Ich glaube, das Problem ist, dass ja nicht nur sportliche Qualität geht, sondern auch Führungskraft, und das darf man nicht unterschätzen. Mielitz z.B. mag ja ein guter Torwart sein, mit 95% der deutschen Keeper aus Liga 1 oder auch 2 macht man wenig verkehrt. Aber es braucht eben auch Erfahrung und Einfluss auf Mitspieler, nicht nur individuelle Leistung. Und da droht Bremen schon ein gewisses Vakuum, wenn gleich auf mehreren Schlüsselpositionen etablierte Führungsspieler wegbrechen und das ist nicht mal schnell mit 2-3 Transfer der unteren Preiskategorie gefüllt. Es gab auch schon genug Beispiele, die nach einem solchen Umbruch in Abtiegsgefahr geraten oder gar abgestiegen sind.
Das Problem ist aber auch, dass unsere etablierten Spieler (Fritz, Wiese, Pizarro) auch keine Führungsspieler sind/waren. Da sehe ich das Vakuum gar nicht so groß. Im Gegenteil: das ist Teil des Problems, das Werder seit langem mit sich rumschleppt. Der Abgang von Micoud und auch Leuten wie Ernst, Ismael oder Krstajic ist in dieser Hinsicht nie kompensiert worden. Für mich immer exemplarisch ist die Zeit mit Diego gewesen. Man hat dort nie etwas gewonnen, weil die Mannschaft nie bereit war, auch bedingungslos nach hinten zu arbeiten. Da fehlte eben die Bereitschaft und der Wille, der eben auch von einer intakten Mannschaft erzeugt wird. Dafür braucht man doch eigentlich "Führungsspieler". Der Monsieur hat alles getan, selbst nach hinten gearbeitet wenn es sein
musste und nicht anders ging. Der letzte "Führungsspieler" war eigentlich Pasanen, was schon viel aussagt.
Das Hauptproblem sehe ich aber als relativ objektiver nicht-Fan aber Sympathisant wo anders: Allofs und Schaaf haben lange Zeit das Konzept von Rehhagel erfolgreich weitergeführt: Wenn unsere Stars gehen, holen wir No-Names und machen neue Stars draus. Nur habe ich das Gefühl, dass dieser Mythos schwindet und sich die Zahl der Fehlgriffe gehäuft hat.
Das stimmt ja nun nicht. Klar ist, Werder kann und konnte nie konstant klotzen. Läuft nicht bei einem Umfeld, das im unteren BL-Drittel anzusiedeln ist. Gladbach, Schalke, Hamburg und der BVB haben bei gleichem sportlichen Erfolg wahrscheinlich 30-50 Prozent mehr finanziellen Spielraum. Daher ist es kaum möglich, anders vorzugehen, als mit dem gehobenen Standard eines Ausbildungsvereins. Einen Özil und Diego kann so ein Verein nicht halten. Immerhin hat man es geschafft, dass man nicht reihenweise Top-Leute ablösefrei abgeben musste, was den Verein schon einmal fast extrem belastet hätte (wenn man nicht dankenswerterweise in dem Jahr Meister geworden wäre).
Das sollte aber auch nicht davon ablenken, dass Werder durchaus eine Reihe (vergleichsweise) teurer Transfers regelmäßig abgewickelt hat. Die haben nur reihenweise nicht wirklich oder nur kaum gezündet (Carlos Alberto, Wesley, Arnautovic, Ekici, Marin). In der Häufung steckt ein Verein wie Werder das so mal eben nicht weg. Dann muss halt an anderer Stelle das Tafelsilber (Mertesacker) verkauft werden.
Für mich zählt es jetzt für Allofs und Schaaf. Beide räumen die Gehaltsliste leer (Boro, Wiese, potenziell auch Fritz und Pizarro) und haben Transferüberschüsse erwirtschaftet. Jetzt müssen die Neuzugänge auch sitzen, sonst spielt man definitiv gegen den Abstieg im nächsten Jahr. Die Substanz ist nicht da. Kann man mir erzählen was man will. Jugend ist per se kein Qualitätsmerkmal. Derzeit ist das Team jung und - im BuLi-Maßstab - nur eingeschränkt konkurrenzfähig. So kann es nicht bleiben, vor allem weil die große Entwicklung (noch) nicht zu sehen ist. Auf eine Leistungsexplosion zu vertrauen, wäre aber fahrlässig und schlechtes Management. Das lässt sich nicht sicher prognostizieren. Daher muss gehandelt werden. An dieser Transferperiode entscheidet sich nun final die Zukunft der nächsten 3-5 Jahre aus meiner Sicht und damit auch die Zukunft der sportlichen Führung in Bremen.