Sie meinen: In sportlichen Dürrejahren würde der Verein als Ganzes wackeln?
Es steht alles auf tönernen Füßen. Man plant berechtigterweise aufgrund der vergangenen Jahre mit einem höheren sportlichen Erfolg. Dirk Zingler(der Präsident des 1. FC Union, Anm. d. Red.) hat gesagt: 'Wir müssen uns sportlich weiterentwickeln, dann werden wir auch wirtschaftlich gesünder.' Aber man hat sich nicht vernünftig abgesichert, weil man noch die Belastungen aus dem vergangenen Jahrzehnt vor sich herträgt. Union muss jetzt auf die Champions League hoffen. Da bekommt man in der Gruppenphase rund 20 Millionen, wenn man nicht ganz ungeschickt auftritt. Dieses Geld, das Union verwenden kann, stammt also aus Prämien und je weiter der Klub in den Wettbewerben vordringt, desto höher werden auch die TV-Einnahmen, Merchandising und alle diese Komponenten. Die internationale Sichtbarkeit wird größer, der Klub wird auch von Sponsoren ganz anders wahrgenommen - und gleichzeitig stärkt er seine Position als Nummer-eins-Player in Berlin.
Sie setzen schon zum 'aber' an ...
Ja, denn das Problem ist, dass die Aufwendungen auch steigen - zum Beispiel beim Blick aufs Personal. So ist die Personalaufwandsquote, also der Anteil der Personalaufwendungen an den Gesamterlösen, von 2019 bis 2021 von 42 Prozent auf 58 Prozent angestiegen - Tendenz weiter steigend. Im neuen DFL-Wirtschaftsreport haben wir indes einen Bundesliga-Durchschnitt für den vergleichbaren Zeitraum von gut 40 Prozent. Der 1. FC Union liegt also über dem Durchschnitt. Das hat auch damit zu tun, dass Begehrlichkeiten geweckt werden. Das gilt für die Spieler, die da sind - und auch für Transfers. Gerade Letztere werden plötzlich teurer. Die Berater wollen auch ihr Geld haben. Es steigert sich also alles, auch die Aufwendungen.
Wie kann ein Verein darauf reagieren?
Union hätte schon längst stärker in die Nachwuchs-Infrastruktur investieren müssen. Im Gegensatz zu Hertha BSC steht man eigentlich noch ganz am Anfang, hat im Grunde kaum Erfolge. Aber nur so kann sich ein Verein unabhängiger vom Transfermarkt machen. Es braucht Nachwuchstalente, die in die eigene Profimannschaft hochgeführt und dann gegebenenfalls teuer weiterverkauft werden. Union Berlin ist meines Erachtens - wie wir alle - sehr überrascht worden vom eigenen sportlichen Erfolg. Es kommt jetzt Geld rein in den Klub, aber man merkt, dass es infrastrukturelle Defizite gibt. Es muss jetzt an vielen Stellen investiert werden, sei es ins Nachwuchsleistungszentrum oder die Kapazität des Stadions. Das kostet Geld, das dann womöglich an anderer Stelle fehlt. Das wird ein großer Spagat.