Da hab ich wohl endlich jemanden gefunden, dem es momentan genauso geht wie mir
Ich habe diese Saison die Springen nur sehr sporadisch verfolgt. Normalerweise war ich in den letzten 10-12 Jahren immer bei 6 bis 7 Springen live vor Ort, der Rest war Pflichttermin im TV. Diesen Winter war ich einen Tag in Bischofshofen, sonst nirgends (Oberstdorf war gebucht, aber leider aufgrund eines Notfalls in der Familie nicht möglich) und ich habe es nicht mal sonderlich vermisst.
Ich denke, bei mir liegt es zum Teil wirklich daran, dass ich Skispringen schaue, seit ich 6 Jahre alt war. Meine ersten "Helden" waren Leute wie Ari-Pekka Nikkola, Toni Nieminen oder Masahiko Harada. Ich war immer voll dabei, kannte alle Neuerungen, die Namen aller Athleten, die so im Weltcup oder damals ICC mitsprangen und ich glaube, meine Familie und auch meine Freunde mussten teilweise ziemlich drunter leiden, dass ich ständig bei Springen war oder an Wochenenden vor dem TV geklebt bin
Ich persönlich finde, dass der Reiz des Skispringens damals noch wesentlich größer war, woran das aber liegt, kann ich nicht genau sagen. Vielleicht wirklich an den größeren Unterschieden zwischen den Schanzen, dass es nicht diese Einheitsschanzen gab. Vielleicht auch, weil die Athleten als "Typen" anders waren als heute. Und im Endeffekt ist es halt doch immer das Gleiche, egal ob Fliegen oder Springen, 50 Leute, zwei Durchgänge, und am Ende stehen immer dieselben oben. Ganz selten, dass mal andere Gesichter oben zu finden sind. Ich weiß es wirklich nicht.
Was mir aber auch zu einem großen Teil die Freude am Skispringen verleidet hat, ist das ganze Drumherum und diverse ziemlich "falsche" Personen und ehemalige "Freunde", die sich in eine andere Richtung entwickelt haben, als ich das möchte und akzeptiere. Skispringen "verkommt" meiner Meinung nach zu sehr zu einem "Partysport" und für viele stehen die Athleten - böse gesagt - nicht mehr wegen des Sports im Vordergrund. Da ich nach wie vor hauptsächlich wegen der Wettkämpfe zu den Austragungsorten fahre (und ich will nicht bestreiten, dass ich nicht auch gerne Party mache
), kann ich im Moment mit den meisten Leuten der Gruppe, mit der ich so über die Jahre unterwegs war, nicht mehr soviel anfangen. Wenn sie das lesen, werden sie schon wissen, ob sie gemeint sind, oder nicht, zumindest, wenn sie sich realistisch einschätzen.
Ich war vergangene Saison zum ersten Mal komplett allein (also ohne Begleitung, nicht als einzige Person überhaupt
) bei einem Wettkampf, habe mir das Finale der VST wirklich konzentriert angeschaut und es hat riesig Spaß gemacht. Ich würde sagen, eines der besten Springen, auf denen ich je war.
Zudem war ich diesen Winter das erste Mal live beim Biathlon und ich muss sagen - kein Vergleich zum Skispringen. Biathlon ist um ein vielfaches attraktiver. Nicht umsonst sehen sich in dieser Sportart Fans wie Athleten und Betreuer als "Familie". Denn familiär ist das richtige Wort für den Umgang miteinander. Man gewinnt den Eindruck, als kenne jeder jeden, die Zuschauer jubeln begeistert für JEDEN, und wenn er noch so ein schlechtes Rennen abliefert, und sie kennen wirklich jeden Namen. Und auch beim Biathlon wird richtig gefeiert, in Ruhpolding war das ganze Zentrum Partymeile. Trotzdem liegen am Schluss nicht lauter Besoffene im Eck herum. Für mich war Biathlon ganz klar eine positive Erfahrung und ich werde dort in nächster Zeit sicher häufiger anzutreffen sein als beim Skispringen.
Momentan habe ich einfach den Eindruck, ich brauche ein bisschen Abstand sowohl zum Skisprungsport als auch zu den Leuten, um mein Interesse an dieser Sportart wiederzufinden. Ich hoffe auch, dass es wiederkommt, denn es ist schade, diesen Teil meines Lebens, der mich schon so lange begleitet, zu verlieren. Aber wenn sich nichts ändert, kann ICH daran auch nichts ändern.