Aus Interesse: wie sieht diese Philosophie aus?
Der Fußball unter Zidane wurde oft mit dem von Ancelotti verglichen, vor allem mit dem der Hinrunde der zweiten Saison. Sicher, weil unter Carlo der Fußball gegen tiefstehende Gegner besser war als noch unter Mourinho, vor allem unter Mourinhos dritter Saison. Außerdem hatte man eine außerordentliche Inspiration während der Siegesserie, wodurch sich wirklich schöner Fußball entwickelt hat. Außerdem hat der Italiener selbstverständlich einen geringeren Rhythmus vorgegeben als Mob, wodurch man in Madrid ein mehr auf Ballbesitz fokussierten Spielstil sah. Aber Ancelotti war ein Pragmatiker und Real Madrid eine Mannschaft, die sich auf die Probleme einstellte, vor denen die Gegner sie stellte. Wenn der Gegner den Ball wollte, hatte Real Madrid kein Problem damit sich zurückfallen zu lassen und mit BBC zu kontern. Man war dabei nur nicht so gut wie in den Jahren zuvor, weil man auch einen absoluten Spezialisten für diese Situationen verloren hatte.
Und hier kommt der Unterschied zu Zidane. Zidanes Mannschaft will und braucht immer den Ball, so wie Real Madrid ihn nie vorher gewollt und gebraucht hat. Zidane will ein über Kurzpassspiel geordneten Aufbau mit vielen Pässen nach hinten und Verlagerungen, um so die Mannschaftsteile auf der gegnerischen Hälfte zu sammeln. Es ist eine radikale Philosophie ala Barcelona, Bayern, PSG usw. Und da ist es kein Wunder, dass Kroos, der der konstanteste Spieler bisher unter Zizou war, wieder zur zentralen Figur wurde. Auch nicht überraschend, wenn man sich die Aussagen des Franzosen über den Spieler im Interview bei Sportbild erinnert. Ich habe jetzt diese Passage gefunden, aber ich meine das ging sogar noch weiter.
„Seit er bei Real ist, hat sich das Spiel verändert“, findet „Zizou“:
„Wir wussten, dass er den deutschen Fußball gewohnt und der spanische ein ganz anderer ist, bei dem es auch auf die Schönheit ankommt – gerade bei Real. Aber er hat diesen Stil sofort adaptiert. Man glaubt mittlerweile kaum noch, dass Toni ein Deutscher ist (lacht)
.“ Dass Kroos eine Ära mit prägen kann, traut der dreimalige Weltfußballer ihm definitiv zu:
„Dafür haben wir ihn ja geholt. Wir lieben ihn. Er war lange bei Bayern – und wir hoffen, dass er noch länger bei Real bleibt. Toni ist genau der Spieler, der uns noch gefehlt hat. Er ist perfekt für Real.“
Die Idee wurde von der Mannschaft angenommen, was eine sehr gute Nachricht ist vor allem weil das von Tag 1 ersichtlich wurde, aber ist natürlich noch nicht in ihrer DNA. Wenn die Gegner pressen, dann gibt es Spieler, die zweifeln. Und taktisch sind die Spieler nicht vorbereitet, um die schwierigsten Hindernisse zu überwinden. Die Aufteilung im Spielaufbau z.B. ist alles andere als optimal. Genau so wie sie keine völlige Klarheit haben, wie sie dann im letzten Drittel gegen gut organisierte Gegner zu Chancen kommen sollen, aber weil die Mannschaft nicht völlig auseinander gebrochen ist, wenn sie man diese Zone erreichen, dann müssen sie nicht einfach flanken, wie noch unter Benitez. Es sei denn der Zwischenstand nagt an ihnen, wie gesagt, in der DNA ist das Spiel noch nicht verankert. Und dies alles, plus dass man absolut kopflos ist, wenn man den Ball nicht hat und verteidigen muss, sorgt dafür, dass Real Madrid gut und gerne gegen Mannschaften, die auf dem Papier klar schwächer aufgestellt sind, patzen kann. Aber weitergeführt, hat man auch theoretisch ein größeres Potenzial als die Mannschaft unter Ancelotti und vor allem unter Benitez.