Über die letzten Tage verteilt:
"Before Night Falls" (2000)
Nachdem "Schmetterling und Taucherglocke" mich mit am meisten begeistern konnte letztes Jahr und Javier Bardem sowieso klasse ist war dieser Film von Julian Schnabel eh Pflichtprogramm.
Auch hier verfilmte Schnabel einen autobiographischen Roman - der kubanische Schriftsteller Reinaldo Arenas steht sowohl als Erzähler aus dem Off, als auch als Hauptfigur im Zentrum der Geschichte. Diese beginnt zunächst mit kurzen Episoden aus seiner Kindheit und widmet sich dann voll und ganz seinem gesellschaftlichen Kampf im Kuba der 70er Jahre.
Zunächst von der Revolution in seinem Land begeistert wird Arenas aufgrund seiner offen außgelebten Homosexualität und der kreativ-künstlerischen Tätigkeit schnell zu einem mißbilligten Außenseiter unter Castro, der nur durch heimliches Herausschmuggeln seiner Werke ins Ausland eine gewisse Popularität erreicht, dadurch in der Heimat um seine Freiheit fürchten muss.
Wenig flüssig und oft lückenhaft wird die Lebens- und Leidensgeschichte bruchstückhaft weitererzählt. Schnabel verlässt sich hier voll und ganz auf sein visuelles Talent, fängt gekonnt verschiedenste Stimmungen ein, zeigt ebenso die beeindruckende Wandlungsfähigkeit und Ausstrahlung von Bardem auf.
Auch wenn der Film ein Hochmaß an Aufmerksamkeit verlangt (vor allem bei meinem Mangel an geschichtlichem Vorwissen
), dazu oft zwischen englischer und spanischer Sprache wechselt kann man ahnen, welche Faszination der Dichter Arenas auf den Regisseur Schnabel ausübt, ihm ist eine durchaus sehenswerte Biographie gelungen. 7/10
"Control" (2007)
Eine weitere Biographie. Weniger umfassend erzählt geht es um die letzten 5 Jahre im Leben von Ian Curtis, Lead-Sänger von Joy Division. Natürlich ist das Ende von Begin an genauso wenig offen wie der Aufstieg und Fall des Helden überraschend. Am auffälligsten daher auch die gewählte Inszenierung der Story. Anton Corbijn, einst Photograph für Joy Division, baut eine überaus stilisierte Atmosphäre auf - in schwarzweißen, oft postkartenähnlichen Einstellungen wird Curtis´ Leben nacherzählt, ein verfallenes und dadurch beinah verklärt wirkendes England im Ausklang der 70er Jahre wird dem Zuschauer vorgesetzt, Hauptdarsteller Sam Riley dazu mit intensiver und vor allem konsequent durchgehaltener Leidensmiene - Stilsicherheit ist sicherlich eine große Stärke des Films.
Hinsichtlicher des Plots an sich gibt es thementypische Standard-Inhalte, was aber vor allem den Anfang nicht weniger sehenswert macht: Curtis als introvertierter Teenager zeigt erste Anzeichen seines Talents, geht aber als "normaler" Junge auf Konzerte seiner Helden, seien es die Sex Pistols oder David Bowie. Curtis als Musiker ist zu Höherem berufen, arbeitet bis zur Selbstaufgabe an seinem Werk, vernachlässigt Privates, auch der Wahnsinn (in dem Fall Epilepsie), den noch jedes Genie ausgezeichnet hat, darf nicht fehlen. Curtis als zu früh aufgestiegener Star leidet an dem Ruhm, noch mehr an dem Druck, wird zum Außenseiter - es folgt der Absturz.
Neben einigen wenigen Konzertausschnitten wird über die Musik an sich und welche Wirkung sie hatte leider wenig gesagt, die Probleme mit den beiden Frauen in Curtis´Leben (die Ehefrau, verkörpert durch Samantha Morton und Alexandra Maria Lara als Annik Honoré) rücken dafür etwas zu sehr in den Mittelpunkt.
Dennoch, die Zerrissenheit seiner Figur, der elegante und zugleich triste Looks seines Films, das ausgestrahlte Lebensgefühl an sich, all diese Elemente bündelt Corbijn in seinem Kinodebut zusammen und schafft einen konsequent erzählten Film, der in seiner Optik oft fasziniert und sowohl für Fans der Musik, als auch für Einsteiger zu empfehlen ist. 7,5/10.
"Glengarry Glen Ross" (1992)
Kann die Begeistung von Chronos und The_Gr8 für den Film durchaus nachvollziehen. Die Story ist auf brilliante Weise kompakt, die einzelnen Charaktere dennoch vielschichtig und im kollektiven Zusammenspiel unglaublich unterhaltend, ohne dieses "Star-Ensemble" wäre der Film auch kaum möglich. Am eindrucksvollsten wohl Alec Baldwin, auch wenn bzw. vielleicht gerade weil er nur für ca. 10 Minuten auftritt und dabei seine Meute an die Wand redet.
Aus meiner Sicht ein absolut kurzweiliger Film mit einem herausragenden Drehbuch und beeindruckender darstellerischer Präsenz. 8,5/10