Ich muss sagen, es war schon interessant, sich heute mal ein bisschen mehr Zeit zu nehmen und die Partien der Schnellschach-WM zu verfolgen. Meistens sind es doch die Spiele von Magnus Carlsen, die ich laufen habe - und das war heute wirklich kurios, was er gespielt hat. Seine erste Partie gegen den Ukrainer Adam Tukhaev hat er in leicht besserer Stellung wegen Zeitüberschreitung verloren. Das passiert ihm auch selten. In der zweiten Partie gegen den Usbeken Samsiddin Vokhidov hat Carlsen Weiß - und nach zweieinhalb Zügen ist folgende Stellung erreicht:
Sein Gegner fällt natürlich nicht aufs Schäfermatt herein. Dennoch hat diese Eröffnung für Carlsen ausgereicht, um nach einigen weiteren Zügen in Vorteil zu kommen. Nach 19 Zügen ist folgende Stellung erreicht, in der Carlsen auf hübsche Weise Material gewinnen könnte:
Doch er sieht die Möglichkeit nicht und spielt stattdessen 20. f2-f3 - und bereits kurze Zeit später sah es ganz finster aus: In seinem 22. Zug zog Carlsen Ld2-c3, und es ergab sich folgende Stellung:
Nun war Shamsiddin derjenige, der eine große Chance hatte - und im Gegensatz zu Carlsen vorher nutzte er sie und ließ sich die Partie dann auch nicht mehr aus der Hand nehmen, so dass Magnus Carlsen sich nach 2 Runden mit 0 Punkten ziemlich am Ende der Tabelle wiederfand.
Damit erhielt er dann natürlich auch Gegner in einem Elobereich, gegen die er sonst normalerweise nicht spielen muss. In der dritten Partie spielte er mit Schwarz gegen den 14jährigen Russen Stefan Pogosyan. Nach 28 Zügen war die unten abgebildete Stellung erreicht - und hier schenkte der Russe Carlsen mit 29. Le2xg4 quasi den Punkt.
Magnus Carlsen gewann also seine dritte Partie, und er gewann auch die vierte gegen den Russen Nikolai Vlassow. Das Ende der fünften Partie gegen den US-Amerikaner Andrew Tang war erneut recht hübsch, weshalb ich es hier noch zeigen möchte. Carlsen hatte Schwarz, und Tang hatte im 40. Zug 40. Td1-e1 gezogen und die unten abgebildete Stellung herbeigeführt. In dieser führte Carlsen mit einer kurzen Kombination die Aufgabe seines Gegners herbei.
Ich weiß schon, beim letzten Mal, als ich eine Stellung gepostet habe, war euch das fast zu einfach; und auch diesmal findet ihr die Lösungen sicher schnell heraus. Aber vielleicht hat ja doch der ein oder andere Spaß daran, die Aufgaben zu lösen.
Der eigentliche Star des Tages war aber ein ganz anderer: Der erst 15jährige Iraner Alireza Firouzja (Schnellschach-Elo 2412) holte gegen im Schnitt deutlich stärkere Gegner 4,5 von 5 Punkten und führt nach dem ersten Tag die Rangliste an. Ich kann mir eigentlich kaum vorstellen, dass er das halten kann, aber es wird sicher interessant sein, ihn an den weiteren Tagen zu beobachten.
Bleibt nur zu hoffen, dass ihm nicht gerade die Politik einen Strich durch die Rechnung macht. Denn es sind ja auch einige israelische Spieler am Start, und es ist in der Vergangenheit schon oft vorgekommen, dass Iranern vom Staat verboten wurde, gegen Israelis zu spielen. Sollte er also einem Israeli zugelost werden, bedeutet das unter Umständen eine kampflose Niederlage...