Interview mit Ex-Weltmeister Lennox Lewis
DIE WELT: Trauern Sie Ihrer Boxkarriere nach, Herr Lewis?
Lennox Lewis: Nein. Ich ordne gerade mein Privatleben und überlege, was ich machen soll, nachdem ich gemerkt habe, daß durch das Boxen keine Millionen Dollar mehr hereinkommen. Ich starte ins Geschäftsleben und lese viele Drehbücher. Als ich noch geboxt habe, wollte ich nicht zuviel nebenbei machen, um nichts an Konzentration einzubüßen. Ich wollte keine Kämpfe wegen Werbung verlieren. Nun bin ich nur noch froh, daß ich mal Boxer war.
DIE WELT: Sie wollen ins Film- oder das Musikgeschäft einsteigen?
Lewis: Viele Leute Fragen mich nach dem Musikgeschäft, ich hätte ein Label und so. Doch da ist nichts dran. Aber Filme interessieren mich. Nun geht es darum, das richtige Drehbuch rauszufischen.
DIE WELT: Es gibt absolut keine Voraussetzungen unter denen Sie sich im Ring zurückmelden könnten?
Lewis: Ich wollte immer mal gegen Riddick Bowe kämpfen, bevor er den Gürtel niederlegte und bevor er der Armee beitrat. Weil ich immer gedacht habe, daß da noch Füllung aus dem Hühnchen zu prügeln sei. Aber nachdem ich sein letztes Fiasko eines Kampfes gesehen habe, muß ich feststellen, daß er sehr zugenommen hat und zu einem fetten Truthahn geworden ist. Er ist kein Hühnchen mehr. Ich komme nicht zurück. Ich habe zugunsten des Boxens lange darauf verzichtet, eine Familie zu gründen. Nun habe ich sie und keinen Grund, zurückzukehren.
DIE WELT: Würden Sie Ihren Sohn Profiboxer werden lassen?
Lewis: Hoffentlich läßt sich das vermeiden. Aber wenn ich mir Kinder ehemaliger Boxer angucke, muß ich feststellen, daß wir es wohl kaum verhindern können. Wollen wir es unterbinden, wächst in den Kindern nur ein größeres Verlangen. Vielleicht liegt es ihnen im Blut. Wenn mein Sohn also ankäme, würde ich sagen: "Okay, sieh zu, daß Deine Zensuren stimmen, und dann sehen wir weiter.'
DIE WELT: Sie kommentieren am Samstag für den US-Sender HBO. Ist das Ihre Zukunft?
Lewis: Ich nehm's, wie's kommt. Ich möchte gern den Standpunkt eines Boxers rüberbringen, weil viele Kommentatoren nie selbst einen Handschuh übergezogen haben. Ich bin definitiv keiner dieser voreingenommenen Kommentatoren.
DIE WELT: Aber Danny Williams ist Ihr Landsmann.
Lewis: Sicher macht es das schwierig. Ich sähe gern einen Briten als Nachfolger. Egal welchen.
DIE WELT: Wie sehen Sie die Qualität der Schwergewichtsklasse nach Ihrem Rücktritt?
Lewis: Ich sehe, wie sich die Konkurrenz weit geöffnet hat. Manche kommen sogar aus dem Ruhestand zurück, weil sie nun glauben, daß sie Weltmeister werden können, da ich nicht mehr da bin. Viele Leute sehen jetzt große Chancen und sind heiß. Ich bin glücklich, daß ich das herbeigeführt habe. Allerdings hoffe ich, daß sich bei einem Boxer wie Evander Holyfield gute Freunde im Umfeld finden, die ihn vor sich selbst schützen.
DIE WELT: Geht es in dem Kampf am Samstag um den WM-Gürtel oder einen beliebigen unter vielen?
Lewis: Wenn ich entscheiden müßte, wer die Zunft nun anführt, würde ich Vitali nennen. Aber er wurde noch nie richtig geprüft. Da gibt es viele offene Fragen. Wir leben in einer neuen Ära: ohne einen mit mir oder Tyson vergleichbar dominanten Boxer.
DIE WELT: Welche Fragen sehen Sie noch unbeantwortet?
Lewis: Bei beiden Brüdern, ob sie das Stehvermögen, die Durchhaltekraft haben. Dem einen Bruder, Wladimir, fehlt sie bestimmt. Da muß man den anderen kritisch beobachten. Ich hätte das gern in unserem Kampf bewiesen. Er war auf dem Wege unterzugehen, als der Kampf gestoppt wurde, nach einer Platzwunde, die ich ihm beigebracht hatte. Verträgt er wirklich Schläge ans Kinn? In den letzten Runden habe ich ihn mit zwei wahnsinnigen Aufwärtshaken getroffen. Nach der zweiten hat er mich mit seinem ganzen Gewicht fast eine Minute lang gehalten, und ich hab vergeblich versucht, ihn abzuwerfen. Ich glaube nicht, daß er mehr vertragen hätte. Ich wollte nicht nach Punkten siegen, ich wollte ihn ausknocken. Als sie abbrachen, war ich enttäuscht: Ist er außerdem zu anfällig für Platzwunden? Wie geht er mit Druck um? In seiner Vergangenheit hat er nur gezeigt, daß er bei einer Verletzung nicht den Sturm meistern und weitermachen kann. Ich habe nichts gegen ihn. Ich mag ihn. Ich sage nur, ich sehe verschiedene Möglichkeiten, ihn zu schlagen.
DIE WELT: Sie haben mit Ihrer Größe und Statur neue Regeln im Schwergewichtsboxen geschaffen. Nun setzt Klitschko noch eins drauf. Ist es an Danny Williams, die Dimensionen wieder zurückzuschrauben?
Lewis: Ja, zu einem gewissen Grad. Aber ...
Hier das komplette Interview: http://www.welt.de/data/2004/12/08/371620.html?s=2