Klitschko: "Nach Tschernobyl wuchs ich plötzlich um 18 Zentimeter"
Die Klitschko-Brüder Vitali (33) und Wladimir (28) – heute sind sie millionenschwer und können sich alles leisten.
Doch damals in Kiew mit Vater Wladimir sen., einem Oberst der Luftwaffe, und Mutter Nadja war das alles andere als luxuriös. Die Klitschkos berichten in ihrer Biografie „Unter Brüdern“:
„Unsere Wohnung außerhalb des Stadtzentrums bestand exakt aus einem Zimmer, sah man einmal von dem schmalen Badezimmer ab, in dem wir gar nicht baden konnten, weil es keine Wanne gab. Zwanzig Quadratmeter für vier Personen.“
Und ihre Jugend in Kiew war gefährlich.
Vitali: „Tatsächlich hatte es in meinem Leben ein Dutzend Situationen gegeben, in denen der Sensenmann bereits auf mich zu warten schien. Man braucht sich nur meinen Körper anzusehen: Er ist übersät mit Narben,
fünfzig sind es bestimmt.
Die auffälligste Narbe, die jeder sehen kann, weil sie sich von meinem linken Mundwinkel halb über die Wange zieht, zog ich mir im Alter von fünf oder sechs beim Herumtoben mit einem Freund zu.“
Der Freund rannte durch eine Glastür.
„Eine Scherbe der berstenden Scheibe hatte sich wie ein breiter Pfeil in meine Wange gebohrt, ganz tief, bis die Spitze innen in der Mundhöhle wieder herauskam. Großmutter war gerade zu Besuch. Da sie so schnell keinen Arzt auftreiben konnte, zog sie die Glasscheibe selbst heraus und nähte die klaffende Wunde mit Nadel und Faden – ohne Betäubung.“
Besonders gefährlich aber waren unterirdische Atomtests. Die Klitschko-Brüder wunderten sich, warum ab und an die Erde bebte.
Wladimir erzählt: „In Wirklichkeit saßen wir ahnungslos auf einem Pulverfass, das jedes Mal explodierte, wenn hoch qualifizierte Wissenschaftler nach empirischen Beweisen für ihre Experimente suchten. Unterirdisch veranstalteten sie die inszenierten Supergaus... Ich möchte nicht wissen, wie viel wir davon abbekommen haben.
Keinem von uns hängten sie damals ein Dosimeter (misst die radioaktive Strahlung/ d.Red.) um. Ich weiß auch nicht, ob es an der gefährlichen Strahlung lag, aber sonderlich robust war meine Konstitution im Kindesalter nicht.“
1986 geschah der Super-Gau: Die Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl, die von der UdSSR zunächst verschwiegen wurde. Vitali berichtet:
„Von Tag zu Tag kamen weniger Schüler zum Unterricht. Zuerst blieben die Kinder von hochgestellten Persönlichkeiten fern.
Aufgrund ihrer Posten schienen die Eltern besser informiert als andere. Doch auf diese Weise sickerte die Nachricht allmählich in der gesamten Stadt durch.
Nachdem jemand verbreitete, Wodka würde die giftige Strahlung im Körper neutralisieren, wenn man nur ausreichend davon tränke, waren innerhalb weniger Stunden sämtliche Wodkavorräte ausverkauft. :laugh2: :laugh2:
Es gelangten Meldungen in Umlauf, wonach mit der Evakuierung der Bevölkerung zu rechnen sei ... Auf dem Hauptbahnhof spielten sich unglaubliche Szenen ab. Tausende drängten sich mit ihren Habseligkeiten an die Fahrkartenschalter, um einen Platz im nächsten Zug zu ergattern.
Innerhalb einer Woche sollen eine Million Einwohner aus Kiew geflüchtet sein.
Erst am 7. Mai, also elf Tage nach der Explosion, ordneten die Behörden an, sämtliche Schulen zu schließen und die Schüler der ersten bis siebten Klassen in Pionierlager zu schicken. Wladimir fuhr mit seinen Klassenkameraden in einen Ort am Asowschen Meer. Dort blieb er bis zum Ende der Ferien, fast vier Monate.
In den dreieinhalb Monaten, die wir uns nicht gesehen hatten, war ich achtzehn Zentimeter in die Höhe geschossen.
Das kam ihm unheimlich vor. Meinen Mitschülern übrigens auch. Als wir uns nach den Ferien wiedertrafen, überragte ich plötzlich alle. Keine Ahnung, ob das mit der Strahlung zusammenhing.“
Quelle: http://www.bild.t-online.de/BTO/index.html