Also mal grundsätzlich, gerade an einem Platz der Diskussion ist die Sprache ein Mittel der Verständigung, und nicht Selbstdarstellung. Sorry aber dein Posting ist so verfasst, dass man es wirklich mehrfach lesen musste, um überhaupt die Intention zu erkennen. Es ist nur eine nett gemeinte Anregung.
Die Motivation meinerseits war mitnichten, etwas zu schreiben, was für viele unverständlich ist, um mich dadurch selbst darzustellen. Allein die Idee, auf diese Art und Weise in einem Forum aufzutreten, halte ich persönlich für absurd. Erkennbar mag das daran sein, dass ich in der Folge problemlos diesen Beitrag auf Nachfrage noch mal erläuterte.
Meine grundsätzliche Intention war auch weniger die Anregung einer Diskussion, sondern die Darstellung meiner Meinung zu dem verlinkten Artikel und in dem Zusammenhang dann auch zu denjenigen, die nach x-facher Nennung des Lokführers als ein Unbeteiligter, der nun sehr wahrscheinlich durch das Geschehene traumatisiert ist, sich noch mal dazu berufen fühlten, Enke anzugreifen, obwohl NIEMAND in diesem Thread zuvor den Hinweis auf den Lokführer als Unsinn oder dergleichen abgetan hat. Soweit ich das überblickte, gab es eben keine unreflektierten Bemerkungen zum Schicksal des Lokführers (oder auch anderer eigentlich Unbeteiligter). Dennoch wurde versucht, diejenigen, die hier ihren Schock und die Trauer, die sich durch den Tod Enkes ergeben/ergaben, und Enke selbst zu diskreditieren.
Dieses habe ich aber in Folgebeiträgen schon erklärt, die auch Du hättest lesen können.
Wo ich bei der Darstellung Probleme hatte, kann ich den Inhalt überhaupt nicht nachvollziehen. Du sprichst ja den Menschen sozusagen die Fähigkeit ab, sich um das Gemeinwohl zu sorgen.
Im Durchschnitt, ja, individuell gibt es sicherlich Ausnahmen, aber die Basis unserer Gesellschaft (auch in der Lehre) ist nun mal der Homo oeconomicus, der sich nur aus Eigeninteresse soziale Bindungen eingeht. In diesem Thread wurde das am Beispiel der sozialen Netzwerke auch angesprochen, die vornehmlich dem Zweck dienen, Kontakte aufrechtzuerhalten, da sie später noch mal in irgendeiner Weise wirtschaftlichen Nutzen haben könnten.
Dass hier Leute sich selbst durch ihre Sympathie für Enke (der im übrigen scheinbar ein sehr netter Kerl war) blenden lassen, ist für mich kein Problem. Ich finde darüber kann man in der Stunde der Trauer hinwegsehen.
Ich finde es erstaunlich, dass Du Deinen Beitrag mit dem Vorwurf der Selbstdarstellung beginnst, um Dich anschliessend selbst als besseres Beispiel zu präsentieren, als jemanden, der sich eben nicht blenden lässt. Auch das ist eine Eigenart, die sich in der heutigen Gesellschaft etabliert hat. Anderen etwas abzusprechen, wozu man selbst in der Lage sei.
Meine Mutter ist selbst Nervenheilarzt, und die ganze aktuelle Entwicklung ist für sie und andere Kollegen sehr beunruhigend.
Uh, das macht Dich genau zu was?
Die extrem ausgeprägte Teilnahme an diesem Fall, wirkt sich alles andere als positiv aus. Man muss sich vorstellen, dass Suizidgefährdete meistens sehr isoliert, nicht erfolgreich sind. In den Phasen vor dem Freitod, verschiebt sich das Leben in eine "Parallelwelt" bzw eher das Sterben. So machen sich Gefährdete große Gedanken darüber ob ihr Tod wenigstens Beachtung findet, ob sie evtl. der Gesellschaft, die einen nicht versteht, noch Sorgen bereiten können.
Alles richtig, und darauf sollte auch in entsprechender Art und Weise hingewiesen werden. Deshalb ist auch das Glorifizieren/Heroisieren Enkes Suizids ein absolutes No-Go. Das sollte in den Medien auch so transportiert werden.
