Ich denke wir haben eine Vorrunde gesehen, mit der wir alles in allem mehr als zufrieden sein können. Es gab einen Ausrutscher in Gießen, dafür aber auch den sehnlichst erhofften ersten Sieg in Bamberg. 10-6 Siege, ist das die beste Vorrundenbilanz die wir je hatten?
Natürlich spielen wir selten absolut perfekten Basketball
Aber unsere Mannschaft gibt sich nie auf, zeigt vollen Einsatz, und offensiv ist das oft der beste Basketball, den ich in der Ära seit 2007 sehen durfte.
#0 Junior Etou: Kam Mitte November als letzter Spieler zu unserer Mannschaft. Keiner der statistisch besonders auffällt, aber einer der die vielen „kleinen Dinge“ richtig macht. Dazu füllt er bei uns meiner Meinung nach einfach eine Lücke, die wir vor seiner Ankunft hatten: einen Verteidiger und Kämpfer mit physischer Präsenz auf den Flügelpositionen, der sich nichts gefallen lässt. Er mag nicht die spektakulärste Nachverpflichtung gewesen sein (obwohl, er ist ja immerhin der Cousin von Serge Ibaka), aber eine die das Team sehr gut ergänzt. (10,1 Punkte, 4,3 Rebounds, 61,5% 2er)
#1 Jordan Hulls: Unser Scharfschütze startete brandheiß in die Saison (6/7 3er in den ersten beiden Ligaspielen), bevor er in die wohl größte Wurfkrise seiner BBL-Zeit geriet (in elf Ligaspielen von Mitte Oktober bis Ende Dezember 15/56 3er für 26,8%). Man konnte ihm keinen Vorwurf machen, sein Einsatz stimmte immer, aber irgendwie wollten die Dinger einfach nicht fallen. Die Spielzeit ging etwas nach unten, dazu auch sein Selbstvertrauen, aber er scheint die Krise überwunden zu haben (in den letzten drei Spielen trifft er wieder 7/14 3ern). Er bleibt für gegnerische Defensiven eine ständige Gefahr, die sie nicht aus den Augen verlieren dürfen, und schafft somit beständig Räume für die Mitspieler. (11,4 Punkte, 36,4% 3er, 93,9% FT, 2,4 Assists)
#3 Joshua Obiesie: An ihm scheiden sich etwas die Geister. Wie groß ist sein Talent wirklich? Fakt ist: die letzte Saison war irgendwie vielversprechender. Dazu kam eine Verletzung, die ihm fast den kompletten November gekostet hat. Zweistellige Einsatzminuten sind Mangelware, in den letzten drei Spielen gab es zusammengerechnet nur rund 12 Minuten. Er kann der Mannschaft in seiner Zeit auf dem Court aber auch nicht so wirklich helfen in den meisten Fällen. Ich sehe in ihm nach wie vor ein großes Talent für deutsche Basketballverhältnisse (was ja nicht heißt, dass er mal in der NBA spielen muss. Aber er ist auch immer noch fünf Monate von seinem 20. Geburtstag entfernt), aber natürlich muss da in nächster Zeit irgendwie mehr kommen. Es bleibt spannend. (11 Spiele, 7:26 min, 2,4 Punkte)
#5 Victor Rudd: Wow, was für ein Name, Spiele für Maccabi Tel Aviv und CSKA Moskau stehen in seiner Vita. Kam Mitte Oktober als Nachverpflichtung nach Würzburg, und war physisch in irgendwelchen John-Bryant-Dimensionen unterwegs
Das wurde aber sehr schnell besser. Ich denke wir haben uns von ihm was das Punkten, speziell die Wurfquoten, angeht, mehr versprochen. Die Wurfquoten sind wirklich nicht gut, gerade für einen Spieler seiner Klasse. Aber Rudd gefällt mir trotzdem unheimlich gut. Denn er versteht das Spiel. Wie er als Ballhandler den Ball nach vorne bringt, wie er den Fastbreak einleiten kann, seine Übersicht im Halbfeld und seine Passqualitäten… das ist teilweise schon extraklasse. Er kann stellenweise als richtiger Playmaker eingesetzt werden. Man sieht, dass der Typ einfach Basketball spielen kann. (7,0 Punkte, 41,2 % FG, 2,5 Assists)
#6 Nils Hassfurther: Ich hatte mich sehr über seine Verpflichtung gefreut. Gute ProA-Saison, dazu eine U20-EM, bei der er gut Regie führte und teilweise richtig schwere Würfe traf, bevorzugt von hinter der Dreierlinie. Womit wir auch gleich bei seinem größten Problem in seiner ersten BBL-Saison wären: der Wurf mag so gar nicht fallen (2/13 2er, 1/9 3er). Da er physisch nie in Richtung Monster gehen wird, ist es zwingend notwendig für ihn, den Wurf in der BBL zu treffen, sonst wird er dort für ihn sehr schwer sich durchzusetzen. Dazu spielt er nicht mit diesem natürlichen Selbstbewusstsein, wie es z.B. ein Obiesie macht, man kann ihm seine Verunsicherung doch oft anmerken. Aber Panikmache gilt nicht, der Wurf kann ja eigentlich nur besser werden. (14 Spiele, 8:39 min, 13,6 % FG)
#8 Johannes Richter: Johannes Richter spielt Johannes-Richter-mäßig. Man kann ihm was seinen Einsatz angeht keine Vorwürfe machen. Teilweise sehr ansprechende Spiel (vs. Bayreuth, Gießen), teilweise geradezu reinster Slapstick (vs. Oldenburg). Bei ihm wäre etwas mehr Konstanz doch sehr wünschenswert. (5,9 Punkte, 3,1 Rebounds)
#11 Rytis Pipiras: Der Litauer aus der ProB hat vier Mal ausgeholfen als wir Verletzungsprobleme hatten, und hat seine Sache gut gemacht. Allerdings wohl keiner der Kategorie Vincent Sanford oder Kameron Taylor.
