Schiedsrichter Hoyzer gibt Manipulation zu
Frankfurt/Main (dpa) - In einem überraschenden Geständnis hat Schiedsrichter Robert Hoyzer die gegen ihn erhobenen Betrugsvorwürfe zugegeben und weitere Enthüllungen im größten Manipulationsskandal des deutschen Fußballs seit 34 Jahren angekündigt.
Der 25 Jahre alte Berliner, der seit knapp einer Woche verdächtigt wird, Fußballspiele verschoben zu haben, hat unter Tränen in der Essener Anwaltskanzlei seines Rechtsbeistands Stephan Holthoff-Pförtner die Manipulationen bestätigt und weitere nicht genannte Personen beschuldigt.
«Die in der Öffentlichkeit erhobenen Anschuldigungen gegen mich sind im Kern zutreffend. Ich bedauere mein Verhalten zutiefst und entschuldige mich gegenüber dem DFB, meinen Schiedsrichterkollegen und allen Fußball-Fans», hieß es in einer schriftlichen Erklärung des Beschuldigten. Hoyzer hat sich bereit erklärt, weitere Details bekannt zu geben.
«Ich habe heute vollständig und schonungslos mein Verhalten und mein gesamtes Wissen über alle mir in diesem Zusammenhang bekannten Sachverhalte und Personen dokumentiert und stehe der Staatsanwaltschaft und dem DFB zur vollumfänglichen Aufklärung zur Verfügung», hieß es weiter in der von Hoyzers Rechtsanwälten verbreiteten Erklärung. Die Berliner Staatsanwaltschaft will die Hilfe annehmen. «Wenn er das in die Tat umsetzt, dann wird uns das helfen», sagte Sprecher Michael Grunwald.
Dem Nachrichtensender «N24» soll Hoyzer gesagt haben, in die Affäre seien noch «viele andere Leute» verstrickt. Er ließ offen, ob es sich dabei um Schiedsrichterkollegen, Spieler, Funktionäre oder Außenstehende handelt. Dem Fernseh-Regionalsender TV.BERLIN sagte Hoyzer, er habe für die Manipulation von Spielen einen fünfstelligen Betrag bekommen.
Schiedsrichter-Chef Volker Roth war sichtlich geschockt. «Dieser ganze Vorgang geht mir schon unglaublich nahe. Das ist unverzeihlich», sagte der frühere FIFA-Referee. Es seien ideelle Werte verraten und verkauft worden, «und das ist unentschuldbar», meinte Roth. «Wir sind schockiert, wir haben so etwas nie für möglich gehalten. Aber gegen kriminelle Energien kann man nichts machen.» Roth befürchtet, dass das Vertrauen in die Schiedsrichter «über Jahre» gestört sein werde. «Wir müssen da durch, wir haben an die Schiedsrichter appelliert, jetzt nicht überzureagieren». In der weiteren Bewältigung der Affäre kündigte er an, «gnadenlos und ohne Rücksicht auf Personen aufzuräumen».
In der Frankfurter Verbandszentrale hatte man bereits seit Sommer Hinweise auf Unregelmäßigkeiten beim DFB-Pokalspiel der ersten Runde zwischen dem SC Paderborn und dem Hamburger SV. Erste Ermittlungen nach hohen Wetteinsätzen verliefen aber im Sande. Erst am 19. Januar hatten sich vier Schiedsrichter als Zeugen beim DFB gemeldet, daraufhin nahm der Kontrollausschuss unter Vorsitz von Horst Hilpert die Ermittlungen auf.
Der DFB will künftig mit einem «Frühwarnsystem» und einem Wettverbot für die Referees weiteren Manipulationen vorbeugen. Wie das Fachmagazin «kicker» berichtet, werde die DFL einen Vertrag mit der Firma «Betradar.com» abschließen. Das Unternehmen zählt zu den führenden Informationslieferanten der Welt für Buchmacher. Zukünftig soll die DFL umgehend benachrichtigt werden, wenn ungewöhnlich hohe Wetteinsätze zu verzeichnen sind.
Außerdem sollen die Schiedsrichteransetzungen künftig nicht vier, sondern erst zwei Tage vor der Partie bekannt gegeben werden. Zudem werden in Zukunft auch alle DFB-Pokalspiele der ersten Runde von Schiedsrichterbeobachtern begleitet. Dies bestätigte Roth nach einer Krisensitzung der DFB-Schiedsrichter. Zudem bestätigte Roth, dass der Berliner Unparteiische Dominik Marks von der Leitung des Zweitliga-Spiels Alemannia Aachen - LR Ahlen entbunden sei. Im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen Hoyzer waren in der Öffentlichkeit auch gegen Marks Anschuldigungen erhoben worden. Laut Roth sei es für Marks unter diesen Umständen «unmöglich geworden», ein Spiel zu pfeifen.
Die Berliner Staatsanwaltschaft wurde von der Erklärung Hoyzers überrascht. Sprecher Michael Grunwald sagte zur Ankündigung Hoyzers, als Kronzeuge bei den weiteren Ermittlungen wegen Wettbetrugs zur Verfügung stehen zu wollen: «Wenn er das in die Tat umsetzt, dann wird uns das helfen.» Hellmut Krug meinte in seiner Funktion als Abteilungsleiter Schiedsrichter beim DFB: «Wir sind alle froh und natürlich sehr erleichtert, dass Hoyzer gestanden haben soll. Je früher dieser Fall geklärt wird, desto besser.»
Die Staatsanwaltschat ist in mehrfacher Hinsicht mit dem Fall des Fußball-Schiedsrichters Robert Hoyzer befasst. Neben einer Strafanzeige des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ging auch eine Anzeige einer Privatperson aus Passau ein. Ein Vorermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Braunschweig soll nach Angaben aus Braunschweig ebenfalls auf dem Weg nach Berlin zur Übernahmeprüfung sein, teilte der Berliner Staatsanwalt Michael Grunwald mit.
Während die Privatperson ihre Anzeige laut Grunwald auf die Presseberichterstattung zu diesem Fall stützte, übermittelte der DFB neben einer kurzen Sachverhaltsschilderung einen Hinweis der Staatlichen Lotterieverwaltung München und die Aussagen zweier Schiedsrichter-Kollegen. Kern der Strafanzeige des DFB sei der aus dortiger Beurteilung «dringende Verdacht», der Schiedsrichter habe Einfluss auf das Ergebnis der von ihm geleiteten Spiele genommen.
Der Anzeige zufolge könne «nicht ausgeschlossen werden», dass «Herr Hoyzer Kontakt zu Wettkunden aus einem bestimmten, vorwiegend von Kroaten besuchten Lokal in Berlin hatte», in dem «offensichtlich gezielt auf von Herrn Hoyzer geleitete Spiele gesetzt wurde». Die Staatsanwaltschaft Berlin prüfe jetzt die Frage der Zuständigkeit und eventuelle weitere Ermittlungsschritte, teilte Grunwald mit.
quelle: newsclick.de