Ich hatte gar nichts von der ersten Staffel "You" mitbekommen. Gestern dann aber gebinged (was ich wirklich selten tue) und direkt sieben Folgen verschlungen. Das macht echt richtig Freude. Die Serie macht süchtig, was angesichts des Verhältnisses von Joe und Becks nicht unironisch (und sicher von den Machern nicht unerwünscht) ist.
Gut gezeichneter Anti-Held, nicht immer realistisch (in dem Sinne, wie effektiv Joe "arbeitet"), aber von der Themensetzung, der Handlung und der Sprache der Serie mMn aus dem Leben heraus erzählt. Und das, obwohl ja zum Teil High Society Leben gezeigt wird. Sehr spannend. Fühlt sich enorm aktuell an und ist aus meiner Sicht auch innovativ erzählt: der extreme Einsatz des Ich-Erzählers sorgt für hohes Pacing, dazu sieht man die Perspektive eines Stalkers jetzt auch nicht alle Tage.
Angenehm auch, dass es eigentlich durch die Bank kluge weibliche Charaktere gibt, die sich wirklich etwas zu sagen haben, sich durchsetzen und genauso manipulativ sein können wie der extrem intelligente männliche Hauptcharakter. Was die Szenen mit sexueller Belästigung dann noch verstärkt, zumal die Machtpositionen ja immer klar sind - letztlich dreht sich darum ja die Serie in ihrem Kern.
Die Serie stellt solche psychologische Mechanismen in den Mittelpunkt, worauf ich fast immer abfahre. Finde es auch genial, dass man sich irgendwie schmutzig fühlt, wenn man die Serie anschaut, weil man Joe ja auf seinen "Touren" begleitet. Und der handelt natürlich unmoralisch, hat aber einen moralischen Kompass. Als rein andere spiegelnder Soziopath hätte der Charakter mMn nicht funktioniert.
Aber angesichts der Reaktion einiger hier war ich bei der Serie ja eh hinten dran. Freue mich, dass ich noch 13 Folgen vor mir habe.