Aus meiner Sicht hat er sich gestern zum Beispiel viel zu selten getraut ans Netz zu gehen, nachdem ihm da 2,3 Volleys nicht geglückt sind. Und dann spielt er halt statt einem Volleywinner (oder auch Mal Fehler) noch 5-6 weitere Grundschläge inklusive Laufarbeit. Vor allem wenn die Vorhand bei ihm wackelt, müsste er mMn bei guten Vorbereitungen öfter ans Netz durchziehen.
Schenkt ihm de Minaur gestern nicht mehr oder weniger Satz 2 werden das wieder 4-5 h Tennis in der Nacht. Das kann nicht zielführend sein.
Ich fand auch, dass Zverev gestern nicht überragend gespielt hat, aber in gewisser Weise ist das auch eine Stärke, wenn man dann am Ende trotzdem gewinnt.
Was mich bei Zverev schon beeindruckt, ist, dass er inzwischen im Match "einfach nur weiterspielt", egal, ob er einen schlechten Tag hat, oder der Gegner einen besonders guten.
Im Prinzip hätte De Minaur gestern den zweiten Satz gewinnen müssen. Er hatte Satzball und dann später ein 4:0 im Tie-Break, das muss eigentlich ausreichen. Zverev hat aber nicht, wie man das dann oft bei verzweifelten Spielern sieht, in schwieriger Lage den schnellen direkten Punkt gesucht, sondern einfach nur mit Länge weitergespielt und nur dann angegriffen, wenn es eine wirklich offensichtliche und leichte Gelegenheit gab. De Minaur hat hingegen immer wieder überpaced und falsche Entscheidungen getroffen, als es um die Wurst ging. Das war aber nur möglich, weil Zverev ihm die Gelegenheit dazu gegeben hat. Weil er ihm gezeigt hat, dass es keine einfachen Weihnachtsgeschenke gibt und De Minaur schon selber Lösungen finden muss, um die Big Points zu machen. Am Ende des zweiten Satzes hab ich erst gedacht, dass De Minaur völlig sinnlos seinen Vorteil mit Unforced Errors herschenkt, er hat aber auch Druck gehabt, da Zverev klar signalisiert hat, dass er jetzt kein Risiko mehr geht und De Minaur sich die letzten Punkte schon selber erarbeiten muss.
Wie oft hat man bei Nadal oder Djokovic gesehen, dass sie einen Satz gewinnen, obwohl der Gegner eigentlich besser gespielt hat? Das macht die Champions aus. Zverev war früher auch einer von denen, der die Schlappohren hat hängen und einfach hat abreissen lasssen, wenn es nicht lief. Er hat meist nur gewonnen, wenn er der klar bessere Spieler war. Das ist jetzt nicht mehr so und das hat natürlich auch einen langfristigen Effekt, wenn der Gegner weiss, dass man nur durch konzentrierte harte Arbeit gewinnt und nicht, in dem man den "Breaking Point" des Gegners erreicht, ab dem es dann von selber läuft. Im Prinzip hat Zverev es jetzt immer wieder geschafft, so lange im Match zu bleiben, bis auch gut mitspielende Gegner irgendwann nicht mehr ihr Niveau halten konnten.
Ganz ehrlich, ich hätte Zverev so eine Entwicklung gar nicht zugetraut, da er mir vom Temperament ursrpünglich eher einer zu sein schien, der mit seinen Waffen dominieren will, eine niedrige Frustrationstoleranz hat und dem es gar nicht gefällt, wenn der Gegner zäh dagegenhält. Ich kann mich noch erinnern, wie zähe, solide Handwerker ala Coric ihn in den Wahnsinn treiben konnten. Die mussten nur im Match bleiben, bis er fertig mit den Nerven war. Jetzt ist er selber zäh und dazu noch mit echten Waffen ausgestattet. Macht keinen Spass gegen so jemanden zu spielen.