz zu: „Präsident Xi hatte erklärt, dass er die Spiele zu einem Symbol für die Wirksamkeit seines Kampfes gegen die Corona-Pandemie machen wolle. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Mit mehr als 65.000 täglichen Abstrichen aller Teilnehmer der Spiele hat China sein Können in diesem Bereich unter Beweis gestellt. Vergeblich haben wir dagegen nach einem Funken der Begeisterung auf den Zuschauertribünen Ausschau gehalten. Das handverlesene Publikum hatte oft nicht die das nötige Wissen, um die sportlichen Leistungen wirklich zu würdigen. Wenn die Emotionen hochkochten, dann eher im Kontext dieser ungewöhnlichen Olympischen Spiele oder bei den Athleten selbst“, notiert die französische Zeitung
LE FIGARO.
Die österreichische Zeitung
DIE PRESSE fordert Reformen: „Die olympische Bewegung braucht einen Reset. Das IOC aber kann ihn nicht leisten. Seinen moralischen Kompass hat es längst über Bord geworfen, Peking und der Alltag in der Coronablase haben vor Augen geführt, wie sehr es seinem Gastgeber ausgeliefert war. Nur die wahren Machthaber können dank ihrer Scheckbücher eingreifen: die Sponsoren und der mächtige Olympia-Broadcaster NBC. Zumindest was die Gastgeber angeht, ist ein wenig Hoffnung angebracht. Die olympische Fackel zieht weiter nach Paris, Mailand/Cortina, Los Angeles und Brisbane. Das dunkle Olympia-Kapitel von Sotschi 2014 (russisches Staatsdoping), Pyeongchang 2018 (unwürdige Kulisse in der Ski-Provinz) und Peking 2022 (Propaganda-Show in der Coronablase) scheint beendet, die Chance für den Neuanfang muss genutzt werden“, unterstreicht
DIE PRESSE aus Wien.
Die ungarische Zeitung NEPSZAVA fragt sich, wie die Öffentlichkeitsarbeit für die Olympischen Spiele in Zukunft aussehen könnte: „Das IOC führt einen immer aussichtsloseren Kampf, um Aufmerksamkeit für die Spiele zu generieren. Dieser gestaltet sich umso schwieriger, als ein paar alte Herren herauszufinden versuchen, was junge Leute begeistern könnte. Die sehen allerdings kein Fernsehen mehr, so dass das IOC vergebens Fernsehrechte für astronomische Summen verkauft. Vergeblich kreiert man immer mehr neue Sportarten – aber das Internet lockt jede Minute mit ähnlichen Attraktionen. Dort finden sich massenhaft interessante Videos, gegen die die olympischen Wettkampfnummern verblassen“, bemerkt NEPSZAVA aus Budapest, und damit endet die Presseschau.