#12 Skyler Bowlin: Bowlin spielt eine fantastische Saison. Er überzeugt durch große Konstanz. Das Team braucht einen Dreier? Ok, Skylar schweißt einen rein. Wie wär’s mit einem Steal? Aber klar doch. Er gibt dem Team sehr oft eine Stabilität, macht das was das Team braucht. Manchmal vielleicht etwas zu zappelig unterwegs, aber defensiv hilft das auch das ein oder andere Mal. (11,7 Punkte, 44,2 % 3er, 88,6 % FT, 3,7 Assists, 1,6 Steals)
#20 Julian Albus: Zwei Mal ausgeholfen für insgesamt knapp 15 min, keine Bewertung.
#21 Florian Koch: Als man ihn das erste Mal nach der Sommerpause sah, war kollektives Augenreiben angesagt: Ist das noch Florian Koch oder vielleicht doch schon der Hulk? Er hat angeblich 8 kg über den Sommer draufgepackt, man glaubt es gerne. Spielte in allen 16 Spielen, durfte die Hälfte davon sogar starten und spielt so viel wie noch nie in seiner Karriere. Er macht das was man von ihm kennt, auf einem etwas höheren Niveau als in seiner bisherigen Karriere. Nach wie vor bleibt die Konstanz sein großes Problem. Dafür kann er dank mehr Muskelmasse besser verteidigen und offensiv auch mal den Vierer geben. (21:38 min, 8,2 Punkte, 50,9 % 3er, 38,5% FT)
#22 Cameron Wells: Captain Cameron, bitte übernehmen Sie! Was soll man zu ihm schreiben? Er spielt schlicht und ergreifend die Saison seines Lebens, völlig zurecht taucht er in ersten (frühen) MVP-Diskussionen auf. Er ist flink auf den Beinen, hat dabei aber so einen kräftigen Oberkörper, um offensiv ausposten und defensiv gegen größere Spieler gegenhalten zu können. Und das Beste: man hat immer das Gefühl, dass er das Spiel unter Kontrolle hat. Seine Konstanz ist atemberaubend, seine Fähigkeiten in der crunchtime berüchtigt. Außerdem zeigt er, dass der Mitteldistanzwurf nicht per se ein schlechter Wurf sein muss, sondern es eben schon drauf ankommt, wer ihn nimmt. Überragende Saison von ihm, einer der komplettesten Spieler, die wir hier je sehen konnten. (17,1 Punkte, 57,6% 2er, 51,3 % 3er, 93,11% FT, 5,8 Assists)
#23 Brekkott Chapman: Konnte leider nur zwei Spiele spielen, bevor er sich eine Verletzung zuzog, die ihn wohl die gesamte Saison kostet. In seinen wenigen Minuten konnte man aber durchaus erkennen, dass er nicht untalentiert ist. Keine Bewertung.
#27 Jonas Weitzel: Ein kurzer Auftritt gegen München, keine Bewertung.
#34 Felix Hoffmann: Der Würzburg Warrior macht das was er kann und wir alle lieben: unermüdlich kämpfen, jedem Ball hinterhergehen und den ein oder anderen Korb einstreuen. Spielt so viel wie noch nie in der BBL. Hoffentlich bleibt er uns noch lange erhalten. (13:25 min, 3,1 Punkte, 56,8 % FG, 3,4 Rebounds)
#40 Luke Fischer: Für uns wohl nur bezahlbar, weil er in der letzten Saison Verletzungsprobleme hatte. Hat das Potenzial einer der besten Center der Liga zu sein, in seinen Leistungen allerdings noch etwas zu schwankend. Von den Punkten her ein recht konstantes Up and Down, bei den Rebounds fand ich ihn am Anfang der Saison präsenter, bei den Blocks ist er einer der Besten der Liga. (11,9 Punkte, 75,8% FG, 5,2 Rebounds, 1,5 Blocks)
Mal schauen wo uns die Reise in der restlichen Saison hinführt. Der Kampf um die Playoffs scheint richtig spannend zu werden, aktuell sieht es nach „aus 9 mach 8“ aus.