MILLION DOLLAR MAMA
Verlag: Romantruhe;
ISBN-10: 3940812099
ISBN-13: 978-3940812094
Ich finde diese Kurzgeschichtensammlung diverser AutorInnen rund um das Boxen ziemlich unterdurchschnittlich, auch wenn die Herausgeber Max Herfert (bekannt für seine Mitarbeit am Buch "Boxen mit René Weller") und Franziska Kelly sich doch im Boxsport auskennen.
Leider ist in meinen Augen das Problem, daß die meisten anderen AutorInnen keinerlei Ahnung vom Boxsport zu haben scheinen und selbst die Kurzgeschichte von Frau Kelly ziemlich unbefriedigend ist. Bei den meisten AutorInnen hat man den Eindruck, daß ihre Geschichten eine Art Pflichtübung waren (in Luxemburg würde von viele der Geschichten als "Pittis Aufsatz" bezeichnen).
Ich weiss auch, daß in dem Band keinerlei Reportagen sind, sondern sich an Belletriskik versucht wird. Aber nicht jeder ist ein Bud Schulberg oder ein Ernest Hemingway (aber diese haben ja auch Ahnung vom Boxen gehabt und dieses Wissen in ihre Kurzgeschichten um den Boxsport auch meisterhaft eingebaut).
Hier sind die Enden der Geschichten meistens aufgesetzt und an den Haaren herbeigezogen.
Am Ende der Geschichten haben wir dann z.B. eine ein Playstation-Boxspiel spielende Gedankenboxerin ("Freundschaftskampf"), einen bankraubenden Boxtrainer der urplötzlich (ich will den Grund nicht vorwegnehmen) sich vom Frauenboxen-Saulus zum Frauenboxen-Paulus wandelt ("Marlene boxt"), die Verwechslung zwischen Boxer (= Hund) und Boxer(= Faustkämpfer) ("Der Boxer und sein Killer"), billigste Dreigroschenlettristik ( "Der Ringrichter", voller Klischees, idem der tränenrührende "Tod auf dem Schabutt" über Jahrmarktboxen und einen tragisch endenden Revanchefight zweier Rivalen, ein boxendes Känguruh kommt auch im Buche vor).
Daß in Deutschland normalerweise Profis und Amateure nicht in demselben Verein sind
und Ringrichter nicht sowohl Profis als auch Amateure in ihren Kämpfen leiten (was es sehr wohl in anderen Ländern gibt), scheint auch nicht bekannt zu sein).
Einige Geschichten sind zwar besser (" Nur der Cutman" von M. Pfennig, wo Boxsachwissen vorhanden ist), aber grosso modo hat die Geschichtchensammlung doch den Geschmack von Bahnhofsliteratur. Sollte Belletristik angestrebt worden sein, so ist dies leider misslungen.
Dreigroschenromane rund um das Boxen sind manchmal besser und interessanter , z.B. "Tod in der ersten Runde" von Frank Kane(1968 im Kurt Desch Verlag erschienen und von dem man für 50 Eurocent auf
http://www.booklooker.de/app/detail....=0&&sortOrder= ein benutztes Exemplar erwerben kann, was ich eher als "Million Dollar Mama" empfehlen täte).
Dies führt dann dazu, daß das Buch , sagen wir mal, unausgeglichen ist.
Mich stört, daß leider viel zu viele abgegriffene Klischees benutzt werden, so wie z.B. Boxsport als Mittel zum Ausdruck von Hassgefühlen, kriminelle Elemente in der Boxszene ( Cutleute, die ihre Arbeit bewusst falsch tun, zwielichtige Manager und Kampfrichter) usw.usf.
Das alles mag es ja bestimmt geben, aber Boxsport ist nicht nur (und vor allem) nicht das.
Das hätten die Herausgeber beim Zusammenstellen der Sammlung berücksichtigen sollen.
Boxsport ausüben hat auch vielen Leuten geholfen aus schwierigen persönlichen Situationen herauszukommen.
Fazit: lobenswerte Absicht, aber leider nicht (gut genug) gelungen.
P.S. Auf Frau Kellys Internetseite steht hingegen eine sehr positive Rezension http://www.franziska-kelly.de/milliondollar.html , was ja an sich durchaus vertretbar ist, da Geschmäcker bekanntlich verschieden sind. Was mir jedoch befremdend vorkommt, ist daß diese Rezension vom Autoren einer der im Buche beinhalteten Kriminalstorys stammt. Irgendwie
peinlich, auch wenn der Verfasser der Rezension nicht auf seine eigene Geschichte eingeht. Zum Glück kann man besonders ihm vorhandene Boxkenntnisse gutschreiben. Drücken wir deshalb also beide Augen zu.