Ich würde Jake Paul auf jeden Fall als Profiboxer bezeichnen und ihn – Stand jetzt – irgendwo im erweiterten Top-100-Bereich im Cruisergewicht sehen. Er hat krasse Rahmenbedingungen (Geld, Trainer, Sparring, Sportwissenschaft), ist athletisch, kann schlagen und arbeitet offensichtlich hart. Dazu kommt ein dickes Selbstbewusstsein und Routine auf großer Bühne. Das reicht, um aus einem Ex-YouTuber einen soliden Profi zu machen – aber nicht automatisch zum Weltklassemann. Technisch/taktisch fehlt ihm im Vergleich zur Spitze noch einiges, und der echte Härtetest gegen Topgegner steht im Grunde noch aus.
Beispiele wie Deontay Wilder oder Fabio Wardley zeigen zwar, dass man auch mit spätem Einstieg und ohne große Amateurkarriere sehr weit kommen kann, aber das sind absolute Ausnahmen: Beide haben noch einmal deutlich extremere physische Voraussetzungen und brutale Schlagkraft, die sie schnell in Weltklasse-Regionen katapultiert haben – ein Weg, den ich bei Jake Paul in dieser Form eher nicht sehe.
Beim Joshua-Kampf bin ich extrem nüchtern: Aus Sicht eines erweiterten Top-100-Cruisers sind seine Chancen minimal. Joshua ist ein großer, eingespielter Ex-Weltmeister im Schwergewicht, mit deutlich mehr Erfahrung und Qualität. In einem normalen Profikampf gewinnt Joshua das in meinen Augen fast immer und meistens vorzeitig. Jake hat eine sehr kleine Puncher’s Chance – mehr nicht. Realistisch geht es für ihn eher darum, nicht komplett unterzugehen und ein paar respektable Momente zu haben, als darum, dass er eine echte, ernsthafte Gewinnwahrscheinlichkeit hätte.