Wie sieht es aus Deiner Sicht generell mit Sanktionen gegen Russland aus? Haben die einen "Effekt auf den Krieg" oder eher nicht? Und wenn nicht, sollte man dann generell keinerlei Sanktionen gegen Russland erheben? Und wenn ja, warum ist es berechtigt, dass die russische Rentnerin in Kasan davon betroffen ist, aber der russische Tennisspieler, der sowieso schon ein privilegiertes Leben führt, sollte möglichst nicht davon betroffen sein?
Ich halte die Sanktionen eher für Aktionismus und Symbolpolitik, und das hat ja in gewisser Weise seine Berechtigung, damit die Ukrainer Solidarität spüren. Das kann und sollte man gerne machen, wenn es zumindest einen gewissen Sinn ergibt. Im Sport unterstütze ich das bei den Nationalmannschaften absolut, auch im Tennis beim Davis Cup etc. - Nationalmannschaften repräsentieren eben tatsächlich das Land. Einzelsportler treten dagegen in erster Linie für sich selbst an, das geht mir einfach zu weit für ein reines Symbol ohne realistische Hoffnung auf einen konkreten Effekt.
Ist off topic, aber da danach gefragt wurde:
Bei den wirtschaftlichen Sanktionen kommt es für mich darauf an, dass man mit den Sanktionen Putin auch direkt treffen kann. Das ist natürlich schwierig, weil der ein isolierter und schwerreicher Diktator ist, der die russischen Medien kontrolliert. Man mag ihn insofern treffen, dass Sanktionen im wirtschaftlichen Bereich (gerade Energie) sein Vermögen reduzieren, und Multimilliardäre dafür bekannt sind, dass sie das stört, auch wenn es eigentlich keinen Einfluss auf ihr Leben hat. Aber genug, dass es ihn in von seinem Wahn abbringt, die Ukraine "Heim ins Reich" holen zu wollen? Da war und ist meine Zuversicht sehr gering. Falls wirklich berechtigte Hoffnung darauf bestünde, dass man den russischen Staat so ruinieren kann, dass sie die Soldaten nicht mehr bezahlen können und diese dann massenhaft desertieren, wäre es etwas anderes. Aber wie soll das gehen, so lange etwa China sich niemals beteiligen wird?
Dass man mit Sanktionen die russische Bevölkerung so in die Verzweiflung treiben kann, dass sie Putin stürzen, glaube ich absolut nicht, das verhindert alleine schon die staatliche Propagandamaschine und die berechtigte Angst derer, die ihn überhaupt stürzen wollen, vor den persönlichen Konsequenzen. Wirklich effektiv sind insofern wohl in erster Linie Waffenlieferungen, da halte ich die Haltung der SPD deshalb auch für peinlich bis skandalös. Was Putin versteht, ist militärische Stärke, und da gilt es, die Ukrainer mit allem zu unterstützen, was irgendwie möglich ist, das sehe ich letztlich als einzige realistische Möglichkeit, den Krieg zu stoppen.
Ansonsten kann jeder russische Tennisspieler problemlos weiterhin seinem Beruf nachgehen. Wie kommt man eigentlich auf die skurrile Idee, dass der Ausschluss von westlichen Tennisturnieren für russische Spieler einem Berufsverbot gleich kommt?
Da kann ich mich
@L-james nur anschließen, das ist nun wirklich wortklauberischer Unsinn. Es ist kein Berufsverbot im engen Wortsinn, aber eine derart große Einschränkung, dass es dem faktisch sehr nahekommt.
Um die konkreten Spieler geht es mir dabei übrigens nicht - mit Medvedev kann ich mal gar nichts anfangen (für mich derjenige, der mal auf #1 stand mit dem am wenigsten attraktiven Spielstil, an den ich mich erinnern kann), bei Rublev bin ich auch weit davon entfernt, ein Fan zu sein, der Rest spielt keine große Rolle. Aber ich halte die Maßnahme eben für sinnlos und ungerecht Spielern gegenüber, die sich selbst nichts haben zu Schulden kommen lassen. Und wenn es keinen sehr guten Grund für etwas anderes gibt, sollte man schon auf das Individuum schauen und nicht auf die Nationalität. Dass man Spieler, die Putin ausdrücklich unterstützen oder sich mit dem "Z" zeigen etc., sofort sperren sollte, da wird hier jeder sofort zustimmen. Aber so einen Fall gab es bisher nicht mal ansatzweise.