Ich denke, Vitali ist Profi genug, um sich auf Valuev einstellen zu können. Er wird wohl kaum denken:"Ach, ich mach einfach den lean-back wie immer!" und sich dann im Ring wundern, dass Valuev längere Arme hat als er. Gegen Lewis und auch Kirk Johnson, die beide lange Arme haben, ist er auch öfter abgetaucht, das sollte er - zumal gegen Valuev - auch mit 38 noch hinkriegen. Und Valuev wurde schon von schwächeren Gegnern als Klitschko vorgeführt, hat sich sogar von Donald mehrfach mit dem Cross auskontern lassen, deshalb mache ich mir keine Sorgen um Vitali. Außer höchstens - und das ist kein Witz - dass er sich beim ersten harten Schlag mit rechts die Hand an Valuevs Schädel bricht. Das ist meiner Meinung nach die einzige Möglichkeit für Valuev zu gewinnen.
donald war von der anlage her ein ganz anderer typ als vitali. anderer jab, andere beinarbeit, andere beweglichkeit.
gegen valuev muss vitali gleich an mehreren stellschrauben drehen; so wie er bislang funktionierte, wird er gegen den russen nicht funktionieren können. der jab, der gegen kleinere oder gleichgroße gegner durch die unorthodoxe "deckungshaltung" seinen drive und seine variabilität gewinnt, fällt gegen valuev flach; der half hook, also aus dem jab übersetzte linkshaken ebenfalls. damit sind zwei wesentliche werkzeuge klitschkos durch die bloße veränderung des schlagwinkels und wegen der kleineren reichweite neutralisiert. daneben muss vitali aufgrund dieser reichweitennachteile so etwas wie eine stick&move-taktik verfolgen. dazu ist er, mutmaße ich, mit seinen 38 lenzen einfach nicht mehr ausgelegt. er ist auf die pausen, die er sich in der ringmitte gegen kleinere, über den jab distanzierte leute gönnt, durchaus angewiesen. ob es ihm mit seinem geschundenen rücken tatsächlich gelingen mag, dem übrigens sehr formidablen jab des russen dauerhaft auszuweichen, ist ebenfalls völlig ungewiss. der "lean back" geht nicht mehr so einfach, und das abtauchen stelle ich mir über vier oder fünf runden hinweg nicht nur sehr mühselig, sondern auch spaßig vor. ich nehme mir als maßstab die letzten kämpfe; mit lewis und johnson kann man kaum argumentieren, das liegt ja schon ein halbes jahrhundert zurück - und in seinen letzten fights sah er schon etwas staksig aus.
natürlich ist damit das letzte wort noch lange nicht gesprochen. sdunek & co werden schon eine oder gleich mehrere strategien in petto haben. aber ein selbstläufer ist dieser kampf noch lange nicht, obwohl die vermeintliche favoritenrolle bereits jetzt schon vergeben zu sein scheint. valuev ist kein besonders starker boxer, aber er ist auch keine pfeife und durch seine körperlichen attribute eher so etwas wie eine große wundertüte. erst recht dann, wenn es gegen einen mann wie klitschko geht, der eben auch zu einem guten teil über seine herausragende physis lebt. für mich ist das ein unerhört brisantes duell.