Nach ein paar Schwergewichtskämpfen mit Herausforderer-Beteiligung hier mein aktueller Stand:
1. Wladimir Klitschko (+-0) - derzeit unantastbar, da kein Konkurrent da ist, der alle benötigten Fähigkeiten zusammen bekommt, die bessere Gegnerschaft und die konstanteren Leistungen sichern ihm gegenüber Haye die Nr. 1. - Punktabzug gibt es für das unnötigte Verwenden von Dirty Tactics gegen substanziell unterlegene Gegner und die zuletzt klar abwärtszeigende Gegnerwahl. Pianeta ist ein Witz. Der Kampf gegen Povetkin wird für 23 Mio vom Povetkin-Manager Hrunov veranstaltet. Boxerisch eine eher ungefährliche Nummer. Allerdings ist Outmatching ein Thema und das erstmalig nicht zugunsten eines Klitschkos, was durchaus zu begrüßen ist.
2. Haye (+1) - Erster wirklich überzeugender Auftritt im Schwergewicht gegen Chisora. Potenzial zu mehr, aber da Geld und Sicherheit deutlich vor der sportlichen Leistung von ihm priorisiert werden, wird es zur Nr. 1 nicht reichen. Den Stellenwert des Geldes bei ihm sieht man auch noch einmal an der Dschungelcamp-Nr. - Haye boxt nun Fury - im Gegensatz zur Ansetzung gegen Charr ist das kein schlechter Witz, sondern ein Top-Kampf.
3. Pulev (+1) - Solider Boxer, Typ ehrlicher Handwerker. Nach dem Sieg gegen Dimitrenko und Ustinov bei gleichzeitigen Wegfall der Konkurrenz durch faktischen Rücktritt, Niederlagen und Gewichtsklassenwechsel kommt er zur Ehre dieser Ranglistenposition ohne jeden Glanz. Demnächst gegen Thompson, ein Kampf nach Ranglistenposition auf Augenhöhe, trotzdem erwarte ich einen relativ schnellen, vorzeitigen Sieg von Pulev.
4. Thompson (+1) - Wladimir II war erst ab der 4 Runde eine klare Angelegenheit, da Wladimir besser geworden ist und Thompson altersbedingt nachgelassen hat. Ob nun glücklich oder geplant: er hat Price klar die Grenzen aufgezeigt. Keine wirkliche Perspektive nach oben, aber ein guter Gatekeeper. Der Rückkampf gegen Price brachte ein nicht unerwartetes Ergebnis. Siege gegen Prospects, die gewogen und für zu leicht befunden wurden, rechtfertigen zwar die Postion, trotzdem sollte man sich nicht blenden lassen. Gegen Pulev wird früh Schluß sein.
5. Povetkin (+1) - Kometenhafter Aufstieg eines Boxers, dem einige Dinge zu einer echten Chance gegen die Klitschkos fehlten. Eine Wurzel, ein paar Trainerwechsel und ein paar geplatzte WM-Kämpfe später hat es zunächst der amerikanische Meistertrainer mit Herz geschafft, einige Stärken konsequent weg und ein paar neue Schwächen konsequent hinein zu trainieren. Dann kam ein russischer Nichtmeistertrainer, der vielleicht auch der kurzen gemeinsamen Vorbereitungszeit geschuldet, noch ein wenig die Konditionsschwächen mit Sandsack- und Ausdauertraining verstärkt hat, dann ein ehemaliger russischer Top-Boxer als Trainer, dann beinahe ein weiterer amerikanischer Meistertrainer und nun wieder der russische Nichtmeistertrainer - Der Kampf gegen einen überforderten Boswell zeigte ein paar gute Ansätze. Der K(r)ampf gegen Huck () zeigte dann noch einmal, dass Kämpfe gegen Has(never)beens wenig aussagekräftig sind. Vergeudetes Talent, dass langsam schwindet. Nächster Kampf gegen Wladimir - darin unter regulären Bedingungen chancenlos. Das ewige Trainer-Wechsel-Dich-Spielchen bringt keine Ruhe in die Vorbereitung.
6. Stiverne (+1) Man muss Bermane Stiverne nun in den Top10 einstufen. Auch er steht für die Schwäche des Schwergewichts. Zwar hat er einen ordentlichen Punch und ist boxerisch sehr solide. Das war es aber auch. Trotzdem: Souveräne Vorstellung gegen Arreola. Einen Bonus gibt es dafür, dass er sich im Gegensatz zu anderen Herausforderern mal einem ernsthaften Gegner gestellt und gewonnen hat. Sollte nun eigentlich als Pflichtherausforderer gegen Vitali antreten, aber Vitali treibt - augenscheinlich mit Verbandssegen - unwürdige Spielchen, indem er den Titel blockiert, obwohl er längst Full-Time-Politiker ist.
