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INTERVIEW
"Toppmöller kriegt mit Sicherheit keinen Schadenersatz"
Hohe Wellen schlägt der Fall Robert Hoyzer. Über eine rechtliche Bewertung sprach die FR mit den Berliner Professoren Martin Schwab (Experte für Fragen des Schadenersatzes) und Klaus Rogall (Fachmann für Betrug durch Manipulation).
FR: Herr Professor Schwab, der Fußballtrainer Klaus Toppmöller will auf Schadenersatz klagen, weil er wegen der Manipulation durch den Schiedsrichter Robert Hoyzer möglicherweise seinen Arbeitsplatz verloren hat.
Martin Schwab: Herr Toppmöller kriegt mit Sicherheit keinen Schadenersatz. Das Recht auf einen Arbeitsplatz ist kein Gut, das rechtlich gegen Eingriffe Dritter geschützt ist. Dass der Coach etwas zurückbekommt, halte ich für ausgeschlossen.
Nach dem Geständnis von Robert Hoyzer rufen auch viele Vereine nach Schadenersatz. Hätten solche Klagen Erfolg?
Schwab: Zunächst muss man die Forderungen auseinander halten. Wollen die Vereine den Wettbewerb neu aufgerollt haben oder wollen sie Schaden in Geld ersetzt haben? Da stellt sich schon die Frage, ob man das Problem aus der Welt bekommt, wenn Spiele neu angesetzt werden? Eine Lösung, die allen Beteiligten gerecht wird, kann es meiner Ansicht nach nicht geben. Der Pokal ist zu weit fortgeschritten, da benachteiligt man nur wieder andere.
Herr Professor Rogall wie bewerten Sie die Manipulationsvorwürfe?
Klaus Rogall: Nach dem Geständnis besteht der Verdacht, dass Spiele manipuliert worden sind. Wenn sich Herr Hoyzer an den Wetteinsätzen beteiligt hat, dann ist das sicher strafrechtlich interessant.
Welchen Vergehens hat sich der Schiedsrichter denn schuldig gemacht?
Rogall: Das so genannte Verpfeifen stellt nur eine Vorbereitungshandlung zum Betrug dar. Zieht er daraus einen Vermögensvorteil, was hier ja wohl der Fall ist, stellt das den Tatbestand des Betrugs dar. Der Bundesgerichtshof hat schon einmal einen Fall begutachtet, in dem ein Jockey bestochen worden war. Die Grundlagen des Wettens waren damit beeinflusst worden. Der BGH hat in diesem Fall eine Strafbarkeit wegen Betrugs für rechtens erklärt.
Was kann denn auf die im Fußball-Skandal Beteiligten zukommen?
Rogall: Wenn es stimmt, dass noch viel mehr Personen verwickelt sind, der Begriff kroatische Mafia ist ja gefallen, dann käme die Beteiligung oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung nach Paragraf 129 des Strafgesetzbuches hinzu, oder es käme Bandenbetrug in Betracht, und dann wäre das ein Verbrechen. Der Strafrahmen dafür reicht von einem bis zu zehn Jahren.
Lässt sich der wirtschaftliche Schaden überhaupt beziffern?
Schwab: Wenn es nicht gelingt, was wahrscheinlich ist, den HSV in den laufenden Wettbewerb reinzubringen, wäre es eine Alternative, eine Entschädigung in Geld zu zahlen. Um das durchzusetzen, müsste der HSV aber nachweisen, dass er das Spiel gewonnen hätte. In diesem speziellen Fall, nach 2:0-Führung und zwei wohl unberechtigten Elfmetern könnte ein Gericht den Nachweis für erbracht halten. Aber einfach wird das nicht.
Gab es überhaupt schon einen vergleichbaren Fall?
Schwab: Dieser Fall ist in seiner Dimension einzigartig. Wenn ein Schiedsrichter Mist pfeift, so viel wussten wir bisher, hat das keinen Anspruch auf Schadenersatz begründet. Das ist allgemeines Sportrisiko.
Könnten Vereine den DFB verklagen, weil Hoyzer dessen Angestellter war?
Schwab: Hoyzer war zwar Erfüllungsgehilfe des DFB, aber seine Manipulationen bewegen sich außerhalb dessen, was der Verband beherrschen kann. Ich kann ja auch nicht mit Aussicht auf Erfolg meinen Malermeister verklagen, weil sein Geselle bei der Arbeit etwas aus meiner Privatschatulle geklaut hat. Der DFB könnte aber möglicherweise den Schaden, den die Vereine erleiden, gegen Hoyzer oder andere Beteiligte geltend machen. Aber ich sage Ihnen ganz offen: In diesem Fall ist es schwierig, einen Haftungsgrund zu skizzieren.