skyw@lker
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Gegenfrage: Was kann denn ein Trainer falsch machen, wenn sein Team 17 Sekunden nach Anstoß den Gegentreffer kassiert? Erst ist Klopp nur der Motivator, der keine Taktik kann (überspitzt gesagt), aber dann ist es wieder sein Fehler, wenn sein Team den Anpfiff verschläft?
Verstehe die Frage überhaupt nicht und was das mit der Einschätzung zu tun haben soll, die du mir hier zwar überspitzt aber im Kern auch falsch, suggerierst. Erstens habe ich nie gesagt, dass Klopp ein reiner Motivator sei. Im Gegenteil haben seine Teams eine der klarsten taktischen Handschriften der Welt.
Aber es ist doch wohl offensichtlich, dass dein Team noch nicht wieder ganz auf dem Platz steht, wenn du nach 17 Sekunden ohne einmal in eigenen Ballbesitz gekommen zu sein ein Tor kassierst. Das war ein ganz normales Setplay von Sevilla. Der lange Diagonalball wurde nicht unterbunden, Moreno geht schlecht raus, das Doppeln ist aber auch schwach und in der Mitte macht Lovren den kurzen Pfosten nicht zu und orientiert sich an eine Stelle, die von Außen schon abgedeckt wurde. Gerade wenn es so sein sollte, dass er reiner Motivator sei wäre es doch gerade sein Fehler, wenn ein Team dermaßen demotivert aus der Kabine kommt.
Wenn man die Kaderzusammenstellung von Liverpool bedenkt und in welcher Verfassung Klopp das Team übernommen hat, würde ich sagen, Klopp hat fast das Maximale aus dem Team rausgeholt. Ich verstehe auch nicht deine Aussage, dass Klopp und Pep identische (oder ähnliche) Taktiken haben und auf individuelle Stärke setzen. BVB Fans können mich gerne korrigieren, aber Klopp setzt doch auf Teampressing, also quasi das Gegenteil.
Das Maximum? Liverpool hat letztes Jahr mit einem ähnlichen Kader (-100 Mios für Benteke und Firminho) eine bessere Platzierung bei besserer Punktzahl erreicht und ist dieses Jahr hinter Southhampton, West Ham und Leicester ins Ziel getrudelt. Man kann gerne argumentieren, dass man Klopp erstmal eine Transferperiode Zeit geben muss um seine Arbeit dann in einem halben Jahr zu bewerten (macht auch Sinn und ich sehe das genauso) aber Stand jetzt hat er sicher nicht das Maximum rausgeholt. Rodgers wurde doch nicht entlassen, weil sein Team wie Chelsea auf den Abstiegsplätzen rumgegurkt ist und er Klopp einen demoralisierten Trümmerhaufen hinterlassen hat. Das ist einfach falsch.
Guardiola und Klopp lassen natürlich andere Systeme spielen, vor allem bei eigenem Ballbesitz. Ironischerweise hebst du hier aber das einzige als Unterschied hervor, was in beiden Systemen den absoluten Kern darstellt, nämlich das Gegenpressing. Wenn natürlich auch mit dem Ziel bei Pep möglichst schnell wieder in Ballbesitz zu kommen und bei Klopp möglichst schnell wieder nach vorne zu spielen.
Mir ging es darum, dass hier früher immer behauptet wurde, Guardiola würde den schönsten Fußball der Welt spielen lassen. Dann wurde irgendwann gesagt, dass es ja auch vor allem an der individuellen Klasse der Spieler liegen würde. Was natürlich auch stimmt. Guardiola versucht mit seinem System Räume und Passwege zu öffnen, die seine schnellen Stürmer in 1vs1 Situationen bringen. Im letzten Spieldrittel sieht man da auch keine einstudierten Passstaffetten (zumindest nicht bei Bayern. Bei Barcelona wurde ja oft der Schnittstellenpass zwischen IV und AV gesucht, in deren Lücke die AV (Alves) brutal reingezogen sind und dann quergespielt haben), sondern es geht darum den Gegenspieler im 1vs1 zu schlagen und daraus dann aus Gleich- oder Überzahlsituationen Torchancen zu kreiieren. Das letzte Spielfelddrittel finde ich deshalb bei Pep ziemlich anarchistisch geprägt, während im mittleren Drittel jeder Pass- und Laufweg minutiös abgestimmt wird. Deshalb wird das System ohne individuelle Klasse auch keine Torchancen kreieren.
Bei Klopp ist es doch im Grunde auch so, dass das Spiel davon lebt, dass man ab dem Moment wo man den Ball gewonnen hat über individuelle Klasse verfügt. Götze und Kagawa waren doch essentielle Bestandteile des Systems weil sie unkontrollierte Querschläger oder Kopfballablagen mit einem Kontakt sofort in geordnete spielerische Bahnen lenken konnten. Dazu hatte Dortmund mit Lewandowski für die langen Bälle den besten Wandspieler der Welt und mit Piszczek und Schmelzer zwei Pferdelungen auf den Außen, die sofortiges Nachrücken auch physisch bewältigen konnte, ohne hinten riesige Löcher zu reißen. Das System selbst garantiert erst einmal für gar nichts, es sorgt wie bei Pep erstmal nur dafür, dass man den Ball möglichst früh gewinnen soll. Klopps Intention ist es von da aus möglichst schnell zum gegnerische Tor zu kommen, während Guardioala den Ball einfach möglichst weit weg vom eigenen Tor wiederhaben will. Dessen Ballbesitzfußball ist nämlich in allererster Linie ein Defensivkonzept.
Deswegen sehe ich folgenden Satz von xEr:
Es ist nun mal so, dass Klopp die ganzen Jahre immer mit individuell schwächeren Teams gegen die Elite mithalten sollte und das auch oft gut getan hat.
auch einfach als falsch an. Der BVB war nämlich individuell eben nicht unterlegen. Beim CL-Run waren Piszczek, Götze, Gündogan, Lewandowski und Weidenfeller absolute Weltklassespieler. Hummels und Reus haben sicher nicht am Maximum ihrer persönlichen Klasse (was dann Weltklasse gewesen wäre) gespielt, aber auf jeden Fall im Runner-up Bereich. Ich bitte auch inständig darum jetzt nicht irgendwelche Gehaltstabellen rauszuholen, um das ganze zu relativieren. Wäre die gleiche Mannschaft bei Manchester City unter Vertrag gewesen, hätten sie auch die 200Mio Grenze geknackt. Der BVB war einfach so gut. Man kann jetzt sicher das CL-VF gegen Real im Jahr darauf anführen, als man mit Manuel Friedrich und Olli Kirch 2:0 gegen Real gewonnen hat. Das war natürlich eine beeindruckende Leistung, auch von der taktischen Ausrichtung her. Aber die ganzen äußeren Faktoren mal beiseite (Pepe spielt einen katastrophalen Fehlpass vor dem Tor, Ronaldo spielt gar nicht mit, Real verschießt einen Elfer..achja und Real hatte ein 3:0 im Rücken, mit so einem Vorsprung haben sie auchmal zuhause gegen Schalke verloren) war es eben auch nur ein Spiel. Es ist ja nicht so, dass Klopp die ganze Zeit mit solchen Spielern gegen andere Weltklasseteams auflaufen musste. Dafür ist die Buli auch einfach zu schlecht.
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