7. Fury (+1) - Punch, Größe und Stamina reichen heute wie bei Helenius in der Vergangenheit für die Top10 - die diversen Schwächen werden sich gegen den ersten motivierten Nicht-Hasbeen auswirken. Gegen den Chisora aus dem Helenius-Kampf hätte es nicht gereicht, was nicht für Chisora spricht. Maddalone ist kein Gradmesser für nichts. Der Kampf gegen Cunningham ging wie erwartet aus, Cunningham war ihm boxerisch klar überlegen ist, boxte aber nach dem gelungenen Niederschlag taktisch dämlich. Letztlich musste Fury aber auch noch zu illegalen Mitteln greifen, um Cunningham, der nicht viel einstecken kann, aus dem Kampf zu nehmen. Überzeugend ist anders. Eier hat er aber, indem er sich nun mit Haye misst. In den Kampf wird es zwar nichts zu gewinnen geben, aber der Mut ist anerkennenswert.
8. Chisora (+1) - Gegen Helenius klar beschis..., aber gegen Fury völlig uninspierend und in einem körperlichen Zustand, der die halbe Miete für die Niederlage war. Gegen Vitali couragiert und besser als alles, was Vitali seit Jahren geboxt hat, aber letztlich chancenlos. Noch chancenloser gegen Haye. Eine schwankende Leistungsstärke in Kombination mit mangelnder Ringintelligenz ist selten ein Hinweis auf eine Berufung für höhere Aufgaben. Ein großes Maul und Gangsta-Auftreten übrigens auch nicht. Die Murksnummer gegen Avila zeigt noch einmal, dass zu den eher mediocren Fähigkeiten auch noch eine mangelhafte Einstellung hinzukommt - keine Grundlage für Titel, aber der überzeugende Sieg gegen Scott zeigt, dass man ihn zu den Top-leuten zählen muss. Nach der Ibiza-Disco-beinahe-Schlägerei-Nr. mit Wladimir, die voll und ganz zu ihm passt, könnte er der erste Boxer sein, der sich gegen Wladimir in einen Kampf reinpöbelt. Vielleicht ist das innovativer als das Reinquatschen von Haye.
9. Adamek (+1) - der ehemals ehrliche Arbeiter, der nun vor Pulev kneift, der aber erwiesenermaßen Schwierigkeiten mit großen Boxern hat - gegen Vitali ideen- und chancenlos. Der Sieg gegen den verletzten Chambers war glücklich, aber ok. Mehr nicht. Der Sieg gegen Walker ist ohne Bedeutung. Gegen Cunningham eigentlich verloren. Klare Abwertung.
10. Helenius (+1) - Punch, Größe und Stamina reichen derzeit knapp für die Top10 - die diversen Schwächen haben sich wie erwartet gegen den ersten Nicht-Hasbeen ausgewirkt. Die Reaktion auf den geschenkten Sieg gegen Chisora macht ihn nicht sympathischer. Die Kämpfe gegen Sherman Williams & Michael Sprott waren eine Katastrophe. Anscheinend ist Helenius neben seinen bekannten Schwächen vor allen Dingen körperlich fragil. Mit der Verletzungsanfälligkeit und daraus resultierenden psychischen Problemen wird er sehr bald in der Versenkung verschwinden.
Mit Perspektive
11. Ruiz Jr (+-0) - Ein aufstrebender Boxer, der auch tatsächlich so etwas wie Talent besitzt und Gefährlichkeit ausstrahlt. Leider ist er viel zu fett, wenn auch nicht so phlegmatisch wie Solis. Es mangelt noch an guten Gegnern, immerhin hat er zwei andere (schwache) Prospects im Kampfrekord und damit schon mehr als Wilder.
12. Bryant Jennings/Seth Mitchell/Magomed Abdusalamov/Mike Perez (neu) - Vier Boxer, einer ist im Prinzip schon gescheitert, die drei anderen haben noch nichts Weltbewegendes geboxt. Zum Teil weder jung noch ernsthaft hungrig.
Das derzeitige Schwergewicht ist ab Platz 5 ein absolutes Trauerspiel. Änderung nicht in Sicht. Solis kriegt keine Einstufung, weil er derzeit nicht und wahrscheinlich nie mehr Top15 ist. Das konditionslose Gewürge gegen die Null Larsen weist den Weg in die Bedeutungslosigkeit. Objektiv war auch die Saglam-Nr. peinlich. Wilder bekommt die Einstufung nicht, weil er nur Hinterbänkler verprügelt. Daran ändert sich nichts, wenn er einen No-Hoper wie Harrison zerlegt, dessen Mäuseherz schon aussetzt, wenn der Gegner böse guckt oder wenn er demnächst die Mumie Liakhovich schändet. Vitali kriegt keine Einstufung weil er nicht boxt und die Boxwelt hinhält.