Ich mochte Iverson vom ersten Moment, in dem ich mich mit Basketball beschäftigt habe. In den letzten Jahren hab ich nur selten was von der NBA gesehen, aber Iverson hab ich weiterhin verfolgt.
Natürlich können wir hier ganze Threads füllen mit mieser Wurfauswahl, egoistischer Spielweise und kontroversen Aktionen. Natürlich hab ich mich als Iverson-Anhänger auch oft ärgern müssen, wenn er lieber eins-gegen-eins ging anstatt den offenen Mann zu bedienen. Darauf will ich aber gar nicht explizit eingehen, darauf hacken hier ja eh schon genügend Leute rum. In dem Zusammenhang will ich auch noch mal hervorheben, dass Iverson in seiner Karriere mehrmals einen Saisonaverage von mehr als 7 Assists hatte und einen Karriereschnitt von 6.2 hat. Das ist für einen, der immer als egoistische Rampensau galt, gar nicht mal so schlecht.
Was mich immer besonders an ihm fasziniert hat, war sein Siegeswillen. Hätte er seine eigenen (Stats-)Interessen mehr in den Hintergrund gestellt, wäre seine Karriere sicher von mehr (kollektivem) Erfolg gekrönt gewesen. Und: es hätte genügend Teams gegeben, die sich jetzt um ihn bemüht hätten. Iverson glaubt leider immer noch, dass er der Mittelpunkt eines Teams sein kann. Vor ein paar Jahren war er das noch, und ein Team, das rund um ihn aufgebaut gewesen wäre, hätte sicher Erfolg haben können. 2001 hat es ja gezeigt: ein pass-first-PG an seiner Seite (Snow), ein paar defensivstarke Abräumer (Ratliff bzw dann natürlich Mutombo) und ein paar solide Ergänzungsspieler (Kukoc, McKie etc.) - und Iverson offensiv praktisch mit allen Freiheiten. Natürlich war der Osten damals schwach und natürlich ging das schon auch mal in die Hose, aber man hat den Lakers damals ein Spiel gestohlen und eine perfekte Postseason vermasselt. Dass Iverson aus dieser Saison nicht reifer hervorging und danach niemals auch nur in die Nähe eines Rings gekommen ist, macht mich schon ein wenig traurig, denn wer mit so viel Talent gesegnet ist, sollte am Ende nicht nur auf ein paar Scorertitel zurückblicken können.
Klar mochte ihn nicht jeder, aber eins wird keiner abstreiten können: er wird der Liga fehlen. Und zwar den Ghetto-Kiddies, die jedes Crossover frenetisch feiern, gleichermaßen wie den selbsternannten Basketball-Oberexperten, denen es noch verdammt abgehen wird, seine Wurfauswahl und seine Effektivität zu kritisieren. Iverson hat niemanden kalt gelassen, und das ist doch schon was.