Fury ist ein cleveres Kerlchen, keine Frage. Er hat zwar Klitschko auswärts entthront, boxerisch dabei aber keineswegs überzeugt und das gegen einen Gegner, der schon erkennbar durch Selbstperversion auf dem absteigenden Ast war. Für letzteres kann Fury nichts, bleibt aber trotzdem eine Tatsache. Wilder ist gefährlich, aber ein One-Trick-Pony und Fury hat das sehr wohl erkannt. Boxerisch ist Wilder sehr berechenbar und sein Schwächen kann man ausnutzen, wenn die Parameter stimmen. Dass sie bei Fury stimmen, ist fraglos ein Qualitätsmerkmal, aber auch da ist festzuhalten, dass Fury im dritten Kampf erneut Dirty Tactics brauchte, damit es am Ende klappt. 2011 war Chisora völlig legitim, 2014 hätte man Chisora schon nicht mehr als Gegner gebraucht, 2022 war es eine abgekartete Farce und selbst in dieser konnte Fury es nicht lassen, gegen einen völlig überforderten Payday-Abgreifer noch Dirty Tactics zur Anwendung zu bringen. Whyte war ok, aber mehr auch nicht. Wallin hättest Du nennen sollen, aber auch da war Furys Leistung eher wenig berauschend. Letztlich lebt Fury von den Wilder-Kämpfen und der Ehrfurcht, die dessen Schlagkraft auslöst. Ändert aber nichts daran, dass Wilder auf dem Niveau boxerisch limitiert ist.
Joshua Pulev vorzuwerfen, ist einfach albern, weil der zu der Zeit noch immer auf dem Niveau von Chisora/Whyte zum damaligen Zeitpunkt unterwegs war und Fury die Beiden noch (einmal) geboxt hat, als die noch besser abgehangen waren. Zu behaupten, dass Ruiz Jr. zum Zeitpunkt des ersten Kampfes ein No Name war, klingt plakativ, ist aber inhaltlich einfach nur Quark. Der Kampfrekord von Joshua ist, was die durchschnittliche Qualität der Gegner angeht um Längen besser als der von Fury. Daran ändern auch schwache Kämpfe, die Joshua unzweifelhaft hatte, gar nichts. Der Verweis auf Usyk ist übrigens albern, weil Fury Usyk zunächst geduckt hat und erst der Dubois Kampf und Usyks Schwäche bei Körpertreffern hat in Fury die Hoffnung aufkommen lassen, dass da doch noch etwas geht. Wer Mayweathers Jr. Sieg gegen den gut abgehangenen Pacquiao abfeiert, wird sich auch für Furys Cherrypicking begeistern können. Ich definitiv nicht.
Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Auch Hearn/Joshua suchen sich Gegner genau aus, bevorzugt solche, die man aus dem Sparring kennt. Das ändert nichts daran, dass er den besseren Kampfrekord hat und Fury mit dem Maul ganz groß, in der Realität aber ein Stück weit kleiner ist, wozu auch wieder die Nummer mit der falschen Größenangabe passt.