Und wieder schwingt sich die Legende aus Belgrad auf zu einem neuen Husarenstück, welches ihm historisch gesehen wohl kaum jemand nachmachen kann und konnte. Seit den AO 2012 ist er der 6 Stunden-Mann, seit Paris diesen Jahres der 4 Tage-Mann und nun will er tatsächlich mehr oder weniger einarmig erneut den 3. GS Titel des Jahres gewinnen. Die geschichtliche Bedeutung dieses Sportmoments wird hier in keiner Form angemessen gewürdigt, aber man kennt es kaum anders. Stattdessen treten Gestalten wie El Monitor aus dem Zwielicht und werfen in Rotzlöffelmanier mit Schmutz nach der Nummer 1. Das ist Sittenverfall und nichts Anderes!
Nachdem Djokovic im letzten Jahr mit etwa 70 prozentiger Leistungsfähigkeit einen Federer in Galaform in die Schranken verwies, ist er nun gezwungen mit schätzungsweise 50 Prozent und körperlichem Handicap diese Leistung noch zu steigern. Es ist offensichtlich, dass er seit Monaten mit schweren Verletzungen spielt. Ein Medizinmann, der auf Djokovics Röntgenbilder blickte, sprach gar davon, dass man in diesem Zustand wochenlang gar kein Tennis spielen könne. Aber Novaks Leidensfähigkeit und moralische Qualität kann wohl temporär gar Naturgesetze außer Kraft setzen. Auch schwerste private Krisen und das Lieferwagenattentat von Wimbledon konnten es nicht verhindern, dass er am Sonntag wieder im Kessel New Yorks stehen und versuchen wird, das Unmögliche wahr zu machen. Überflüssig zu erwähnen, dass jeder aufrechte und ernsthafte Tennisfan geradezu verpflichtet ist sich hinter diesen großen Mann zu stellen um einen weiteren magischen Moment in dieser großen Tennisära zu durchleben.
Eine nicht zu unterschlagende Komponente hierbei ist, dass Wawrinka als erneuter GS-Sieger wohl kaum akzeptabel sein kann. Ich respektiere ihn sehr und habe Achtung vor den Topleistungen, die er für gewöhnlich an 2-3 Tagen im Jahr abliefern kann. Aber hierin liegt eben auch schon das Problematische.
Ein derart unkonstanter Schönwetterspieler wäre als Champion doch ein sehr bedenkliches Signal für den Tennisport im Ganzen. Gerade die jungen, hoffnungsvollen Spieler, die die Zukunft repräsentieren, könnten hier potenziell fehlgeleitet werden. Dekadente Exzentriker ala Kyrgios und Rublev haben wir schon zur Genüge in den Startlöchern stehen. Es werden gefestigte Charaktere mit nie versiegender Arbeitsmoral und einem tadellosen Lebenswandel benötigt. Ein unkonstanter, unrasierter mit Badehose und Bierbauch spielender, oftmals als reiner Glücksbolzer agierender Wawrinka kann und darf da nicht das Leitbild sein.
Zu einem gewissen Grad habe ich Verständnis für die persönlichen Präferenzen und Liehbabereien gewisser Personen hier. Aber dafür die Zukunft und Seriösität des Tennissports opfern? Niemals! Wie bei der Causa Federer muss man sich auch hier diesen gefährlichen Tendenzen entgegenwerfen und ihnen vorbeugen. Ansonsten haben wir bald nur noch Servebots, Ballbasher und Clowns als Repräsentanten des Sports.
Alles weitere müssen wir nun wieder in die Hände Djokovics legen und hoffen, dass entgegen aller Erwartungen und Umstände erneut das Licht die Dunkelheit vertreibt.