Ich dachte ursprünglich, dass der Ausbruch des Virus, sprich die ersten Tage und Wochen viel ausführlicher thematisiert werden würden, um einen Kontrast zum Original herzustellen. Wie schränkt sich der Alltag mehr und mehr ein? Wie zerfallen die gesellschaftlichen Strukturen?
Ja, so seh ich das auch. Zu verfolgen, wie die Zombies langsam aber sicher die Oberhand gewinnen, war für mich der Grund, nach dem extrem langsamen Einstieg, überhaupt weiter dran zu bleiben. Man hatte die Hoffnung, man erfährt den Part, den Rick im Krankenhaus verschlafen hat. Leider wird man in der Beziehung ziemlich enttäuscht. In Folge drei weiß - zum Beispiel bei der Demo - noch keine Sau über die Zombies Bescheid. Und zu Beginn von Folge vier ist L.A bereits fast menschenleer. Das ist schon ein seltsames Pacing, das die Serie vorgibt. Bevor Folge eins beginnt, hat das Drogenmädel bereits andere Junkies gefuttert, aber es dauert drei oder vier Tage (?), bis sich die Infektion soweit verbreitet hat, dass zumindest eine handvoll Personen mitbekommt, dass da was nicht stimmt. Und kurz darauf sind bereits alle tot, geflohen, oder in der Safe Zone... naja.
Mit den Charakteren werd ich auch nicht richtig warm. Obwohl die zum Teil sogar ganz nett gezeichnet sind. Travis zum Beispiel. Der glaubt erstmal kuhäugig daran, dass das Militär die Rettung bedeutet und will sich mit Kopf im Sand hinter dem Zaun verstecken, bis die Sache ausgestanden ist. So ein Charakter kommt mir erstmal plausibler vor, als irgendein Charisma-Bolzen, der nach zwei Folgen in den Rambo-Anführer-Modus schaltet. Trotzdem entfalten die meisten Caraktere bei allem Realismus auch eine Menge Nervpotential. Madison mit ihrer chronischen Angepisstheit. Chris mit seiner pubertierenden Labilität. Und die Tochter ist eh nur ein seelenloses Eye-Candy. Ganz ehrlich, das einzige, was mir bei der hängengeblieben ist, ist, dass sie gute Noten schreibt und ihr clevererweise niemand verklickern wollte, dass ihr kranker Freund, den sie besuchen will, ein Zombie ist.
Die Entscheidungen, die die Protagonisten treffen sind natürlich generell kognitiv eher so mittel. Vieles ist im Thread ja schon angesprochen worden, aber die neuste Folge toppt da imo nochmal einiges. Wir lassen 10 000 Zombies die Basis überrollen (in der neben den verhassten Militärs auch noch wichtige Ärzte/Wissenschaftler, wehrlose Patienten und andere Unschuldige untergebracht sind), um im allgemeinen Zombie-Chaos mit unseren drei Angehörigen rauszuspazieren? Echt jetzt, in welcher Welt ist das denn eine gute Idee?
Ich werd zur neuen Staffel wohl nochmal reinschauen. Kann mir aber gerade nicht vorstellen, dass die Serie noch eine Wende nimmt, die mich interessiert. Die letzten beiden Folgen waren zwar okayish. Aber nen bloßen Abklatsch von der Originalserie brauch ich nicht. FTWD müsste schon ein interessantes Alleinstellungsmerkmal haben. Aber das seh ich im Moment nicht.