nobbylenz
former Box-Tippspiel-Champion
Nö. Erstens wurden die Urteile nicht nur hier 'verspottet', sondern auch in den großen, internationalen Foren - und das zurecht! Zweitens sollte man sich fragen, ob man diesen Sport um jeden Preis im öffentlich-rechtlichen Fernsehen haben will. Was man verliert, ob man überhaupt etwas verliert, wenn auch die ARD ihren Geldhahn schließt, darüber kann man sich trefflich streiten. Ich brauche diese Übertragungen nicht unbedingt, da es sich in den selteneren Fällen um Spitzensport handelt, und ich die Rahmenbedingungen, das undurchsichtige Verbändewesen und nicht zuletzt die streitbaren bis skandalösen Punkturteile nicht gutheißen kann. Oder den Spieß einfach umgedreht: Was verliert man denn konkret, wenn die Geldbächlein versiegen und der Bildschirm künftig schwarz bleibt?
Zuerst einmal gab es neben Fehlurteilen sicher auch viele gute und faire Kämpfe bei SE oder UBP. Aber der Mensch neigt generell eher dazu, sich Negativ-Schlagzeilen zu merken. Was wir allein in diesem Jahr an Fehlurteilen im Boxen weltweit erlebt haben, läßt nicht gerade den Schluss zu, dass es in Deutschland nun besonders dreist zugeht. Und selbst wenn: Dadurch dass skandalöse Punkturteile durch die TV-Präsenz eine viel höhere Aufmerksamleit erhalten, findet auch eine breitere Diskussion darüber statt.
Bei den Übertragungen von SE und früher UBP handelt(e) es sich außerdem in den allermeisten Fällen durchaus um Spitzensport - sonst gäbe es in der Tat keine Berechtigung diese Boxkämpfe im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu übertragen. Da besonders UBP bei der Qualität der Kämpfe zuletzt immer mehr nachgelassen hatte, wurde der TV-Vertrag ja auch nicht mehr verlängert.
Die Alternativen zu UBP sehen dann derzeit so aus: SE überträgt nach wie vor in der ARD. Sturm kämpft bei SAT1, ist aber seinen Titel los und ob bei ihm immer das Prädikat "Spitzensport" gerechtfertigt ist, wird ja auch gerne mal kritisiert. Die K's kämpfen bei RTL, inszenieren sich als event fast ausschließlich selbst und das ganze hat nur noch eine begrenzte Laufzeit. Dann haben wir da noch diverse Übertragungen bei Eurosport oder Sport1, die häufig eher regionalen Charakter haben bzw. sportlich nicht ganz so hochklassig sind. Oder es werden (wie bei Eurosport) Kämpfe gezeigt, die vor Monaten stattgefunden haben und von Kastor gelangweilt kommentiert werden.
Dann gibt es natürlich das Internet mit diversen legalen und illegalen Möglichkeiten, sich Boxkämpfe live reinzuziehen. Gut, für einige Spitzenkämpfe aus Übersee ist das natürlich eine sehr gute alternative bzw. häufig sogar die einzige, es sei denn man sitzt wie Ebby Thust auf Mallorca und verfügt über eine Luxus-Satellitenschüssel, mit der man zur Not auch außerirdische Signale empfangen kann...
Boxen im Internet hat aber das große Manko, wie vieles was dort stattfindet, dass es eher zu einer Vereinzelung führt. Anstatt - wie früher - gemeinsam vor dem TV oder sogar noch besser live vor Ort einen Boxkampf anzuschauen, sitzt jeder anonym an seinem Rechner bzw. Smartphone. Einigen ist das aber auch wieder zu langweilig, und die finden sich dann z.B. zu sogenannten "live-scorings" zusammen Darin zeigt sich doch das "Bedürfnis", das erlebte gemeinsam mit anderen zu teilen. Das ist natürlich dann auch wieder ein Vorteil des Boxens im Internet.
Man kann gerade beobachten, dass in anderen Sportarten wie vor allem Fußball zwar die Internet-Präsenz an Bedeutung gewinnt, aber niemals das (Gemeinschafts-)Erlebnis live vor Ort oder eben im TV ersetzen kann oder wird.
Wenn ich es mir recht überlege, so muss ich zugeben dass ich mir Boxen immer noch am liebsten in der ARD anschaue, auch UBP im ZDF war über viele Jahre quasi eine Pflichtveranstaltung, bevor sie mit Frauenboxen und Kämpfen wie Sturm-Sato das Niveau nach unten gezogen haben.
Ich schaue als Boxfan natürlich alles mögliche an Kämpfen auch in anderen Programmen und Medien.
Meiner Meinung nach ist es immer noch die beste Option, wenn Boxen mit einer gewissen Regelmäßigkeit für alle Menschen frei empfangbar übertragen wird, um nicht noch mehr im Nischendasein und damit aus dem Fokus der Öffentlichkeit zu verschwinden.
Insofern bedaure ich das Verschwinden von UBP durchaus. Wenn man es fair betrachtet hat UBP über die Jahre auch viele sehr gute events und große Kämpfe veranstaltet und damit ein Millionen-Publikum erreicht...musste ja auch mal gesagt werden.