Vor zwei Wochen in Oppenheimer gewesen, muss aber hier nochmal hinterlegen, dass es für mich ein unfassbares Meisterwerk ist. Keine Sekunde gelangweilt, audiovisuell einfach grandios. Der Film halt bis jetzt noch nach. Interstellar sehe ich noch keinen Tick grandioser, aber definitiv auf einer Stufe mit Dunkirk und anderen Nolan-Meisterwerken.
9.5 / 10
Solche Meinungen hatte ich einige gehört und gelesen, als ich ins Kino gegangen bin. Und Junge, wurde ich enttäuscht. Nach dem erbärmlichen Tenet ist Nolan für mich sehr stark auf dem absteigenden Ast. Tarantino konnte sich von einem vergleichbaren, wenn auch längst nicht so tiefen Karriereknick erholen und ist gegen Ende seiner Karriere wieder brilliant geworden. Ob Nolan das auch gelingt? Gerade weil er für den schlechten Oppenheimer so viel Zucker in den Hintern geblasen bekommt, bin ich da leider skeptisch.
Wo fange ich an? Vielleicht da, wo Nolan anfängt. Wie ein von Tiktok auf die falsche Bahn gebrachtes ADHS-Kind, dem man ein Budget von Hunderten Millionen Dollar gegeben hat. Was zur Hölle sollen diese wilden, zufälligen Cuts am Anfang? Klar kann man das machen, wenn es der Erzählung dient, wenn hohes Tempo Teil der Story ist, aber das ist in diesem Film nicht der Fall. Vielleicht hätte ich vor dem Kinobesuch koksen müssen, um die Genialität zu erkennen. Was Nolan da macht, ist wie ein Fallrückzieher ins Leere - soll geil aussehen, aber man macht sich am Ende nur lächerlich damit.
Nun waren Charaktertiefe, Emotionen und Liebesbeziehungen nie eine Stärke von Nolan. In seinen Meisterwerken (Memento, Dark Knight, Inception) konnte ich darüber gut hinwegsehen, weil es nicht zentral war und weil Nolan gut darum herum gearbeitet hat. Aber in einem Biopic ist die Motivation des Charakters nunmal zentral. Und er macht das so schlecht, das ist schon fast unfreiwillig komisch, Wahnsinn. Der Tiefpunkt ist Oppenheimers "Beziehung" zu der Kommunistin. Das hätten 80 Prozent der deutschen Filmstudenten überzeugender inszenieren können. Mir ist nicht ansatzweise klar geworden, was die beiden eigentlich aneinader schätzen und was sie verbindet.
Los Alamos ist dann die Stärke des Films. Hätte Nolan einfach nur diesen Teil in 90 Minuten erzählt, der Film hätte solide unterhalten können. Wobei ich, nach all den Lobeshymnen auf die Detonation im Vorfeld, schon sehr enttäuscht von dem vermeintlichen Höhepunkt war. Das ist eigentlich Nolans Stärke und
das soll es dann gewesen sein? Derselbe Regisseur, der in Interstellar den Wasserplaneten geschaffen hat und die überragenden Weltraum-Szenen, präsentiert mir
das als den Höhepunkt seiner Erzählung? Da ist der Kontrast ähnlich groß wie der von Prime-Ronaldo zum dicken Ronaldo.
Cillian Murphy spielt Oppenheimer solide, den ihm schon von vielen Kritikern überreichten Oscar als bester Hauptdarsteller wird er aber hoffentlich nicht bekommen. Selbst Hollywood im Jahr 2023 sollte da doch besseres zu bieten haben. Hausmannskost. Nicht ärgerlich, aber doch auch nichts besonderes. Der einzige Darsteller, der wirklich aus diesem mäßigen Kinoerlebnis herausstechen konnte, war für mich Matt Damon. Aber das reicht in der Gesamtbetrachtung bei mir nicht für mehr als
3.5/10
Ach ja: Und was zur Hölle sollen die letzten 40 Minuten bitte? Die bekomme ich nie wieder zurück. Und das alles für einen fiktiven Charakter. Das war wirklich der Höhepunkt der Wurstigkeit von Nolan.