Vor 45 Jahren, in der Saison 1979/80, wurde der Weltcup ins Leben gerufen. Ich möchte an einen Springer erinnern, der bei diesem Anfang dabei war und zu den ersten Siegern gehörte. Er wurde später in Japan „verschwundenes Talent“ genannt; seine Sportlerlaufbahn war von tragischen Ereignissen geprägt.
Nachdem das Skispringen in Japan nach den Olympischen Spielen in Sapporo in ein tiefes und andauerndes Loch gefallen war, machten sich zwei Springer daran, wieder in der Welt mitzumischen. Der eine war Yagi Hirokazu (der spätere Erfolgstrainer von Funaki Kazuyoshi), der andere hieß Akimoto Masahiro.
Akimoto galt als geniales Talent mit schnellkräftigen Sprüngen. Er startete in die erste WC-Saison beim ersten Springen in Cortina d’Ampezzo am 27. Dezember mit einem 19. Platz. Bereits zwei Wochen später, am 13. Januar, feierte er seinen ersten WC-Sieg in Sapporo. Bei Olympia in Lake Placid wurde er auf der Normalschanze mit nur 0,7 Punkten Rückstand auf den Bronzemedaillengewinner Vierter. Auf der Großschanze war er Podestkandidat, denn er war im Training weiter gesprungen als alle anderen. Doch nach einem verpatzten Sprung wurde er nur Zehnter. Am 24. März 1980 errang er in Štrbské Pleso seinen zweiten WC-Sieg, der gleichzeitig der erste Sieg eines Japaners im Ausland war und ihm noch vor Kasai Noriaki in Europa die Bezeichnung „Kamikaze-Springer“ einbrachte. In den beiden folgenden Jahren konnte er einige gute WC-Plazierungen erreichen.
Im Sommer 1982 verursachte Akimoto auf der Fahrt zu einem Trainingslager mit seinem Auto einen Verkehrsunfall, bei dem ein alter Mann zu Tode kam. Der Verband belegte ihn mit einer harten Strafe. Zunächst durfte er nicht einmal Skier anschnallen, erst nach Beginn des Jahres 1983 wieder trainieren, aber keinen Wettkampf bestreiten. Für das Training zog er sich an unauffällige Orte wie die 50-Meter-Schanze in Shimokawa zurück, wo er den damals zehnjährigen Kasai Noriaki springen sah, dessen Sprungtechnik, die seinem Alter weit voraus war, ihn beeindruckte. Die Bewunderung war beiderseitig; Akimoto wurde neben Matti Nykänen zu einem Idol Kasais. Am 9. März durfte Akimoto als Vorspringer bei einem Springen auf der Miya-no-mori-Schanze dabei sein. Trotz seines Trainingsmangels kam er dreimal über 80 Meter, was kein anderer schaffte.
In der Saison 1983/84 waren ihm Wettkämpfe im Inland wieder erlaubt, aber nicht im Ausland. Zu Hause räumte er reihenweise Siege ab. Beim WC in Sapporo im Januar errang er die Plätze 1 und 3 und er schöpfte Hoffnung, doch noch in Sarajevo bei Olympia dabei sein zu dürfen. Der Verband war wohl bereit dazu, aber unter dem Druck des Kultusministeriums verzichtete Akimoto. Über die damaligen Umstände hat er bis heute niemals gesprochen. Danach arbeitete er eine längere Zeit auf Baustellen und verschaffte sich Abstand vom Skispringen.
Sein Umfeld riet ihm dazu, zum Springen zurückzukehren, es gab eine große Unterschriftenaktion der Fans und auch die Hinterbliebenen des Unfallopfers gaben ihre Zustimmung, so dass Akimoto in der Saison 1984/85 wieder dabei war. Im Februar gelang ihm in Sapporo sein vierter WC-Sieg, und das vor mehr als 20000 Zuschauern auf der Ôkurayama-Schanze. So viele waren dort nicht mehr seit den Spielen von 1972. Er hatte Springer wie Nykänen, Weißflog, Vettori und Kogler hinter sich gelassen. Akimoto hatte sich rehabilitiert und sagte: „Das hier waren meine Olympischen Spiele.“
Ein Jahr später traf ihn ein weiterer Schlag: Am 8. März 1986 verlor er beim zweiten Sprung des ersten Tages der Skiflug-WM am Kulm die komplett die Balance, stürzte aus der Höhe schwer und zog sich einen komplizierten Knöchelbruch zu. Zunächst hatte er keine Hoffnung mehr auf die Fortsetzung seiner Karriere, kniete sich aber dann mit gewaltiger Energie in die Genesung; ein gutes Jahr später sprang er in Japan wieder mit, fand aber aufgrund der Verletzungsfolgen (verkürztes Bein und Bewegungseinschränkung) nicht mehr zu seinem früheren Gefühl zurück, wurde für Calgary 1988 nicht mehr berücksichtigt und beendete seine Karriere. Ein Jahr später trat eine neue Generation auf den Plan, mit Kasai, Higashi und später Harada. Ersterer, der Akimoto in vielem sehr ähnlich war und nach seinem Schulabschluss in dessen Firmenteam eintrat, übernahm sozusagen den Staffelstab von ihm.
Es ist müßig, darüber zu spekulieren, welche Erfolge Akimoto für sich selbst und für sein Land erreicht hätte, wäre er in den Jahren, in denen er am stärksten war, nicht am Springen gehindert gewesen. Eventuell stünde er jetzt in einer Reihe mit Harada, Kasai, Okabe und Funaki.
Akimoto Masahiro hat noch heute den Schanzenrekord in Nozawa Onsen inne und ist dann und wann bei der Übertragung von Springen aus Sapporo als Experte dabei.