Der Freitod eines eher unbekannten Menschens wird auch gesellschaftlich keineswegs eine solche Beachtung finden, daher halte ich die Befürchtung allgemein für übertrieben.
Zwei Fälle, die auch die beiden Risikogruppen gut abbilden: alleinstehender Mann, geschieden, keine Kinder oder kaum Bindung, will mit seinen Tod Ex-Frau bestrafen. Oder ein Jugendlicher, der Aufmerksamkeit von den Eltern braucht und sie dadurch bestrafen will (soziale Ächtung, "Rabeneltern" etc).
Beide Fälle haben nun aber auch nichts mit dem Suizid Enkes gemein. Weder gibt es eine Ex-Frau, der Enke hier Schaden zufügen wollte (aus der PK war gar zu entnehmen, dass er sowohl seine Frau als auch den Arzt in seinem Abschiedsbrief von jeglichen Schuldgefühlen befreien wollte), noch werden die Eltern Enkes gesellschaftlich geächtet. Deine Beispiele eigenen sich nun keineswegs dafür, eine Berichterstattung über das Thema zu unterbinden oder als massiv gefährlich einzustufen.
Allerdings verkennt eine eingeschränkte Sicht auf die negativen Folgen einer Berichterstattung die Chance, die sich hierbei für einen offeneren Umgang mit psychisch kranken Menschen ergibt. Und dabei geht es nicht um eine mögliche ausgebreitete öffentliche Diskussion über spezielle Personen (wie im Falle Deisler), sondern darum, dass es im Umfeld des Erkrankten möglich ist, es zu akzeptieren und denjenigen nicht noch in schwierigere Situationen zu zwingen. Enke beispielsweise lehnte wohl eine stationäre Behandlung ab, da er wohl dadurch ein Bekanntwerden seiner Krankheit befürchtete, das als Folge Jobverlust und das Wegnehmen seiner Adoptivtochter bedeuten könnte. Diese Ängste sind durch den gesellschaftlichen Umgang mit Depressionen geschürrt. Hierbei besteht nun die Chance, dass Menschen, die Hilfe benötigen, diese auch annehmen, ohne gesellschaftlich dafür geächtet zu werden.
Natürlich geht es nicht bei allen so, aber diese massive und (unkritische) Teilnahme, könnte Menschen in ihrem Handeln bestärken. Gerade wenn man bedenkt dass es sich bei Enke um ein Vorbild handelt. Bei allen Mitgefühl fehlt einfach mal der Tenor "der Mann hatte Probleme, aber er hat falsch gehandelt und dabei auch vielen Leuten geschadet".
Ist das denn der Fall oder doch nur Deine Sichtweise, da Du das genau so sehen willst? Wenn ich mir Deinen Beitrag so durchlesen, bekomme ich den Eindruck, dass Du Dich persönlich gern in der Rolle des reflektiert denkenden Menschen siehst, was andere aus Deiner Sicht eben nicht können. Dadurch wird auch die Wahrnehmung verstärkt, dass hierbei grundsätzlich unkritisch dem Toten gedacht wird. Murphys Beitrag ist ebenso ein Beispiel dafür, worauf reg31 schon eine entsprechende Antwort gegeben hat.
Nichtsdestotrotz hast Du Recht, dass deutlich gemacht werden muss, dass Enkes Handeln der falsche Weg war. Es muss betroffenen Menschen der Mut gemacht werden, entsprechende Hilfe anzunehmen. Dafür muss aber auch der gesellschaftliche Umgang mit psychisch kranken Menschen geändert werden.
Problematisch daran ist doch vor allen Dingen, dass jeder glaubt, irgendwie das Krankheitsbild zu verstehen. Denn jeder hatte selbst schon mal irgendwelche Probleme und eine Psyche hat man ja auch irgendwie. Aus eigener Erfahrung wird dann die Krankheit an sich kleingeredet. Aussagen wie "Das schaffst Du schon..." oder "Reiß Dich mal zusammen..." spiegeln das zumeist sehr gut wider. Eine öffentliche Diskussion über Depressionen, eine bessere Darstellung des Krankheitsbildes und der Heilungschancen, auch die Hilfestellung für den Umgang mit Depressiven ist hierbei sinnvoll.
Da ist die Lokführer-Diskussion auch überhaupt nicht überflüssig, sondern notwendig.
