Ich habe es inzwischen auch geschafft, dass Buch komplett durchzulesen. Habe es allerdings zwischendurch immer mal wieder weglegen müssen, da ich mich in den Abschlussprüfungen an der Uni befand und diverse Kapitel mich zu heftig abgelenkt hätten.
Mein Fazit:
Pflichtkauf für jeden Menschen, der irgendwie am Fussball oder der Person Robert Enke interessiert ist. Für Leute, die das Buch lesen wollen ausschließlich aufgrund des Themas Depression, da wüsste ich nicht, ob es nicht vielleicht besser ist sich irgendwelche Fachliteratur zu beschaffen. Kann ich aber in dem Fall nicht beurteilen.
Die Spieler mit denen der Autor über den Fussball und/oder Enke gesprochen haben, haben wirklich Details bekanntgegeben, die mir in den 18 Jahren, in denen ich Fussball jetzt irgendwie aktiv verfolge, vollkommen unbekannt waren. Sie haben sich Reng tatsächlich sehr geöffnet. Dabei hat Reng wahrscheinlich vieles nichtmal niedergeschrieben. Bei diversen Passagen - wie über die anderen Torhüter, die die Showspielweise von Tim Wiese kritisieren - werden ja auch die Namen der Spieler anonymisiert, aber es ist wohl wahrscheinlich, dass damit Enke, Adler, Hildebrandt gemeint sein könnten.
In dem Buch wird deutlich, was es für unterschiedliche Spielertypen in der Fussballwelt gibt und wie sich das auf eine Mannschaft und das Training auswirkt. Beispiele im Buch sind dabei Effenberg, Kamps, Tarnat etc...
Extrem interessant sind natürlich die Passagen über Frank de Boer, Frans Hoeck und van Gaal, wobei über letzteren leider wenig geschrieben wird. Auch die Äußerungen von Victor Valdes und seine Einstellung und Entwicklung zum Sport, zu Barca und den Trainern ist sehr lesenswert.
Ebenso die Entwicklung zwischen Adler und Enke (auch auf persönlicher Ebene), Enkes Anruf bei Sven Ulreich nachdem Veh ihn öffentlich kritisiert hatte und viele andere Geschichten entwerfen ein sehr detailliertes Bild (trotzdem sind es natürlich nur kleine Ausschnitte) von dem Fussballsport in Deutschland. Gerade weil ja Leute wie Adler oder Ulreich sagen, wie unpersönlich es doch sogar im eigenen Verein zugeht und das Enke da scheinbar eine der großen Ausnahmen war.
Für Fans von 96 sind natürlich die Details über die Entwicklung der Stimmung im Team, das Verhältnis von Enke zu den Mitspielern etc. sehr aufschlussreich.
Über die Kapitel, die sich mit der Depression beschäftigen, möchte ich nichts schreiben, außer, dass es im Nachhinein unglaublich für einen laienhaften Beobachter wie mich wirkt, was Enke da auf dem Feld noch geleistet hat. Diese Kapitel haben mich sehr traurig gemacht und waren schwer zu lesen, auch wenn ich den Menschen Enke ja überhaupt nicht kannte.
Es ist ein Buch, was die Brüche, Widersprüche und Ungewöhnlichkeiten in Enkes Leben deutlich werden lässt.
Das Buch führt den Weg weiter, den ja schon Teresa Enke mit der Pressekonferenz über das Thema Depression einschlug. Daher ist alleine schon die Idee mMn positiv zu werten. Und nicht eine Art von billiger Geldmacherei.
Das dabei auch etliche lustige, fröhliche Passagen sowie viele Details aus der Welt des Fussballs enthalten sind, macht das Buch mehr als lesbar. Teilweise wird es dadurch auch zu einer Achterbahn der Gefühle für den Leser. Man sollte auf keinen Fall ein Buch erwarten, welches eine negative Grundtendenz auf mehr als 420 Seiten hat. Enkes Leben war ja auch nicht ausschließlich traurig und genau der Spagat gelingt Reng.
Und abschließend:
Immerhin hat das Buch für mich jetzt bewirkt, dass ich den Rene Adler ganz anders einschätzen kann. Mich hat damals nämlich auch (habe ich hier ja auch öfter kund getan) dieser vollkommen übertriebene Medienhype um Adler genervt, der besonders von der Boulevardpresse geschürt wurde und auf den ja auch im Forum viele aufgesprungen sind und dabei die jahrelange Spitzenklasse Enkes vollkommen vergessen hatten. Adlers Aussage, dass die Medien ihn im Vergleich zu Enke mehr pushten, besser bewerteten etc., zeugt von viel Mut und auch einer besonderen Auffassungsgabe und Selbstreflexion. Habe ich dem Rene Adler aber mal sowas von Unrecht getan.
Edit: Ähnliches gilt sicherlich auch für etliche Fussballanhänger von Hannover 96, die ihre Sicht auf Hanno Balitsch nach dem Buch sicherlich nochmal überdenken werden. Diese blöden Vorwürfe von wegen der Balitsch isn Stinkstiefel, meckert nur etc... waren damals schon vollkommen fehl am Platz und sind es nach der Lektüre noch viel mehr.