Es gibt ein paar Sachen, auf die ist Verlass, wenn Mitte Mai der Vorhang für die Premier League fällt. Fußball-Europa bereitet sich auf das CL-Finale vor, die Spieler gehen in den Urlaub ... und der FC Watford beginnt die Suche nach einem neuen Trainer. Gianfranco Zola war 2013 der letzte Watford-Trainer, der einen Sommer unbeschadet überstehen konnte - seinen Nachfolgern Giuseppe Sannino, Slavisa Jokanovic, Quique Flores und Walter Mazzarri erging es nicht so gut. Dass man dazwischen mit Oscar Garcia und Billy McKinlay auch noch zwei weitere Trainer "verheizt" hat, verwundert da nicht wirklich.
Auch anno 2017 hat die Familie Pozzo den Trainer wieder gewechselt. Unter Walter Mazzarri war der Verein zwar nie wirklich in Abstiegsgefahr, aber unter anderem Mazzarris Weigerung, Englisch zu lernen, sorgte sowohl bei der Mannschaft als auch bei den Fans früh für Unmut. Wirklich warm sind sie an der Vicarage Road mit dem Italiener nie geworden, und da der bloße Klassenerhalt schon bei Vorgänger Quique Flores nicht gut genug war, stand seine Ablöse im Prinzip schon Wochen vor Saisonende fest. Letzte Zweifel wurden ausgeräumt, als man nach dem fixen Klassenerhalt die letzten 5 Spiele verlor und von Platz 10 noch auf Platz 17 abrutschte.
Nachdem man unter anderem Roger Schmidt in Erwägung zog, kürte man schließlich den Portugiesen Marco Silva als zwölften Watford-Trainer in neun Jahren. Und vom 40-Jährigen erwartet man einiges, schließlich lieferte er bei Hull wirklich gute Arbeit ab. Mit ihm auf der Trainerbank visiert man bei Watford nun wohl die Top 10 an. Auf dem Transfermarkt bevorzugt man bei Watford in diesem Sommer vor allem englische Mittelfeldspieler: für das Trio Tom Cleverley, Will Hughes und Nathaniel Chalobah gab man rund 25 Millionen Euro aus. Zudem holte man den spanischen Rechtsverteidiger Kiko Femenia von Alaves. Die Abgänge sind überschaubar, denn mit Sven Kums, Steven Berghuis, Mario Suarez und Uche Agbo hat man in erster Linie Spieler abgegeben, die man letzte Saison bereits verliehen hatte. Gut möglich, dass sich transfertechnisch noch was tut, denn in der Abwehr (IV, LV) und auf dem Flügel hätte man durchaus noch Bedarf.
Zugänge:
Tom Cleverley (Everton), Nathaniel Chalobah (Chelsea), Will Hughes (Derby), Kiko Femenia (Alaves), Daniel Bachmann (Stoke)
Abgänge:
Steven Berghuis (Feyenoord), Sven Kums (Anderlecht), Uche Agbo (Standard Lüttich), Mario Suarez (Hengfeng Zhicheng), Rene Gilmartin (Colchester), Mathias Ranegie
Manager: Marco Silva
Nachdem der 40-jährige Portugiese bereits für Estoril Praia, Sporting Lissabon und Olympiakos Piräus gearbeitet hatte, heuerte er im Januar 2017 bei Hull City an. Die Tigers lagen zu diesem Zeitpunkt auf dem letzten Platz, und angesichts der miesen Rahmenbedingungen konnte man auch unter Silva keine große Verbesserung erwarten. Doch Silva leistete wirklich gute Arbeit, unter anderem gab es Siege gegen Liverpool und West Ham und das Team präsentierte sich generell stärker als unter dem glücklosen Vorgänger Mike Phelan. Für den Klassenerhalt sollte es dennoch nicht reichen, aber Silva holte in 18 Spielen immerhin 21 Punkte, was über eine volle Saison gerechnet 44 Punkte und den klaren Klassenerhalt bedeuten würde. Das blieb auch den Teams nicht verborgen, und so war Silva unter anderem auch beim FC Porto im Gespräch. Bei den Hornets hofft man nun endlich auf Stabilität, und darauf, dass Silvas Punkteschnitt bei Hull kein Zufall war.
Players to watch: Will Hughes & Nathaniel Chalobah
Ich konnte mich hier nicht entscheiden ... und im Endeffekt gilt für beide eh Ähnliches: beide neu im Watford-Mittelfeld, beide 22 Jahre alt und beide schon Veteranen in den diversen U-Nationalteams. Hughes verbrachte seine ganze Profikarriere bisher bei Derby County in der Championship und ist längst überfällig für den nächsten Karriereschritt; Chalobah brachte es bisher auf unfassbare 97 U-Länderspiele (darunter bislang 40 für die U21), konnte sich bei Chelsea aber nie durchsetzen. Nun haben sie beide die Chance, in der Premier League auf sich aufmerksam zu machen. Konkurrenz gibts genug (Capoue, Cleverley, Doucoure, Behrami, Pereyra), dementsprechend wird man jetzt sehen, aus welchem Holz diese "ewigen Talente" wirklich geschnitzt sind.
Prognose: 14.
Große Sprünge erwarte ich auch in dieser Saison nicht, aber zumindest ist das Team für mich ein bisschen interessanter geworden. Silva könnte ein Upgrade auf der Trainerbank sein und die Verstärkungen im Mittelfeld machen Sinn. Mit ein oder zwei weiteren punktuellen Verstärkungen könnte man sich eher in Richtung Top 10 orientieren als in Richtung Abstieg.