Nein, eine Diskussion dazu ist nicht überflüssig, allerdings ist es überflüssig, das als Scheinargument einführen zu wollen, um damit seine unsachlichen Kommentare zu rechtfertigen. Genau das habe ich angeprangert, nicht eine Diskussion an sich.
Das ist immer auch eine sehr subjektive Wahrnehmung, und die Frage muss wohl jeder selber beantworten. Wenn wir darüber reden, kann es irgendwie kein Tabuthema sein. Ich meine wenn ich eine schwere Krankheit hätte, würde ich es auch nicht wollen dass dies öffentlich diskutiert wird. Von daher verstehe ich nicht warum man sich so sehr daran aufhängt, dass er die mediale Aufmerksamkeit nicht wollte. Ich bin eher der Meinung, dass wir bei öffentlichen Personen einfach zuviel wissen müssen. Genauso im Thread zu "Homosexualität im Fußball". Juckt mich ehrlich gesagt nicht wer wen pimpert.
Ich glaube, besser kannst Du gar nicht mehr darstellen, dass Du überhaupt nicht so richtig verstanden hast, was mit einer Forderung nach Enttabuisierung des Thema gemeint ist. Damit ist keine öffentliche Zurschaustellung betroffener Personen gemeint, sondern die Forderung danach, den Umgang mit Depressiven innerhalb der Gesellschaft zu ändern.
Wenn ich mir jetzt die Folgediskussionen anschauen, kann ich aber meine Hoffnung dahingehend fast schon wieder begraben. Denn es wird auf Teilbereiche, wie dem Profifussball, geschaut, um eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu umgehen. Der Fussball ist Teil unserer Gesellschaft, in der ein Herabwürdigen von Schwächeren nicht nur toleriert sondern gar akzeptiert wird. Allein die absurde Schuldsuche bei Einzelpersonen aus dem Profifussball zeigt deutlich, dass eben nicht verstanden wird, dass eben jener Profifussball nicht ausserhalb der Gesellschaft stattfindet.
Und worüber diskutieren wir hier denn bitte? Und was war der Antrieb dazu? Wird das Thema Depressionen anders diskutiert momentan, als noch vor dem Suizid Enkes?
Ich finde es beispielsweise gut, dass bei spiegel.de sofort in dem Zusammenhang Artikel zum Thema Depressionen zu finden sind. Mehr Aufklärungsarbeit diesbezüglich kann mitunter helfen, Menschen, die an etwaigen Symptomen leiden, dazu zu bewegen, entsprechende Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auch die dargestellten Ängste Enkes können Fussballfans dazu bewegen, ihr Auftreten in Stadien und im Umgang mit Fussballern zu überdenken. Wir reden hier immerhin über jemanden, dessen Chancen, als #1 im Tor zu einer Fussball-WM zu fahren, sehr groß waren, der Kapitän eines Bundesligisten war und allgemein nicht mal unbeliebt. Ein solcher Mensch hatte mehr Angst vor den Folgen eines möglichen Bekanntwerdens seines Leidens, als sich vor einen Zug zu schmeissen. So zynisch das klingen mag, aber ich halte das zumindest für eine Chance, das Thema Depression gesamtgesellschaftlich besser anzugehen.
Also nicht alles was man in der Öffentlichkeit nicht ausbreitet, ist ein Tabuthema. In der Bundesliga haben ja auch die meisten Vereine Psychologen eingestellt, und auch viele Einzelsportler arbeiten damit. Wenn man die Hilfe dann nicht annimmt, kann auch nicht geholfen werden.
Bombe hat schon geschrieben, dass Du hier einem Irrglauben aufgesessen bist. Zudem verschliesst Du Dich völlig dem Grund, warum Enke die angebotene Hilfe ablehnte. Eine grundsätzliche Hilfe hatte er ja in Anspruch genommen. Nur erscheint es so, dass der Zwang zur Verheimlichung, und dabei meine ich nicht vor der breiten Öffentlichkeit, sondern gar vor Bekannten und Trainern, Mitspielern, etc., die Situation zusätzlich erschwerte. Es geht dabei nicht nur um das Angebot zur Hilfe, sondern auch um den Umgang mit dem Betroffenen, wenn er die Hilfe annimmt.