Ich glaube nach den folgenden Zeilen habe ich das Thema Wladimir erstmal für mich verarbeitet und kann nun mit meinem eigenen Leben wieder weitermachen.
Wladimir Klitschko - Ausgedominatort
Boxexperten, Buchmacher, Metzgereifachverkäufer, Panzergrenadiere und fast alle relevanten Pfadfinder waren in trauter Einigkeit: Der Dauerdominator des Schwergewichts würde dem aufmüpfigen, britischem 206cm Riesen Tyson Fury eine Lektion erteilen. Im Vorfeld des Kampfes ließ Jener keine Gelegenheit aus seine Hobbies (Singen, Psychokrieg, Spalten von leckeren, wasserhaltigen Früchten per oberer Vorderkopfseite) zur Schau zur stellen. Langjährige Beobachter des Faustsports prognostizierten selbstbewußt daß man damit das Beste von Fury bereits gesehen habe.
Die Rechnung wurde gänzlichst ohne den ersten ukrainisch-deutschen champ gemacht.....
Die Haltungsnoten Klitschkos waren durchwegs positiv: leichten Schrittes und mit korrekt geradem Rücken, dabei in Hüft- und Kniegelenke federnd - jedem neuen Audi A4 zur Ehre reichend - manövrierte Klitschko zielstrebig gen Tyson Fury. Soweit gestaltete sich der Start des Duells als überraschungsarm und wie erwartet. Das die Kontrahenten beim Einläuten der ersten Runde den zwischen ihnen liegenden Abstand verkürzen, war durchaus zu erwarten.
Verblüffenderweise war des Klitschkos Hauptaugenmerk auch 10 Runden später noch der leicht tänzelnde Schritt mit gleichermaßen liebevoll, wie gekonnt eingestreuten Umarmungsversuchen seines verduzt dreinblickenden Gegners Tyson Fury, der sich vehemment gegen sämtliche Zärtlichkeiten aus der ukrainischen Ecke zur Wehr setzte. Klitschko, weiterhin unbeirrbar wie permanent bestrebt Körperkontakt zum Briten herzustellen, wirkte mit Dauer des Gefechtes zusehends frustrierter, da seine adrett vorgetragenen Annäherungsversuche ohne Erwiderung verpufften.
Dieses repetive, einem Balzgebahren anmutende Verhalten verwunderte Laien wie Experten gleichermaßen, da aufgrund der Animositäten im Vorfeld nicht davon ausgegangen werden konnte daß Wladimir Klitschko im Ring Sympathiebekundungen für den Herausforderer offenbaren würde.
Direkt am Ring konnte man vereinzelt die Theorie aufgreifen, ob Klitschko vielleicht mit den geschmeidig zelebrierten Gegnerumarmungen den großen, starken und charmanten Herausforderer zum Tanz auffordern wolle. Unter Klitschko Gegnern hält sich sowieso hartnäckig das Gerücht, Wladimir würde schon seit längerer Zeit seinen Kampfstil so modifizieren um vermehrt homoerotische Phantasien ausleben zu können, und desshalb würde sein Frau Hayden P. nun immer ganz genau hingucken wenn der Ehemann..... "boxt". *zwinkerzwinker*
Diese und ähnliche krude Erklärungsmodelle bringen das Ringgeschehen auf den Punkt:
Das Publikum, eben noch in überschwenglicher erwartungsfroher Heiterkeit dem Schwergewichtsimperator bei der Arbeit zusehend, rang luftschnappend nach Aufklärung. Und nicht alle in der Hast des Moments erstellten Thesen, die da feilgeboten wurden, dem Zwecke dienlich das Unbegreifliche ins eigene Realitätssystem einzuordnen, können hier aufgrund ihrer unanständigen Bodenlosigkeit genannt werden.
Der ukrainische Faustfecher kann in seinen Kämpfen selten mit Blutvergießen, Brutalität, Gnadenlosigkeit oder anderen Garstikgeiten punkten, aber das Maß an Gewaltfreiheit, mit der der Champ an diesem legendären Novembertag im Jahre 2015 agierte, war eines Boxmeisters denkwürdig.
Der langjährige boxinteressierte Zuseher, vielerorts zitternd, mit Tränen in den Augen, mußte schlagnumerisch eine Eskalation der Passivität hinnehmen die sich gewaschen hatte.
Der ehemalige Boxer hat mit diesem Kampf eindeutig seine Prioritäten offenbart, er hat sich geoutet: Er will seinen Gegnern nicht mehr weh tun, er will Sie knuddeln, kuscheln, ganz doll lieben haben und mit rosa Wattebäuschen nach ihnen werfen.
Wenn schon nicht im Ring keine Salven abgefeuert wurden, so war es zumindest ein satter Schlag in das Gesicht der Zuschauer !
Statt 1 Gegner effektvoll auszuknocken, hat er Millionen Zuschauer eine Abreibung verpaßt. Sowas hat kein Hagler, kein Duran und auch kein Ali vollbracht !